Am Lindenbachsee gibt es eine Glückssteinkette von Passanten für Passanten.

Stuttgart-Weilimdorf - Die Dame bückt sich und stützt sich dabei auf ihren Gehstock. Behutsam legt sie zwei Steine zu den anderen. „Ich laufe jeden Tag hier vorbei. Das ist so eine wunderschöne Idee“, sagt Marianne Waibel, eine Bewohnerin der anliegenden Wohnanlage am Lindenbachsee, sichtlich erfreut. „Und jetzt habe ich selbst Steine bemalt und mitgebracht.“ Es begann vor ein paar Wochen mit einem einzigen Stein und einem kleinen Schild. „Diese Glückssteinkette soll allen Menschen während der Corona-Zeit Glück bringen. Bemale doch auch einen Stein und lege ihn an das Ende der Kette“, steht ausgedruckt auf einem laminierten Blatt Papier, am Rande gelocht und mit ein paar Buntstiften in der Wiese fixiert.

 

Mittlerweile zieht sich diese Kette schon fast 40 Meter am Fußweg entlang, der den Lindenbachsee umspannt. Und schon wieder gibt es Nachschub. Victoria (5) und ihre Schwester Amara (11) haben nachmittags Steine bemalt und bringen sie jetzt zusammen mit ihren Eltern vorbei.

Immer wieder kommen Passanten, halten inne, lesen, schauen die Kette entlang, freuen sich, und gehen weiter. Zu sehen gibt es allerlei Formen und Farben. Genau so wie der Initiator der Aktion sich das gewünscht hat. Johann Schmitt ist acht Jahre alt und setzte das in die Tat um, was ihm seine große Schwester Luisa von einem Instagram-Konto berichtete. „Da hat eine Bloggerin von so einer Aktion in ihrer Stadt erzählt und das hat mich sofort inspiriert“, sagt Johann. „Ich hätte aber nicht gedacht, dass es so gut läuft.“

Denn am Anfang hat er noch gedacht, dass seine langsam wachsende Kette zerstört wird. Doch schnell hat er festgestellt, wie auch andere Kinder täglich die Kette kontrollieren und auch weitere Steine bringen. „Ich habe auf der anderen Seite des Weges angefangen und jetzt aber die Steine noch einmal umgelegt, denn so kann die Kette einmal rund um den See. Das wäre mein Ziel.“ Der Zweitklässler hat durch den derzeit ausfallenden Schulunterricht ja wirklich Luft für solche Aktionen. Ein bisschen Hausaufgaben am Computer erledigen, abends später ins Bett gehen, morgens länger schlafen. „Also ich mag Quarantäne mehr als Schule“, sagt Johann und grinst. Mit dieser Aktion lernt er zwar nicht für die Schule, aber fürs Leben. Und ein bisschen vielleicht doch auch für das Fach Deutsch. Denn wie sagte sein Namensvetter Johann Wolfgang von Goethe einst: „Aus Steinen, die uns in den Weg gelegt werden, kann man was Schönes bauen.“