Eine bundesweite „zweite Welle“ ist entgegen der Befürchtungen der letzten Tage nicht in Sicht. Doch es stecken sich derzeit so viele junge Patienten an wie noch nie.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - In Baden-Württemberg ist der Anteil von Schülern unter den Corona-Neuinfizierten so hoch wie noch nie. Das geht aus dem aktuellen Lagebericht des Landesgesundheitsamts hervor, der am Donnerstagabend veröffentlicht wurde. Demnach war in der Kalenderwoche 25 (15. bis 21. Juni) jeder fünfte registrierte Neuinfizierte jünger als 19 Jahre. Der Anteil dieser Altersgruppe liegt damit sogar noch über den Werten von Anfang März, als die Pandemie in Baden-Württemberg ausbrach und die Schulen regulär geöffnet hatten.

 

Den größten Anteil der Infizierten machen mit jeweils etwa einem Drittel Erwachsene zwischen 20 und 39 sowie 40 bis 59 Jahren aus – also überwiegend Berufstätige. Der Anteil dieser Gruppen an den Infizierten lag im März sogar noch höher. Er sank dann infolge des Lockdowns beständig, steigt seit Mitte Mai aber wieder an. Über-60-Jährige tragen relativ zuletzt deutlich weniger zum Infektionsgeschehen bei. Gleichwohl liegt der Anteil der Infizierten an der Gesamtbevölkerung unter den Älteren deutlich über dem von Kindern, Jugendlichen und Berufstätigen.

Im Schnitt 35 Neuinfektionen pro Tag

Alle diese Entwicklungen finden im Rahmen von weiterhin ziemlich niedrigen Infektionszahlen Gesamtniveau statt. In Baden-Württemberg werden derzeit pro Tag rund 35 Neuinfektionen registriert. Das ist viel weniger als noch im April, wenngleich die Zahl zuletzt leicht angestiegen ist. Die folgende Kurve visualisiert die Entwicklung:

Rechnet man die Zahl der Infizierten nach Altersgruppe aus, dann stecken sich pro Tag in etwa sieben Schülerinnen und Schüler und etwa zwanzig Menschen zwischen 20 und 60 Jahren an, der Rest ist älter. Insgesamt liegen die Infektionszahlen in Baden-Württemberg deutlich unter dem Bundesschnitt (1,8 Neuinfizierte je 100 000 Einwohner).

Die folgende Karte zeigt, wo zuletzt wie viele Neuinfektionen relativ zur Bevölkerung registriert wurden:

Nicht nur landesweit ist Baden-Württemberg derzeit kaum von Corona-Infektionen betroffen. Auch die Werte in den Stadt- und Landkreisen sind weit von Zahlen wie in Gütersloh oder Göttingen entfernt. Insbesondere der Corona-Ausbruch unter Mitarbeitern der Fleischfabrik Tönnies (Kreis Gütersloh) ist laut neuer Zahlen des Robert-Koch-Instituts für den Ausschlag der bundesweiten Zahlen verantwortlich.

Das ist freilich nur möglich, weil die Fallzahlen im Rest der Republik von einigen weiteren, kleinen Ausbrüchen abgesehen weiterhin gering sind. Bundesweit sind in der vergangenen Woche im Schnitt 3,9 Neuinfektionen je 100 000 Menschen vom Robert-Koch-Institut erfasst worden.

Das folgende Diagramm zeit die Entwicklung der Infektionen und Todesfälle. Für die zurückliegenden Tage zeigt sich der bereits genannte Anstieg der Infiziertenzahlen:

Selbst in der Gesamtbetrachtung der Corona-Zahlen bildet sich der jüngste Anstieg sichtbar ab – und zwar in der Zahl der aktuell mit dem Coronavirus Infizierten. Das ist im folgenden Diagramm die oberste der drei Flächen – sie war lange kleiner geworden und wuchs zuletzt wieder etwas an auf derzeit mehr als 6300 Infizierte:

Die Daten zeigen, dass sich der Charakter der Corona-Pandemie mittlerweile verändert hat. Von einer bundesweiten „zweiten Welle“ an Infektionen, die mit jener vom März und April vergleichbar ist, kann derzeit nicht gesprochen werden. Ohne Details für ein solches Szenario zu nennen, betonte der RKI-Präsident Lothar Wieler in einer Pressekonferenz am Dienstag, dass so eine „zweite Welle“ gleichwohl auch in Form zahlreicher örtlicher Ausbrüche auftreten könne.