Eine Ärztin aus Lahr hat von der Maskenpflicht befreit – laut Gerichtsurteil ohne Grund und sogar ohne jede Untersuchung.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Lahr - Eine Lahrer Ärztin ist vom Amtsgericht Lahr (Ortenaukreis) wegen Ausstellens falscher Gesundheitszeugnisse zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sie mindestens sieben Mal ohne medizinischen Grund, sogar ohne Untersuchung Atteste zur Befreiung der Maskenpflicht ausgestellt hatte. Die Befreiung war telefonisch oder per E-Mail angefordert und per Post zugeschickt worden. In einigen Fällen wies die Ärztin die Besteller an: „Falls Sie gefragt werden, Sie waren bei mir in der Praxis.“

 

Mit 120 Tagessätzen à 50 Euro ist die 54-Jährige glimpflich davongekommen. Bis zu zwei Jahre Haft wären möglich gewesen. Die Ärztin veranstaltet jeden Samstag in Lahr eine Demonstration gegen die Corona-Schutzmaßnahmen. Vor Gericht wollte sie ohne Maske auftreten und war – wie ihre Anwältin Ruth Baumeister – nur unter Druck zur Einhaltung der Corona-Regeln bereit. In der Sache machte die Ärztin keine Angaben. Ihr Credo laute, „den Menschen nicht zu schaden, ihnen zu helfen und ihre Beschwerden ernst zu nehmen.“ Masken seien unnütz.

Ein Techniker brachte die Ermittlungen in Gang

„Da wurden plötzlich im engeren Kollegenkreis Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht herumgezeigt. Alle von dieser Frau“, erzählte vor Gericht der Techniker eines Metallbetriebes. „Am Anfang hat man sich noch lustig gemacht, wie einfach man die Atteste kriegen konnte.“ Einige Kollegen hätten sie in die Schublade gelegt und dennoch Maske getragen. Andere seien mit den Papieren zum Personalbüro gegangen. „Mir ging das gegen den Strich“, sagte der Techniker. Er informierte die Polizei. Im Verlauf der Ermittlungen wurde bei der Frau „kein regulärer Praxisbetrieb festgestellt“, berichtete ein Polizeibeamter. Reguläre Dokumentation habe nicht stattgefunden.

Durch die Auswertung des E-Mail-Verkehrs stieß die Polizei dann auf Abnehmer der Atteste: Zum Beispiel auf einen Fahrlehrer, der bekam, was ihm sein Hausarzt verweigerte. Eine Frau aus Ettenheim bestellte Befreiungen gleich für ihre Töchter und ihren Partner mit. Ein Reichsbürger aus dem Kinzigtal argumentierte schlicht mit seiner Ablehnung aller Regierungsmaßnahmen. Durch die Ermittlungen offenbarten, dass er Waffen hortete. Die polizeilich angeordnete Untersuchung in einer Klinik erbrachte keinerlei Grund für eine Maskenbefreiung. Es gibt nach Angaben der Polizei eine Dunkelziffer ungeklärter Fälle. Atteste der Ärztin wurden in Lahrer Schulen vorgelegt, weitere tauchten bei Kontrollen vor Supermärkten, eines am Münchner Hauptbahnhof auf.

„Sie haben wider besseres Wissen gehandelt und ihre Autorität als Ärztin ausgenutzt, um sich über Vorschriften hinwegzusetzen“, begründete Amtsrichterin Raffaela Sinz ihr Urteil. Die Verurteilte hat noch im Gerichtssaal Berufung gegen das Urteil angekündigt.