Der als kritisch eingestufte Sieben-Tages-Inzidenzwert von 100 ist am Freitag im Rems-Murr-Kreis bereits zum zweiten Mal überschritten worden. Was ein drittes Mal in der Praxis bedeuten würde.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Rems-Murr-Kreis - Kaum dass der Einzelhandel seine Läden nach dem Winterlockdown wieder geöffnet hat, ist es wahrscheinlich schon wieder vorbei. Auch im Rems-Murr-Kreis sind die Inzidenzwerte wieder über die kritische 100er-Marke geklettert, von der an noch nicht einmal mehr Einkaufen mit Terminvereinbarung möglich ist. Am Freitag lag der Wert der auf 100 000 Einwohner heruntergerechneten Neuinfektionen bei 122.

 

Sind die Geschäfte schon wieder geschlossen?

Nein. Laut der jüngsten Corona-Verordnung des Landes muss die 100er-Marke an drei Tagen in Folge gerissen werden. Das wäre frühestens am Samstag der Fall. Dies müsste dann das Landratsamt in einer Bekanntmachung offiziell feststellen, und dann wiederum müssten die Maßnahmen am zweiten Werktag nach der Verkündung umgesetzt werden. Der früheste – allerdings auch wahrscheinliche – Termin wäre demnach der Dienstag.

Was bedeutet die Notbremse in der Praxis genau?

Im Einzelhandel kann nur noch im Voraus bestellte Ware zu einem vereinbarten Termin abgeholt werden (Click & Collect). Ausgenommen sind Waren des täglichen Bedarfs, Bau- und Gartenmärkte sowie Blumenläden. Eine Liste der Ausnahmen findet man auf www.baden-wuerttemberg.de unter „Fragen und Antworten zur Corona-Verordnung“.

Angehörige eines Haushalts dürfen sich nur noch mit einer Person eines anderen Haushalts treffen. Kinder unter 14 Jahre zählen dabei nicht mit.

Die Nutzung von Sportanlagen für den Amateur- und Freizeitindividualsport ist untersagt. Museen, Galerien, zoologische und botanischen Gärten sowie Gedenkstätten bleiben geschlossen.

Sogenannte körpernahe Dienstleistungen sind nicht erlaubt, außer medizinisch notwendige Behandlungen und der Friseurbetrieb.

Musik-, Kunst- und Jugendkunstschulen müssen wieder zum Onlineunterricht zurückkehren.

Wie lange gelten diese Maßnahmen?

Solange der Inzidenzwert über 100 liegt, bleibt es dabei. Ein Lockern der Notbremse ist erst dann erlaubt, wenn der kritische Wert an fünf Tagen in Folge unterschritten wird.

Es könnte durchaus sein, dass sich die anzuordnenden Maßnahmen noch kurzfristig ändern. Die jüngste Corona-Verordnung des Landes datiert vom 19. März und damit vor den jüngsten Bund-Länder-Beschlüssen. Eine Fortschreibung wird in diesen Tagen erwartet.

Könnte es für den Kreis einen Sonderweg geben?

Der Rems-Murr-Kreis hat sich beim Landessozialminister um ein Modellprojekt beworben. Ähnlich wie in der Stadt Tübingen würde man gern für einen Flächenlandkreis ein Konzept erproben, mit dem dank konsequenter Testungen und trotz hoher Coronazahlen Einkäufe im Einzelhandel und Gastronomie möglich gemacht werden könnten. Ein solches Angebot hat freilich nicht nur der Rems-Murr-Kreis gemacht.

Was spricht für einen solchen Sonderweg?

Der Rems-Murr-Kreis verfügt über ein bereits dicht geknüpftes Netz an Schnelltestmöglichkeiten und ein eigenes Portal (www.rems-murr-kreis.de/schnelltest), über das die Termine gebucht werden können und das bei positiven Befunden eine Nachverfolgung der Kontakte einfacher macht. Zudem stehen nach Auskunft des Landratsamts weitere Partner wie etwa die IHK bereit, in das Konzept einzusteigen. Außerdem will man bei der sogenannten Luca-App spätestens Mitte April als Modellregion einsteigen. Die App, die von einigen Kulturschaffenden wie den Fantastischen Vier unterstützt wird, bietet ein umfassendes System, das den direkten Kontaktdatenaustausch zwischen Bürgern, Einrichtungsbetreibern beziehungsweise Veranstaltern und den Gesundheitsämtern ermöglicht.

Wie ist die aktuelle Lage in den Nachbarlandkreisen?

Ähnlich bis schlechter. Geradezu dramatisch sind die Zahlen in Schwäbisch Hall angestiegen. Dort liegt die Inzidenz seit Freitag bei 438. Der Landkreis Göppingen vermeldete 126, Esslingen 130, Ludwigsburg 115 und Stuttgart 103.