Am Pressegespräch nimmt der infizierte Schorndorfer Rathauschef per Videokonferenz teil. Im ganzen Kreis stellt ein Rathaus nach dem andern auf Betrieb ohne Publikum um, während sich die Zahl der Infizierten seit Freitag verdoppelt hat.

Coronavirus - Es sollte eigentlich ein ganz normales Pressegespräch werden, mit dem die Stadt Schorndorf am Montagvormittag über die Schließung der öffentlichen Einrichtungen und weitere Maßnahmen informieren wollte – soweit man im Zusammenhang Corona von normal sprechen kann. Doch dann wurde alles von der dynamischen Lage rund um das Virus eingeholt: Oberbürgermeister Matthias Klopfer grüßte via Bildschirm aus dem heimischen Büro in den Sitzungssaal – er war am Sonntag positiv auf Covid-19 getestet worden und weilt nun in häuslicher Quarantäne.

 

Ein Skiausflug mit weitreichenden Folgen

Sein traditioneller Skiausflug mit alten Freunden nach Ischgl zieht dieses Mal weitreichende Folgen nach sich: „Eigentlich habe ich mich nur testen lassen, weil ich als Leiter des Krisenstabs sicher gehen wollte, dass ich gesund bin“, sagt Klopfer, der unter Asthma leidet und die Symptome zunächst der chronischen Krankheit zugeordnet hatte. „Mir geht es soweit gut, es fühlt sich an wie schwereres Asthma und ein leichter grippaler Effekt“, sagt Klopfer, der nun der zweite Schorndorfer Corona-Fall ist.

Neben dem Rathauschef muss fast der gesamte Führungsstab, also rund zehn Personen, zu Hause bleiben: „Wir hatten letzte Woche durch die vielen Absprachen im Führungsstab intensiven persönlichen Kontakt“, sagt Klopfer und berichtet, dass alle so schnell wie möglich getestet werden sollen. Nur der Erste Bürgermeister Edgar Hemmerich und sein Team halten vor Ort die Stellung. „Wir sind als Krisenstab trotzdem handlungsfähig“, sagt Klopfer – gearbeitet werde per Laptop, Besprechungen würden per Telefonkonferenz stattfinden. „Wir trennen unsere Mitarbeiter der Verwaltung zudem räumlich, damit Backups entstehen“, berichtet Edgar Hemmerich.

Wichtig sei derzeit vor allem, die Corona-Hotline und die extra eingerichtete Mailadresse zu besetzen: „Wir versuchen von frühmorgens bis in die Nacht die Fragen zu beantworten und zu versachlichen“, sagt Klopfer und berichtet, dass neben der Krisenbewältigung derzeit in der Verwaltung kein Normalbetrieb möglich sei und auch keine konzeptionelle Arbeit – schon wegen der vielen Absagen: der Gemeinderat, die Sitzung des Stadtwerkeaufsichtsrates, der Aufsichtsrat der Klinik finden nicht statt. Standesamtliche Trauungen finden in deutlich reduziertem Ausmaß statt und nur außerhalb des Bürobetriebs.

Rathäuser ohne Publikumsverkehr

Auch andernorts im Kreis wird der Publikumsverkehr immer weiter eingeschränkt – die Rathäuser bleiben für den Publikumsverkehr geschlossen wie auch viele weitere öffentliche Einrichtungen. Für Fragen und Anliegen erreichbar sind diese per Telefon oder E-Mail. Für Notfälle werden Einzeltermine vereinbart, für die in den Rathäusern dann Einlass gewährt wird. In Schorndorf gilt die Schließung unter andrem auch für die öffentliche Toilette im Rathaus. Diese wird allerdings durch einen Toilettenwagen neben dem Rathaus ersetzt.

Angesichts der alarmierend steigenden Zahlen an Corona-Erkrankten hätten sich die fünf Landräte der Region Stuttgart im Rahmen einer Telefonkonferenz auf eine noch engere Zusammenarbeit verständigt, berichtet Rems-Murr-Landrat Richard Sigel. Schließlich sorgten uneinheitlich und zeitlich ungleich umgesetzte Maßnahme unnötigerweise für Verunsicherung.

Nachdem am Montag die Corona-Verordnung der Landesregierung baden-württembergweit mit Verfügung zu Schließung von Bildungs- und Kultureinrichtungen, Kinos, Bädern, oder Vergnügungseinrichtungen sowie einem Versammlungs- und Veranstaltungsverbot bei mehr als 100 Teilnehmern in Kraft getreten ist, empfehlen die Landkreise nun zusätzlich ihren Städten und Gemeinden, als den dafür zuständigen Ortspolizeibehörden „auch Veranstaltungen mit weniger als 100 Personen abzusagen“. Die Landkreise, so Sigel, „appellieren an die Bevölkerung, die Verantwortung wahrzunehmen und soziale Kontakte auf ein Minimum zu beschränken“.

Persönliche Besuche nur in Notfällen

Um die Arbeitsfähigkeit auch in Krisenzeiten zu sichern wird auch in sämtlichen Kreisbehörden inklusive der Verwaltung der Abfallwirtschaft (AWRM) der Publikumsverkehr auf ein Minimum beschränkt, Persönliche Behördenbesuche, so teilt das Landratsamt mit, seien nur noch in Notfällen und nach Terminvereinbarung möglich. Dies gelte auch für die Zulassungs- und Führerscheinstelle.

In Waiblingen geht die Nachbarschaftshilfeaktion „Waiblingen liefert“ am Mittwoch an den Start. Deren Motor ist der evangelische Dekan Timmo Hertneck, der auf die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung in Zeiten von Corona setzt. Ziel ist es, dass Menschen, die Aufgrund einer Quarantäne ihre Wohnung nicht verlassen dürfen, von den Nachbarn versorgt werden – egal welcher Konfession sie angehören. „Wir hoffen, dass 95 Prozent aller Nachbarschaften sich selber organisieren“, so der Dekan. „Diese sollten sich frühzeitig – also jetzt – mit ihren Nachbarn zusammentun und verabreden. Vielleicht auch auf die Nachbarn zugehen, zu denen bisher kein Kontakt besteht.“

Die Helfer erhalten eine Bescheinigung, die sie als ehrenamtliche Mitarbeiter des Kirchenbezirks ausweist „Somit besteht während dieser Einsätze ein gewisser Versicherungsschutz.“ Weitere Details zu der Aktion gibt es im Internet (www.waiblingen-liefert.de).

Kreisweit ist die Zahl der Corona-Infizieren derweil Stand Montagabend auf 49 angestiegen, das sind 19 mehr als vor dem Wochenende. Landesweit liegt die Zahl inzwischen bei etwa 1000, bei bislang drei nachweislich durch das Virus verursachten Todesfällen.