Im Kampf gegen das Coronavirus sollen die Menschen Masken tragen. Doch viele halten sich nicht daran. Länder wie Bayern greifen nun hart durch und machen die Maske zur Pflicht. Auch in Baden-Württemberg dürfte es mit der Freiwilligkeit bald vorbei sein.

Stuttgart - Die Landesregierung strebt die Einführung einer Maskenpflicht zur Eindämmung des Coronavirus an. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Montag aus Regierungskreisen erfuhr, will das Kabinett von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) an diesem Dienstag über einen verpflichtenden Mund-Nasen-Schutz im öffentlichen Nahverkehr und beim Einkaufen beraten. Kretschmann habe eine solche Vorgabe auf die Tagesordnung des Ministerrats setzen lassen.

 

Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) hatte sich am Montag bereits deutlich für eine Maskenpflicht in Baden-Württemberg ausgesprochen. „Ich befürworte eine Verpflichtung zum Mund-Nasen-Schutz beim Einkaufen, im ÖPNV und in den Pausen auf den Schulhöfen, wenn die Schulen wieder eröffnen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Er mache sich keine Sorgen über mangelnde Angebote: „Es ist ja so, dass sich die Bürgerinnen und Bürger diese Masken selbst besorgen. Wir empfehlen ja keine medizinischen Produkte, sondern die oft selbst gemachte oder zu kaufende normale Schutzmaske.“

Hermann unterstützt Lucha

Die Landesregierung hat mit der Lockerung der Corona-Verordnungen bisher lediglich eine „dringende Empfehlung“ verbunden, in Bussen und Bahnen sowie beim Einkauf in Geschäften nicht-medizinische, sogenannte Alltagsmasken zu tragen - oder Schals und Tücher. Beim vorsichtigen Hochfahren von Gesellschaft und Wirtschaft müsse zwingend die Infektionsrate im Griff gehalten werden, sagte ein Regierungssprecher.

Lesen Sie auch unseren Newsblog zum Coronavirus

Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) unterstützte Luchas Vorstoß: „Wenn der Öffentliche Personennahverkehr sicher und nicht ansteckend sein soll, müssen alle Fahrgäste Mund- und Nasenschutz tragen. Mit den Alltagsmasken schützen die Fahrgäste sich wechselseitig.“ Sobald die Schulen wieder öffnen, sollten auch die Eltern darauf achten, dass die Schüler „im Schulbus oder in der Bahn sich und andere mit Alltagsmasken vor einer Infektion schützen“, sagte Hermann.

Sachsen hat bereits eine Maskenpflicht eingeführt, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern ziehen in der kommenden Woche nach. In Baden-Württemberg haben die Städte Sulz am Neckar (Kreis Rottweil) und Kirchheim unter Teck (Kreis Esslingen) eine Maskenpflicht beschlossen.

Auch Palmer für Maskenpflicht

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) will sie ebenfalls in seiner Stadt einführen. Bei mehrheitlicher Zustimmung des Gemeinderats könnte sie in der kommenden Woche in Kraft treten, sagte er. Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung berichtet. Palmer zufolge sollen die Menschen den Mund-Nasen-Schutz beim Busfahren tragen und in Gebäuden mit viel Publikumsverkehr, wo sich der Mindestabstand von 1,50 Metern schwer einhalten lässt, beispielsweise in Läden, Bibliotheken und Rathäusern.

In Kirchheim unter Teck soll die Maskenpflicht voraussichtlich ab Ende der Woche gelten, wie ein Sprecher der Stadt mitteilte. Sie greift beim Besuch von Wochenmärkten, während Busfahrten und beim Warten an Haltestellen sowie für Kunden während ihres Aufenthalts in Läden. Die Stadt wolle damit Sicherheit für Beschäftigte schaffen, sagte der Sprecher.

In Sulz am Neckar ist die Maskenpflicht seit der vergangenen Woche in Kraft. Dort sollen Einwohner den Mund-Nasen-Schutz nicht nur zum Einkaufen aufziehen. Auch während der Arbeit soll er getragen werden, wenn beispielsweise keine Einzelbüros zur Verfügung stehen und Kollegen sich nahekommen, sagte ein Sprecher.

Wer in der 12 500-Einwohner-Stadt ohne Mund-Nasen-Schutz erwischt wird, muss aber nicht direkt mit einem Bußgeld rechnen. Der gemeindliche Vollzugsdienst solle die Menschen zunächst beraten - beispielsweise über Bezugsquellen - statt sie zu kontrollieren und Fehlverhalten zu ahnden, so der Sprecher.

Auch die Deutsche Bahn hat ihren Reisenden und Mitarbeitern empfohlen, im Regional- und Nahverkehr Alltagsmasken zu tragen. Viele Fahrgäste in Zügen und S-Bahnen sind allerdings noch ohne Mundschutz unterwegs.