Coronakrise in Stuttgart Sechs S-21-Arbeiter infiziert

Die Stuttgart-21-Baustelle ist nicht länger corona-frei. Sechs türkische Eisenbieger, die im Tunnelbau beschäftigt waren, haben sich infiziert. Die Folgen sind noch nicht absehbar. Foto: dpa/Tom Weller

Die Männer arbeiten für eine türkische Firma in den Bahntunnels. Ihre Kontaktpersonen sollen sich in Quarantäne befinden. Die Auswirkungen auf den Baustellenbetrieb sind noch nicht bekannt.

Stuttgart - Auf der Baustelle des Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 haben sich bisher sechs Arbeiter der dort mit Armierungsarbeiten beauftragten türkischen Baufirma Efra mit Covid-19 infiziert. Die Pressestelle der Stadt Stuttgart hat entsprechende Recherchen unserer Zeitung am Abend bestätigt. Zwei Männer befinden sich demnach in stationärer Behandlung. Das Gesundheitsamt sei mit der Baufirma und der Baustellenleitung in Kontakt. Sofort nach Bekanntwerden der Infektionen sind die laut dem Infektionsschutzgesetz notwendigen Maßnahmen getroffen worden, heißt es seitens der Stadtverwaltung. Und: „Die engen Kontaktpersonen wurden ermittelt und befinden sich in Quarantäne.“

 

Nach Informationen unserer Zeitung arbeiten seit Januar rund 45 Beschäftigte des Unternehmens auf der Baustelle von Stuttgart 21. Sie sollen Eisenbiegerarbeiten in den Tunnels vornehmen. Offenbar sei die Rückreise in die Heimat für Mitte März geplant gewesen, aber nicht durchgeführt worden. Vor einigen Tagen sei ein Arbeiter zusammen gebrochen und ins Krankenhaus gebracht worden, mittlerweile habe es einen zweiten erwischt.

Videos dokumentieren Streit

Beobachter berichten davon, dass insgesamt rund 240 türkische Bauarbeiter in Wohncontainern in der Nordbahnhofstraße untergebracht seien. Ein Bauingenieur habe anfangs mit einem rot-weißen Flatterband den Bereich abgesperrt. Infizierte seien weggebracht worden. Auf zwei Videos, die unserer Zeitung vorliegen, sind eine Diskussion aufgebrachter Arbeiter im Flur eines Wohncontainers dokumentiert, ohne dass dabei die Abstandsregeln eingehalten worden wären, sowie ein stark hustender Arbeiter in seiner Unterkunft. Die Arbeiter beklagen das Fehlen von Desinfektionsmitteln und Schutzausrüstung. Ein Beschäftigter beklagt, bei der Arbeit sehe er Kollegen aus Deutschland und Portugal, die Masken tragen würden. Ihm habe man als Begründung genannt, dies seien eigene Mitarbeiter des Bauunternehmens.

Die Stadt hat auf die kurzfristig eingereichte Anfrage bislang nur unvollständige Antworten geliefert. Unklar ist zu gegenwärtigen Zeitpunkt, ob die Mitarbeiter überhaupt krankenversichert sind und ausreichend entlohnt werden. Nicht beantwortet ist gegenwärtig, ob die Vorschriften des Arbeitsschutzes überprüft worden waren und wie die Zustände in den Baucontainern bewertet werden. Die vom Land aus Spargründen an die Kommunen und Landratsämter delegierten Gewerbeaufsichtsämter – oder abteilungen sind chronisch unterbesetzt, auch in Stuttgart. Die personelle Ausstattung, bezogen auf die Zahl der zu kontrollierenden Unternehmen und Beschäftigten, ist schlechter als etwa in Albanien. Wegen der Coronakrise, so heißt es, seien Außentermine derzeit nicht gestattet. Die Gewerkschaft IG Bau ist informiert.

Wie viele Mitarbeiter sind in Quarantäne?

Offen ist nun auch noch die Frage, welche Auswirkungen die Ausbreitung der Infektion auf die Arbeit in den Bahntunnels bereits hat und noch haben könnte. Die Pressestelle des Bahnprojekts Stuttgart – Ulm wurde am Abend dazu angefragt, Antworten darauf, ob alle Kontaktpersonen identifiziert werden konnten und wo die Quarantäne eingerichtet wurde, stehen noch aus.

Weitere Themen

Weitere Artikel zu Stuttgart Stuttgart 21 Exklusiv