Mehr als 28.000 Menschen sind in China schon mit dem Coronavirus infiziert. Am Abend gab es widersprüchliche Angaben zu einem Arzt, der früh vor dem Virus gewarnt hatte. Die Bundesregierung will weitere Deutsche aus China zurückholen.

Peking/München - In Deutschland hat sich die Frau eines Infizierten mit dem Coronavirus angesteckt. Damit ist die Gesamtzahl der Virennachweise auf 13 gestiegen - 11 im Zusammenhang mit der bayerischen Firma Webasto und zwei bei Rückkehrern aus China. Die Bundesregierung plant, weitere Deutsche aus China zurückzuholen.

 

Der jüngste Virennachweis in Deutschland stammt von der 38-jährigen Frau eines der Patienten aus Bayern, wie das bayerische Gesundheitsministerium am Donnerstag mitteilte. In den vergangenen Tagen war bereits bekannt geworden, dass sich auch zwei Kinder des Paares angesteckt haben. Bei dem dritten Kind des Paares, einem Säugling, sei das Virus bisher nicht nachgewiesen worden, sagte der medizinische Direktor der Kliniken der Südostbayern AG, Stefan Paech.

Die ganze Familie ist im Trostberger Klinikum der Südostbayern AG in Quarantäne. Sie wollte dem Vernehmen nach auch auf eigenen Wunsch zusammenbleiben. „Wir sind von vorneherein davon ausgegangen, dass die Familie insgesamt schon infiziert war“, sagte Paech. Das bestätigten nun die Befunde, die Stück für Stück eingingen. Dass die Mutter erst jetzt positiv getestet worden sei, liege daran, dass die Reaktionszeit unterschiedlich sei.

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Man habe entschieden, auch den Säugling bei der Familie zu lassen, zumal die Verläufe gerade in diesem Alter sehr milde seien, sagte Paech. Es habe eine Abwägung gegeben: „Kindstrennung versus dem möglichen Risiko eines milden klinischen Verlaufes. Da haben wir uns in Abstimmung mit den Kinderärzten so entschieden, und es hat sich bestätigt, dass das die richtige Vorgehensweise war.“ Der Familie gehe es den Umständen entsprechend gut, wenngleich die Situation der Quarantäne belastend sei. Die zwei älteren Kinder des Paares hatten laut Paech nur leichte Symptome. Der gesundheitliche Zustand des Vaters sei stabil. Er werde mit antiviralen Medikamenten behandelt.

Bundesregierung will Deutsche aus Wuhan zurückholen

Bisher stehen alle Coronafälle in Bayern im Zusammenhang mit Webasto. Dort hatte sich ein Mitarbeiter bei einer chinesischen Kollegin angesteckt, die kurz darauf wieder nach China flog. Auch der deutsche Corona-Patient auf der spanischen Insel La Gomera hatte Kontakt mit einem Webasto-Mitarbeiter, wie das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) mitteilte.

Deutschlandweit gibt es derzeit neben den elf Fällen in Bayern noch zwei weitere Menschen, bei denen das Virus nachgewiesen wurde. Beide waren getestet worden, nachdem sie am vergangenen Wochenende zusammen mit mehr als 120 weiteren Passagieren aus der Millionenstadt Wuhan nach Deutschland geholt worden waren.

Die Bundesregierung will weitere deutsche Staatsbürger und ihre Angehörigen aus Wuhan zurückholen. Entsprechende Informationen des „Spiegel“ bestätigte das Auswärtige Amt der Deutschen Presse-Agentur. Laut „Spiegel“ befinden sich in der Region noch rund 20 Deutsche. Möglicherweise sollen sie in einer Maschine mitreisen, die am Wochenende eine größere Gruppe von britischen Staatsbürgern ausfliegen soll. Auch für die Neuankömmlinge aus China würde eine 14-tägige Quarantäne gelten. Sie sollen nach Informationen des „Spiegel“ in einer Klinik in Berlin-Köpenick untergebracht werden.

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Außerhalb von Festland-China sind inzwischen in rund zwei Dutzend Ländern etwa 240 Infektionen bestätigt. In Hongkong und auf den Philippinen waren zwei Tote zu beklagen. Die Zahl der Toten in China stieg noch einmal schneller als bisher. Innerhalb eines Tages starben bis Donnerstag 73 weitere Menschen, wie die chinesische Gesundheitskommission berichtete. Damit stieg die Zahl der Toten in China auf 563. Die bestätigten Infektionen mit der Lungenkrankheit kletterten auch stark um 3694 auf 28 018 Fälle. Die Kommission sprach von mehr als 24 000 Verdachtsfällen. Da die Ansteckung von Mensch zu Mensch anfangs nicht bekannt war, haben sich in China in den ersten Wochen auch viele Ärzte und Pfleger infiziert.

Am Donnerstag gab es widersprüchliche Angaben über den chinesischen Arzt Li Wenliang, der als einer der ersten vor dem Virus gewarnt hatte. Die chinesische staatliche Zeitung „Global Times“ hatte im Internet berichtet, er sei an dem Virus gestorben, der Eintrag wurde später gelöscht. Die Zeitung und auch andere Medien schrieben später, sein Zustand sei kritisch. „Wir versuchen unser Bestes, um ihn wiederzubeleben“ zitierte die Zeitung „South China Morinng Post“ am Donnerstagabend das Wuhan Central Hospital, in dem Li Wenliang liegt. Er und sieben weitere Teilnehmer einer Medizinergruppe waren nach ihrer Warnung zunächst von der Polizei vorgeladen und verwarnt worden und mussten unterschreiben, dass sie nichts mehr über den Ausbruch enthüllen.

Verlauf des Virus schwer vorherzusagen

Zur Behandlung von Erkrankten haben chinesische Behörden das Anti-Virus-Medikament Remdesivir für klinische Versuche mit dem neuen Coronavirus zugelassen, wie Xinhua berichtete. Die erste Gruppe von Patienten sollte das Medikament am Donnerstag nehmen. Es habe gute Ergebnisse bei anderen Coronaviren wie Sars oder Mers und zumindest auf Zellebene auch bei dem neuen Virus 2019-nCov gezeigt. 761 Patienten nähmen an den Tests teil.

Der Verlauf der Coronavirus-Epidemie ist aus Sicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) schwer vorherzusagen. Außerhalb der besonders betroffenen Gebiete in China scheine die Lage im Moment allerdings relativ stabil zu sein, sagte WHO-Experte Michael Ryan in Genf.

Den Menschen in Wuhan dankte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus für ihre Kooperation zum Wohle der Menschheit. „Wir stecken zusammen in dieser Sache. Wir sind ein Menschengeschlecht und ich weiß, dass wir dieses Virus besiegen werden.“ Laut WHO-Chef sind die ersten finanziellen Spenden für die insgesamt 675 Millionen Dollar (613 Millionen Euro) zugesagt, die gebraucht werden, damit sich auch ärmere Ländern auf einen möglichen Ausbruch der Epidemie vorbereiten können.

Die weltweit führenden Experten zum Coronavirus werden sich am nächsten Dienstag und Mittwoch in Genf treffen. Sie sollen alle Erkenntnisse zur neuen Lungenkrankheit zusammentragen.