Im Kampf gegen die Pandemie schlägt sich Istanbul wohl gut.

Istanbul - Vor wenigen Monaten war er ein weitgehend unbekannter Politiker aus der zweiten Reihe, heute ist er ein Star: Der türkische Gesundheitsminister Fahrettin Koca ist inzwischen beliebter als Präsident Recep Tayyip Erdogan. Koca, ein 55-jähriger Arzt und Inhaber einer privaten Krankenhauskette, ist das Gesicht des Kampfes gegen das Coronavirus im Land. Jeden Tag gibt der Minister die neuesten Zahlen zum Pandemie-Verlauf bekannt – und kann derzeit gute Nachrichten verkünden. Die Türkei hat bei vergleichbarer Bevölkerungsgröße nur halb so viele Todesopfer zu beklagen wie Deutschland, nämlich 3300. Die Zahl der täglichen Todesfälle ist unter 80 gesunken.

 

Dabei lief in der Türkei anfangs vieles schief. Rund 20 000 Mekka-Pilger konnten aus Saudi-Arabien ohne Corona-Tests und ohne Quarantäne in ihre Heimatorte zurückkehren, wo sie das Virus in den damals noch offenen Moscheen weitergaben. Die erste Ausgangssperre in Istanbul und anderen großen Städten vor drei Wochen kam zu spät und löste Panikkäufe aus. Inzwischen hat sich das Bild jedoch gebessert. Um die Zahlen der Regierung gibt es zwar die auch in anderen Ländern üblichen Diskussionen, was die Zählweise angeht: An der Gesamtzahl der Todesfälle gibt es aber nicht viel zu rütteln, dafür sorgen eine effiziente Bürokratie und die Tatsache, dass die meisten Großstädte von der Opposition regiert werden. Die Kommunen führen die Sterberegister.

Mehr Intensivbetten als in manch westeuropäischen Staaten

Das türkische Gesundheitswesen wird mit der Pandemie bisher gut fertig. Dafür sprechen nicht nur die Angaben der Regierung, wonach derzeit nur 30 Prozent aller Krankenhausbetten und 60 Prozent aller Betten auf den Intensivstationen belegt sind – die Türkei hatte schon vor Beginn der Krise mehr Intensivbetten pro Kopf als viele europäische Staaten. Minister Koca führt die Erfolge auch auf eine systematische Aufklärung von Infektionsketten zurück. 6000 Expertenteams überprüfen regelmäßig die Kontaktpersonen von Corona-Patienten – fast eine halbe Million Menschen. Für unter 20- und über 65-jährige gilt seit Wochen eine Ausgangssperre. Als Zeichen der Entspannung wurden jetzt Beatmungsgeräte aus türkischer Fertigung nach Somalia geschickt.