Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann hat ihre Pläne für das neue Schuljahr vorgelegt, das im September beginnt. Auch alle weiterführenden Schulen sollen zum Regelbetrieb zurückkehren.
Stuttgart - So viel Präsenzunterricht wie möglich und kein Abstandsgebot mehr: Kultusministerin Susanne Eisenmann hat am Mittwoch ihre Pläne für den Start ins neue Schuljahr im September vorgelegt. Die 4500 Schulen im Land seien schon am Dienstag darüber informiert worden. „Wir gehen den Schritt der Öffnung aller Schulen aus Überzeugung. Schule ist mehr als Wissensvermittlung“, so Eisenmann.
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„Unser Konzept verfolgt das Ziel, für alle Schülerinnen und Schüler unter den gegebenen Bedingungen so viel Präsenzunterricht wie möglich zu realisieren und gleichzeitig die Belastungen für Lehrkräfte und Schulleitungen zu begrenzen“, sagte die Kultusministerin in einer Pressekonferenz am Mittwoch. Mit dem neuen Schuljahr sollen nach den Grundschulen auch alle weiterführenden Schularten in den Regelbetrieb gehen – immer abhängig davon, wie sich das Infektionsgeschehen entwickelt.
„Gruppen in fester Zusammensetzung“
Das Abstandsgebot zwischen den Schülern werde dann auch bei den weiterführenden Schulen fallen, sagte Eisenmann weiter. „An die Stelle des Abstandsgebots treten Gruppen in fester Zusammensetzung. Das heißt, es müssen möglichst feste und konstante Gruppen gebildet werden. Wo immer möglich, sollte sich der Unterricht auf die reguläre Klasse oder die Lerngruppe beschränken“, so die Ministerin. So könnten bei Ansteckungen die Infektionsketten nachvollzogen und unterbrochen werden.
Maskenpflicht für ältere Schüler?
Die grün-schwarze Landesregierung erwägt zudem eine Maskenpflicht für ältere Schüler, um mögliche Corona-Ansteckungen zu verhindern. Während des Unterrichts könne sie sich aber eine Maskenpflicht nicht vorstellen, sagte Eisenmann.
Für Lehrkräfte versprach Eisenmann „freiwillige Testmöglichkeiten“ auf das Coronavirus: „Der Gesundheitsschutz unserer Lehrerinnen und Lehrer hat höchste Priorität für mich“, sagte die CDU-Politikerin. „Mein Ziel ist, dass wir uns noch vor der Sommerpause auf ein vernünftiges Konzept einigen.“ Das werde dann auch für Erzieherinnen gelten.
Die CDU-Politikerin zeigte sich auch zuversichtlich, was die Personallage an den Schulen im nächsten Schuljahr angeht. Seit Einführung der Attestpflicht würden wieder mehr Lehrer am Präsenzunterricht teilnehmen.
Abschlussprüfungen im Jahr 2021 werden zeitlich geschoben
Eisenmann dämpfte aber auch zu große Erwartungen: „Das neue Schuljahr wird keineswegs ein ganz normales Schuljahr, so wie wir das noch vor der Corona-Krise kannten. Aus diesem Grund habe ich entschieden, dass wir auch die zentralen Abschlussprüfungen 2021 zeitlich nach hinten verlegen, um für alle Eventualitäten von vornherein einen Puffer und zusätzliche Zeit für Unterricht und Prüfungsvorbereitung zu haben“, so die Ministerin. Je nach Schulart werden die Prüfungen um drei bis vier Wochen verschoben.
Die üblichen Hygieneregeln – wie Husten und Niesen in die Armbeuge – bestehen weiterhin, betonte Eisenmann: „Wir sollten uns bewusst sein, dass wir immer noch eine Pandemie haben. Auch wenn das Infektionsgeschehen stabil ist, bedeutet das nicht, dass es keine Infektionen an Schulen geben wird. Es wird immer ein Restrisiko geben.“ Sollte in einer Schule ein Corona-Fall auftreten, sei das örtliche Gesundheitsamt gefragt, um den Ausbruch einzudämmen.
Im neuen Schuljahr gehe es auch darum, Wissenslücken, die im Corona-Lockdown bei den Schülern entstanden sein können, zu schließen. Schon in den letzten beiden Sommerferienwochen soll das Förderprogramm „Lernbrücken“ nach den Plänen des Kultusministeriums Schülern mit Förderbedarf dabei helfen, Unterrichtsstoff nachzuholen.
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„Unser Ziel ist so viel Präsenzunterricht wie möglich“, sagte Eisenmann. Die Kultusministerin sagte aber auch, Lehrer und Eltern müssten auch weiterhin mit Fernunterricht rechnen – sei es, weil Schüler aus gesundheitlichen Gründen die Schule nicht besuchen oder auch im Falle von erneuten, temporären Schulschließungen.
130 Millionen Euro für digitale Ausstattung
„Aus diesem Grund haben wir nun verbindliche Leitlinien und Qualitätskriterien für das digitale Lernen im Fernunterricht festgelegt“, erklärte Eisenmann. Alle Schüler bekämen dieselben Unterrichtsmaterialien zur Verfügung gestellt. Außerdem wolle man eine „verlässliche Kommunikation“ zwischen Lehrern und Schülern gewährleisten – viele Eltern hatten bemängelt, dass ihre Kinder während der Schulschließung von manchen Lehrern wochenlang kaum Rückmeldung bekommen hatten.
Schüler, die nicht über PC oder Tablet verfügen, sollen die notwendige technische Ausstattung zur Verfügung gestellt bekommen. 130 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung, heißt es aus dem Kultusministerium. Rund 300.000 Geräte sollen die Kommunen und Schulen in freier Trägerschaft für das Geld anschaffen.
Mitte März hatten die Schulen in Baden-Württemberg wegen des Coronavirus komplett geschlossen. Seit 15. Juni gab es an allen Schulen im Südwesten einen Unterricht im Schichtbetrieb im Wechsel mit Fernunterricht und mit einem abgespeckten Stundenplan. Am 29. Juni starteten Grundschulen und Kitas wieder in eine Art Regelbetrieb ohne Abstandsgebot.