Mit dem Ende der Urlaubszeit tritt auch die Corona-Pandemie in Baden-Württemberg in eine neue Phase ein. Wie geht es weiter? Mehr denn je lohnt ein Blick auf die Zahlen.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Am Wochenende gehen in Baden-Württemberg die Sommerferien zu Ende. Wenn dann in Schulen und Kitas sowie in vielen Unternehmen wieder der Normalbetrieb geübt wird, ist Corona auch immer mit im Raum – entweder in Form von Viren oder aber wenigstens in den Köpfen der Menschen. Wie geht es im Herbst weiter?

 

Die Frage kann derzeit niemand beantworten. Aber der Blick in die aktuellen Zahlen zeigt zumindest, wo man in Baden-Württemberg steht und wo man herkommt. Verglichen mit dem Rest Deutschlands ist die Zahl der erkannten Infektionen in Baden-Württemberg derzeit erhöht. Das zeigt die folgende Grafik:

Etwa seit Mitte August kommen Tag für Tag rund zwei (zuletzt 2,4) Neuinfizierte je 100 000 Einwohner hinzu – was stets die Zahl der per Labortest festgestellten Infektionen meint. Hinzu kommt eine nicht bekannte, aber auf etwa das Vierfache geschätzte Dunkelziffer.

Ferienbeginn und Infektionsgeschehen

Eine gute Nachricht: seit einigen Wochen sinkt die Positivenquote, also der Anteil der positiv auf eine Corona-Infektion getesteten Proben. Mit einer weiterhin hohen Anzahl von Tests – pro Woche deutschlandweit mehr als eine Million – wurden zuletzt anteilig weniger Infizierte ermittelt. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, viele Infizierte zu identifizieren und Infektionsketten zu unterbrechen.

Warum es wichtig ist, dass hierzulande möglichst wenige Menschen ihre Infektion weitertragen, zeigt das folgende Schaubild. Es vergleicht die Zahl der erfassten Neuinfektionen in Bundesländern mit frühem Ferienbeginn – und solchen, in denen wie in Baden-Württemberg die Sommerferien erst spät begonnen haben.

In Ländern mit spätem Ferienbeginn steigen die Infektionszahlen mit einiger Verzögerung an – ein klarer Hinweis auf den Einfluss von infizierten Reiserückkehrern. Deutschlandweit stellte diese Gruppe zwischenzeitlich gut die Hälfte aller neu erfassten Infizierten. In Baden-Württemberg betrug der Anteil zwischenzeitlich sogar 70 Prozent.

Mittlerweile sinkt der Anteil der Infizierten, die sich mutmaßlich im Ausland angesteckt haben – eine Folge der zurückgehenden Reisetätigkeit. In Baden-Württemberg beträgt ihr Anteil derzeit allerdings weiterhin rund 50 Prozent. Die meisten nachweislich infizierten Reiserückkehrer (bislang jeweils mehr als 1000) wurden unter Rückkehrern aus dem Kosovo und Kroatien gezählt, auf Platz drei liegen Reisende aus der Türkei (422). In diesen Ländern ist das Infektionsrisiko größer als hierzulande, ebenso gibt es vielfältige Anlässe, sich anzustecken – etwa bei Familienzusammenkünften oder auf Partys.

In den Ländern mit spätem Ferienbeginn stiegen die Zahlen über mehrere Wochen. Wegen der Verzögerungen zwischen der Rückkehr von Infizierten, dem Auftreten von Symptomen und dem Eingang des Testergebnisses in die Statistik ist in Baden-Württemberg zunächst mit mindestens stagnierenden, eher steigenden Infiziertenzahlen zu rechnen – was nur dann nicht schlimm ist, wenn die Infizierten von ihrer Ansteckung erfahren und sich in Quarantäne begeben.

Erinnerung an den März

Falls es gelingt, dass das aus dem Ausland mitgebrachte Virus hierzulande nicht weitergetragen wird, müsste sich das bald in den Fallzahlen abbilden. Derzeit steigt die Zahl der registrierten Neuinfektionen nur in Bayern stärker zu als in Baden-Württemberg – was an die erste Phase der Pandemie im März erinnert, als Süddeutschland ebenfalls wegen zahlreicher infizierter Reiserückkehrer rasch zum bundesweiten Corona-Hotspot avancierte. Damals übrigens weniger wegen Reisenden mit schulpflichtigen Kindern, sondern eher wegen älterer Urlauber, die nicht an die Ferien gebunden sind und nach den Faschingsferien zum Skifahren nach Südtirol und Tirol verreisten.

Es wird sich zeigen, inwiefern diese Gruppe das Infektionsgeschehen auch ein halbes Jahr nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie anheizt. Aber auch die Neuinfektionen in Schulen und Kitas sind zu beachten. Die einzige Gruppe, die derzeit erfreulicherweise nicht im Fokus steht, sind die Älteren. Sie waren im Frühjahr durch Ausbrüche etwa in Alters- und Pflegeheimen besonders hart getroffen; bei diesen Patienten nimmt Covid-19 typischerweise wesentlich öfter einen schweren bis tödlichen Verlauf. Zuletzt wurden in Baden-Württemberg so gut wie keine Todesfälle gemeldet, die im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion stehen – auch das eine Folge und ein Erfolg des verbesserten Schutzes älterer Menschen.

Wie sich das Coronavirus derzeit auf die Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg verteilt, zeigt die folgende Tabelle. Es wird klar, dass in der Region Stuttgart und nicht zuletzt in der Landeshauptstadt der Anteil der Infizierten je 100 000 Einwohner höher ist als im Landesschnitt. Das Stuttgarter Gesundheitsamt ist darüber aktuell sehr beunruhigt.

Regelmäßig aktualisierte Zahlen zum Coronavirus in Deutschland und Baden-Württemberg finden Sie hier.