Trotz der Gegenmaßnahmen wird nach Einschätzung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Zahl der Infektionen mit dem Coronavirus im Land zunächst weiter steigen.

Stuttgart - Trotz drastischer Einschränkungen für die Bürger wird sich das Coronavirus im Südwesten nach Einschätzung der Landesregierung erst einmal weiter verbreiten. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte am Dienstag in Stuttgart, die Maßnahmen wirkten wohl erst in 10 bis 14 Tagen.

 

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Er appellierte an die Bürger, sich an die Einschränkungen zu halten, um eine Verbreitung des Virus zu verlangsamen. „Nur wenn das nicht funktionieren würde, müssten wir schnell zu einer Ausgangssperre kommen“, sagte er in einer Pressekonferenz, die im Internet übertragen wurde.

Milliardenhilfe für die Wirtschaft

Davon gehe er aber derzeit nicht aus. Im Moment halte er eine Ausgangssperre für nicht erforderlich. Man wolle nicht eskalieren, sondern angemessen auf die Lage reagieren.

Es gehe jetzt darum, dass die Bürger sich an die Maßnahmen und Appelle hielten und sich nicht in die Eisdiele setzten. Er wisse aber, dass die Deutschen ein gesetzestreues Volk seien. Wenn die Maßnahmen nicht ausreichten, müsse man weitere ergreifen.

Kretschmann kündigte an, es werde weitere Programme in Milliardenhöhe geben, um vor allem kleinen und mittleren Unternehmen unter die Arme zu greifen, von denen nun vielen der gesamte Umsatz wegbreche. Details sollen noch in dieser Woche in der Koalition abgestimmt und dann umgehend veröffentlicht werden. Bereits beschlossen ist nach seinen Angaben etwa, die Bürgschaftsprogramme des Landes deutlich auszuweiten. So habe man die Bürgschaftsquoten von 50 auf 80 Prozent erhöht und den jährlich verfügbaren Bürgschaftsrahmen von 200 Millionen auf eine Milliarde Euro verfünffacht.

Viertes Todesopfer in Baden-Württemberg

Unterdessen wurde bekannt, dass im Südwesten ein weiterer mit dem Coronavirus infizierter Mensch gestorben ist. Es handele sich um eine Bewohnerin eines Pflegeheimes im Landkreis Heilbronn, teilte das Sozialministerium mit. Die Frau sei älter als 80 Jahre gewesen und habe an schweren Grunderkrankungen gelitten. Damit sind im Südwesten nun vier Menschen gestorben, die mit dem Coronavirus infiziert waren.

Sozialminister Manne Lucha (Grüne) erklärte, dass nur noch schwer erkrankte Patienten nach einer Ansteckung mit dem Coronavirus in Krankenhäusern behandelt werden sollen. Ausstattung wie Schutzmasken seien knapp. Baden-Württemberg habe grünes Licht dafür bekommen, Ausrüstungen und Masken im Wert von einer „starken zweistelligen Millionensumme“ erwerben zu können. Die Kliniken verschöben bereits planbare Eingriffe an Patienten. Es werde geschätzt, dass im Südwesten nun 17 Menschen eine Corona-Infektion überstanden hätten.

Entgegenkommen bei Abschlussprüfungen

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) bat um Verständnis darum, wenn etwa bei der Notfallbetreuung von Kindern noch nicht alles rund laufe. Auf so eine Lage könne man sich nicht vollumfänglich vorbereiten - es handele sich um eine absolute Ausnahmesituation. Sie bestätigte, dass die Lernplattform Moodle am Montag zusammengebrochen sei. Man versuche, Moodle flächendeckend für die Schüler anzubieten. Man könne aber nicht ausschließen, dass es Ausfälle gebe.

Sie kündigte an, dass man bei anstehenden Abschlussprüfungen an den Schulen Rücksicht auf die Situation nehmen wolle. Man gehe zwar davon aus, dass die Prüfungen zum geplanten Zeitpunkt kurz nach den Osterferien stattfinden, sagte Eisenmann. Sie fügte aber hinzu: „Ob das jetzt die schwersten Prüfungen werden, 2020, das wage ich zu bezweifeln.“ Man werde mit geeigneten pädagogischen Maßnahmen auf die Lage reagieren. Auf die Frage eines Journalisten, ob die Prüfungen einen Tick einfacher oder besser oder großzügiger benotet würden als sonst, sagte Eisenmann, sie würde sich diese Wortwahl nicht zu eigen machen, „aber ich höre mich jetzt auch nicht intensiv widersprechen“.