Bei immer mehr Menschen wird der Erreger Sars-CoV-2 nachgewiesen - und immer mehr müssen in Isolation. Auch an anderen Stellen werden die Auswirkungen vielfach spürbar.

Berlin - Die Zahl der bestätigten Infektionen mit dem neuen Coronavirus ist bundesweit deutlich gestiegen. Bis Sonntagvormittag wurden in Deutschland nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) 117 Coronavirus-Infektionen nachgewiesen. Bis Samstagvormittag waren es erst 66 nachgewiesene Infektionen. In Baden-Württemberg und Bayern sollen Schüler nach dem Ende der Faschingsferien zu Hause bleiben, wenn sie sich in einem der Risikogebiete aufgehalten haben. Mehrere Großveranstaltungen in den nächsten Tagen sind abgesagt. Die Bundesregierung rechnet nicht mit einem schnellen Ende des Kampfs gegen das Coronavirus.

 

Bekannte Infektionen gibt es nun in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. Im Saarland und in den neuen Bundesländern wurden bis Sonntagnachmittag keine Coronavirus-Infektionen nachgewiesen. Allein in Nordrhein-Westfalen sind es nach der aktuellen RKI-Liste mittlerweile 66 Fälle, in Bayern 19 und in Baden-Württemberg 15. Die tatsächliche Zahl der Fälle dürfte etwas darüber liegen, weil neue Nachweise hinzukommen.

Im besonders betroffenen NRW-Kreis Heinsberg endete für mehrere hundert Bewohner die häusliche Quarantäne. Rund 300 Karnevalisten, die eine Sitzung am 15. Februar in Gangelt besucht hatten, und ihre Familien waren zu der vorsorglichen Maßnahme aufgerufen worden. Von insgesamt 1000 Menschen in häuslicher Isolierung müsse sich rund ein Drittel noch bis Ende der Woche gedulden. Am Samstag waren einzelne Infektionen auch aus Köln, Bonn, Duisburg, Mönchengladbach, aus dem Raum Aachen und dem sauerländischen Lüdenscheid gemeldet worden.

Mit bestätigten Infektionen bei drei Männern erreichte das Coronavirus nun auch Frankfurt am Main. Bei zwei Männern stehen die Fälle im Zusammenhang mit einem Fall in Wetzlar, der dritte Fall mit einer Italienreise. Kontaktpersonen werden ermittelt. In häuslicher Quarantäne sind auch 18 Menschen aus dem Umfeld eines Patienten aus Kaiserslautern. Neue Verdachtsfälle gibt es nach der Bestätigung einer ersten Coronavirus-Infektion in Niedersachsen - in 15 Fällen wurde häusliche Quarantäne angeordnet. Ein 68-Jähriger war mit seiner Frau auf einer Busreise nach Südtirol gewesen.

In Baden-Württemberg sollen zum Ende der Faschingsferien nach Kindern, Lehrern und vielen Beamten auch Polizisten zunächst vorsorglich zu Hause bleiben, wenn sie in den vergangenen Tagen aus einem Risikogebiet für das neuartige Coronavirus zurückgekehrt sind. Dies gelte unabhängig von Krankheitssymptomen, wie aus einem internen Schreiben des Innenministeriums hervorgeht, das der dpa vorliegt. Als Risikogebiete nennt das Ministerium die norditalienische Provinz Lodi in der Region Lombardei und die Stadt Vo in der Provinz Padua (Region Venetien) sowie Teile Chinas, des Irans und Südkoreas.

In einigen deutschen Supermärkten kam es zu Hamsterkäufen

In einigen deutschen Supermärkten kam es zu Hamsterkäufen - auch in Ländern, in denen noch keine Infektion bestätigt wurde. Kunden griffen vermehrt zu langlebigen Lebensmitteln und Getränken. Auch Regale mit Reinigungstüchern oder Desinfektionsmitteln waren leer. Nach Einschätzung des Handels drohen aber keine Engpässe.

In Österreich wurden zwei deutsche Touristen positiv auf das neue Coronavirus Sars-CoV-2 getestet. Das Paar war zuvor auf einer Karnevalsveranstaltung in Deutschland. Sie sind abgeschottet in einem Hotel, die Infektion verläuft den Angaben zufolge mild.

Mehrere Veranstaltungen sind abgesagt oder werden verschoben. Nach Absage der weltgrößten Reisemesse ITB in Berlin war unklar, ob Aussteller entschädigt werden. Der Restaurantführer Guide Michelin sagte die für Dienstag geplante Sterneverleihung in Hamburg ab. Wegen des Coronavirus wird zudem die Düsseldorfer Fachmesse „Pro Wein“ verschoben. Das Leibniz-Institut für Neurobiologie in Magdeburg sagte einen geplanten öffentlichen Vortrag vorsorglich ab.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonte erneut, dass nach derzeitiger Erkenntnis vier von fünf Coronavirus-Infektionen milde oder sogar symptomfrei verliefen. Mit der Zahl der Ansteckungen steige aber auch die Wahrscheinlichkeit für schwere Verläufe oder Todesfälle, sagte Spahn der „Welt am Sonntag“. Ärzte können Tests auf das Virus leichter als bisher abrechnen, so Spahn auf Twitter.

Innenminister Horst Seehofer (CSU) sagte der „Bild am Sonntag“: „Ich rechne damit, dass wir zum Jahreswechsel einen entsprechenden Impfstoff zur Verfügung haben.“ Bis dahin müsse man das Virus mit den Mitteln des Seuchenschutzes bekämpfen. „Wir müssen die Infektionsketten konsequent unterbrechen.“ Auch die Absperrung von Regionen oder Städten schloss Seehofer nicht völlig aus - als letztes Mittel.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht ausreichend Mittel vorhanden, um negativen Folgen der Ausbreitung des Virus für die Wirtschaft entgegen zu steuern. „Wenn die Lage es erforderte, dass ein solcher Impuls nötig wird, haben wir auch die Mittel, ein Konjunkturprogramm aufzulegen“, sagte Scholz der „Welt am Sonntag“.