Donald Trump wirft der Weltgesundheitsorganisation Versagen vor. Besonders Taiwan leidet an deren Nähe zu Peking.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Dass Donald Trump Yvonne Tong kennt, ist unwahrscheinlich. Doch die Journalistin aus Hongkong hat dem US-Präsidenten einen aktuellen Beleg für die Vorwürfe geliefert, mit denen Trump derzeit die Weltgesundheitsorganisation überzieht. Die WHO sei zu chinafreundlich und habe in der Corona-Krise versagt, behauptet Trump – und verweigert erst einmal die Mitgliedszahlung.

 

Yvonne Tong arbeitet für RTHK. Radio Television Hongkong ist staatlich finanziert, aber regierungskritisch. Unlängst hat Yvonne Tong ein Interview mit Bruce Aylward geführt. Der Kanadier zählt zu den führenden Köpfen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und wurde gefragt, warum seine Organisation Taiwan die Mitgliedschaft verweigere. Aylward tat so, als könne er die Frage nicht verstehen – dann legte er einfach den Hörer auf.

Hinweise aus der Vergangenheit

Wenn Donald Trump schimpft, dass die Weltgesundheitsorganisation zu chinafreundlich ist, dann gibt es dafür durchaus Hinweise. Ob diese Hinweise in der aktuellen Corona-Krise zu finden sind, wird sich noch zeigen. Beim Verhältnis zu Taiwan liegen sie offen auf dem Tisch. Lange hat sich die WHO geweigert, eine internationale Notlage im Zusammenhang mit dem Corona-Virus zu erkennen. In China waren bereits mehrere hundert Menschen gestorben, mehrere Millionen Menschen befanden sich in Quarantäne, da sprach die Organisation noch immer nicht von einer Gefahr für die Welt. Es sei „nicht der richtige Zeitpunkt“, sagte Didier Houssin, der Vorsitzende des Notfallausschusses, noch Ende Januar.

Zu diesem Zeitpunkt wurde in Taiwan schon mit Hochdruck nach Menschen gefahndet, die sich in den letzten 14 Tagen in Wuhan aufgehalten hatten. Wahrscheinlich hat kein Land der Welt so schnell Maßnahmen gegen die Verbreitung des Virus ergriffen wie Taiwan. Bis Mittwoch galten dort weniger als 400 Menschen als infiziert, gerade einmal sechs waren gestorben. Bei dem regen Kontakt zwischen der Insel und dem Festland ist das fast ein Wunder. Das Problem dabei ist aber: Taiwan ist kein Land.

Argumente verhallen ungehört

Seit Jahren versucht die Regierung in Taipeh, Mitglied der WHO zu werden. Seit Jahren wird das von China abgelehnt. Für Peking ist die Insel von der Größe Baden-Württembergs mit ihren 23 Millionen Bewohnern eine abtrünnige Provinz, und nach Ansicht der Herrschenden auf dem Festland kann es nur ein China geben. Taiwans Argumente, man könne mit dem eigenen Know-How der Welt helfen und fühle sich von Informationen abgeschnitten, verhallen ungehört.

Zwischen 2009 und 2016 durfte Taiwan lediglich Beobachter zur WHO nach Genf schicken, zu dieser Zeit war in Taipeh eine eher peking-freundliche Regierung an der Macht. Das änderte sich mit der Wahl von Tsai-Ing-Wen zur taiwanesischen Präsidentin 2016. Taiwan war wieder draußen. Bei der WHO saß zu dieser Zeit Margaret Chan auf dem Chefsessel. Die erste Chinesin an der Spitze einer UN-Organisation erklärte später, Druck aus Peking habe sie nicht bekommen, sie habe sich lediglich an die Sprachregeln der Vereinten Nationen gehalten, die Taiwan nicht anerkennen. Ihr Nachfolger, der Äthiopier Tedros Adhanom Ghebreyesus hält das ebenso. Tedros war einmal Gesundheits- und Außenminister seines Landes – und Äthiopien steht bei China mit zwölf Milliarden Euro in der Kreide. Als einige Staaten begannen, Einreiseverbote gegenüber Chinesen auszusprechen, bezeichnete Tedros dies als unnötig.

Vorwurf des Rassismus

Dafür hat Tedros Adhanom Ghebreyesus nun Taiwan beschuldigt, von dort aus „seit Monaten“ wegen seiner Hautfarbe rassistisch beleidigt worden zu sein. Beweise legte Tedros nicht vor, gab aber an, dass Außenministerium in Taipeh wisse Bescheid. Das wurde von Außenminister Joseph Wu umgehend zurückgewiesen. Mangels Fakten wollte Wu zu der Sache keine Stellung beziehen. In einem anderen Zusammenhang erklärte er noch vor Corona gegenüber unserer Zeitung, dass es wohl „kein anderes Land auf der Welt“ gebe, das so unter aus China lancierten Falschmeldungen leide wie Taiwan.