Erstmals seit Beginn der Pandemie gibt es in Baden-Württemberg mehr Genesene als Neuinfizierte. Doch für ältere Menschen steigen die Zahlen zuletzt stark an.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Die Zahl der vom Coronavirus Genesenen übersteigt in Baden-Württemberg mittlerweile die der Neuinfektionen. Das geht aus einer Datenauswertung unserer Redaktion auf Grundlage von Daten des Landesgesundheitsamts hervor. Demnach können inzwischen knapp 2700 Infizierte im Land als genesen gelten, das sind etwa 1400 mehr als Vortag. Dem standen noch 600 Neuinfizierte gegenüber. Netto sind damit Stand Donnerstag erstmals weniger Menschen in Baden-Württemberg mit dem Virus infiziert als am Tag zuvor.

 

Die Daten sind wegen der hohen Dunkelziffer mit Vorsicht zu genießen, auch handelt es sich bei der Zahl der Genesenen nur um eine grobe Schätzung. Allerdings werden zugleich deutlich mehr Menschen auf eine Infektion getestet als zu Beginn der Pandemie im März. Die Zahl der Tests sei von damals rund 2500 auf heute mehr als 7000 in etwa verdreifacht worden, heißt es aus dem Landesgesundheitsamt. Damit steigt die Zahl der potenziell entdeckten Neuinfektionen, was der sich nun andeutenden Trendwende mehr Gewicht verleiht.

Verstorbene sind im Mittel 82 Jahre alt

Während sich die Zahl der Infizierten im Land also einem Plateau nähert, steigen sie bei den Über-75-Jährigen weiter. Der Anteil dieser Altersgruppe unter den Infizierten habe sich in der vergangenen Woche verdoppelt, berichtet Stefan Brockmann vom Landesgesundheitsamt. Neben Menschen mit Vorerkrankungen sind gerade ältere Personen besonders gefährdet: Die an Covid-19 Verstorbenen im Land sind im Mittel 82 Jahre alt.

„Damit geraten nun Einrichtungen wie Pflegeheime und Krankenhäuser in den Fokus“, sagt Brockmann. Aus mehr als 50 der rund 800 Pflegeheime im Land seien Corona-Infektionen gemeldet, so der Leiter des Referats für Gesundheitsschutz und Epidemologie. Bislang gibt es in Baden-Württemberg allerdings keinen mit dem Wolfsburger Altersheim vergleichbaren Fall, in dem mittlerweile 29 Bewohner verstorben sind.

Für ältere Menschen kann trotzdem keine Entwarnung gegeben werden. Das gilt nicht zuletzt für jene Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg mit einem hohen Anteil älterer Personen. Dazu zählen unter anderem Emmendingen, Baden-Baden sowie der Ortenaukreis. Aus der Ortenau sind mit fast 50 Verstorbenen landesweit bislang die mit Abstand meisten Covid-19-Todesfälle gemeldet.

Die nächste Welle ist schon in Sicht

Die Zahl der Neuinfektionen werde in den kommenden Tagen in etwa gleich hoch sein wie die der Genesenen, prognostiziert Stefan Brockmann vom Landesgesundheitsamt. Im Südwesten stiegen die Infiziertenzahlen schon relativ früh an, weshalb nun auch die Zahl der Genesenen rasch zunehme. Zudem wirken die von der Politik verhängten Maßnahmen gegen das Coronavirus.

Wenn nach Ostern über eine stufenweise Rückkehr zur Normalität diskutiert wird, darf eines nicht vergessen werden: Selbst wenn man eine erhebliche Dunkelziffer annimmt, hat sich bislang nur ein Bruchteil der Menschen in Baden-Württemberg mit dem Coronavirus infiziert. Somit sind auch nur wenige gegen das Virus immun. Solange kein Impfstoff zur Verfügung steht, würde infolge einer Lockerung die Zahl der Infizierten wieder steigen – und damit auch die Gefahr für Ältere. Die erste Corona-Welle ebbt langsam ab. Aber die zweite ist schon in Sicht.