Die Coronakrise erschwert Hospizmitarbeitern in Stuttgart die Arbeitsbedingungen massiv. So ist die ambulante Sterbebegleitung teilweise nur per Telefon möglich.

Stuttgart - Wenn nicht jetzt, wann dann. Mit diesem Ausruf der Missbilligung quittierte jüngst eine ehrenamtliche Sterbebegleiterin die Entscheidung ihrer Einsatzleitung, in der Coronakrise den Dienst bei den schwer kranken Menschen einzustellen. „Gerade jetzt werden wir doch besonders gebraucht“, sagte die Hospizmitarbeiterin.

 

Margit Gratz, Gesamtleiterin des katholisch getragenen Hospiz St. Martin in Degerloch, kann diese Reaktion gut verstehen. Sie ist selbst nicht ganz glücklich damit: „Aber lieber lasse ich mir irgendwann nachsagen, ich sei zu vorsichtig gewesen, anstatt zu leichtfertig.“ Das Risiko, dass sich Hospizmitarbeiter, Pflegekräfte oder die Schwerstkranken mit dem Covid-Virus gegenseitig anstecken, ist Margit Gratz einfach zu groß. Allerdings sind auch die Hospizmitarbeiter findig, um ihre Hilfe nicht ganz einstellen zu müssen. „Unter Wahrung aller gebotenen Schutzmaßnahmen zeigen unsere Mitarbeiter große Kreativität, um mit Menschen in Kontakt zu bleiben, Not zu lindern oder zumindest mitzutragen“, sagt Kratz und spielt auf „ungewöhnliche Kommunikationswege“ an, auf denen sich die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter beratend und begleitend um schwerkranke, abschiednehmende und trauernde Menschen kümmern, die zu Hause, in Pflegeheimen und in Kliniken seien. Aber auch diese Form der Hilfe verfehlt offenbar ihr Ziel nicht, wie Gratz betont: „Alle, die unsere ambulante Unterstützung benötigen, haben trotz ihrer Not, die wir derzeit nur per Telefon oder digitalen Medien lindern und begleiten können, verständnisvoll reagiert. Das berührt uns sehr, und wir wissen dies besonders zu schätzen.“

Tägliche Abwägung

Auch Manfred Baumann, der Leiter des Hospiz Stuttgart, steht bei diesem Thema täglich vor einem „neuen Abwägungsprozess“. Im Grunde hat das evangelisch getragene Hospiz auch einen großen Teil der Begleitung auf das Telefon umgestellt, aber bei absoluten Notfällen gehen die Mitarbeiter auch noch zu den Menschen.

„Wenn jemand unsere Unterstützung zu Hause braucht, werden wir gerne ausführlich telefonisch beraten und unterstützen. Falls erforderlich, werden wir nach sorgfältiger Planung und unter Einhaltung entsprechender Schutzmaßnahmen auch besuchen. Dies gilt auch für Begleitungen in Pflegeeinrichtungen oder Kliniken. Wir sind dabei jedoch an die dort geltenden hauseigenen Besuchsregelungen gebunden“, sagt Manfred Baumann. Allerdings stellt er es jedem Mitarbeiter frei, einen Besuchsdienst zu übernehmen oder abzulehnen. „Zur Not würde ich sogar selbst bei einer Begleitung einspringen“, sagt er.