Ein Passagier aus München schildert die Lage auf der „Diamond Princess“, die seit zwölf Tagen im Hafen von Yokohama unter Quarantäne steht.

Leben: Susanne Hamann (sur)

Yokohama/Stuttgart - Das Kreuzfahrtschiff Diamond Princess ist der Ort mit den meisten Coronafällen außerhalb von Festlandchina. Bisher gibt es 218 Infizierte. Unter den 3600 Passagieren sind auch Martin Lutterjohann und seine Frau Sakae. Wir sprachen mit dem 76-Jährigen über die unfreiwillige Isolation.

 

Herr Lutterjohann, wie ist die Situation auf der Diamond Princess?

Quarantäne bedeutet für uns nicht nur, dass man nicht von Bord darf. Wir müssen auch in den Kabinen bleiben. Ich habe im Scherz gesagt: jetzt sind die Kabinenstewards unsere Gefängnisaufseher. Die ersten Tage waren wir dann tatsächlich nur auf dem Zimmer. Erst nachdem auf alle Kabinen Schutzmasken geliefert wurden, durfte man raus. Seit vorgestern gibt es täglich eine Stunde Freigang. Dabei soll man mindestens zwei Meter Abstand von anderen Leuten halten. Wir gehen dann immer flotten Schrittes über Deck, um uns richtig zu bewegen. Die Raucher sitzen derweil in einer Ecke auf dem Sonnendeck und qualmen.

Wie geht es ihnen damit, nicht wegzukönnen?

Für uns als Rentner ist die Situation nicht so schlimm wie für andere. Ob wir jetzt zwei Wochen länger wegbleiben oder nicht, spielt keine Rolle. Zuhause wartet kein Hund, die Nachbarin weiß Bescheid und leert weiter den Briefkasten. Die Stimmung an Bord ist entspannt, weil die Mehrheit der Gäste Japaner sind, die Naturkatastrophen hinnehmen, wie sie sich ereignen, und auch den Bemühungen ihrer Regierung voll vertrauen. Es heißt, ein amerikanischer Gast hätte sich an Präsident Trump gewandt, er solle ihn rausholen.

Das Gespräch wird von einer Durchsage unterbrochen. Der Kapitän meldet über Lautsprecher, dass elf Personen ausgeschifft werden und dankt für die Geduld der verbleibenden Passagiere.

Gibt es jetzt elf weitere Corona-Fälle?


Nein, das sind gesunde Gäste, die die Quarantäne an Land fortsetzen möchten. Als Vorbereitung auf das Ende der 14-tägigen Abschottung werden seit einigen Tagen Passagiere getestet. Das geht nach Alter, angefangen mit denen über 80 Jahre. Vorgestern waren wir dran, weil ich über 75 bin. Das Ergebnis liegt noch nicht vor. Bei positivem Test wird man ins Krankenhaus verlegt. Bei negativem Test gibt es die Wahl, an Bord zu bleiben bis zum regulären Ende der Quarantäne am 19. Februar oder die restlichen Tage in einer japanischen Einrichtung an Land zu verbringen.

Werden Sie gehen, wenn man Sie lässt?

Wir haben uns noch nicht entschieden, weil wir noch nicht wissen, wo die Quarantäne an Land ist und wie dort die Bedingungen sind. Diese Einrichtungen bieten nicht denselben Komfort, aber natürlich Fenster, was wir in der Innenkabine nicht haben. Das Essen soll aber sehr einfach sein – japanische Fertiggerichte, o-bento genannt. Selbst meine Frau als Japanerin sehnt sich nicht danach. Außerdem ist es auch eine Frage der Solidarität zu bleiben. Wir sind hier eine Schicksalsgemeinschaft.

Wie groß ist Ihre Angst, sich anzustecken und in Lebensgefahr zu geraten?

Sehr gering, da es uns gut geht. Heute wurden keine neuen Infizierten gemeldet. Es sieht so aus, als ob die Maßnahmen wirken. 90 Prozent der Leute sind gesund. Wir achten genau auf die Einstellung unserer Klimaanlage. Auf einer Kreuzfahrt holt man sich durch Zugluft sehr schnell mal einen Schnupfen. Das wollen wir auf jeden Fall vermeiden.

Hat die Reederei irgendeine Art von Entschädigung angekündigt?

Ja, es gibt eine komplette Rückerstattung aller während der Reise angefallenen Kosten. Bei einer neuen Buchung erhält man außerdem ein Guthaben in Höhe des vorangegangenen Reisepreises. Diejenigen, die in Saus und Braus gelebt haben, eine Suite hatten und hohe Getränkerechnungen, die haben es gut und bekommen ein höheres Guthaben. Und wir waren so bescheiden. Aber wer ahnt denn das?

Würden Sie jemals wieder eine Kreuzfahrt buchen?

Auf jeden Fall.

Auch in einer Innenkabine?

Ja. Dieses Erlebnis dürfte eine einmalige Erfahrung bleiben.