Weil Stuttgart bei der Corona-Inzidenz den kritischen Wert von 50 überschritten hat, gilt seit Mittwoch die Maskenpflicht im Cityring. Klappt das? Ein erster Besuch in der Innenstadt.

Digital Desk: Jonas Schöll (jo)

Stuttgart - „Schauen Sie, da hält sich schon wieder einer nicht dran“, schimpft eine Passantin, die an diesem Mittwochvormittag mit zwei Einkaufstüten auf der Stuttgarter Königstraße steht. Ihr Blick fällt auf einen vorbeilaufenden Fußgänger, der keine Maske zum Schutz vor dem Coronavirus trägt. „Wir müssen in Stuttgart jetzt alle an einem Strang ziehen“, sagt die 60-Jährige, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie berichtet mit Unverständnis von einigen Maskenmuffeln, welche die neue Corona-Vorschrift im Cityring noch nicht verinnerlicht haben: „Es geht doch darum, sich selbst und andere zu schützen.“

 

Kaum jemand in der City ohne Maske unterwegs

Mit neuen Regeln geht die Landeshauptstadt Stuttgart seit Mittwoch gegen die Ausbreitung des Coronavirus vor. Dazu gehört auch die Maskenpflicht in der Innenstadt. Sie gilt für Erwachsene, aber auch für Kinder im Alter von mindestens sechs Jahren, im Cityring. Dieser wird eingefasst von Arnulf-Klett-Platz, Schillerstraße, Adenauerstraße, Hauptstätter Straße, Theodor-Heuss-Straße und Friedrichstraße. Dazu kommt noch der Bereich westlich der Paulinenbrücke zwischen dem Österreichischen Platz und der Marienkirche mit dem Rupert-Mayer-Platz. Entsprechende Schilder, die auf die neue Maßnahme hinweisen, sucht man in der City allerdings vergeblich.

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Dennoch ist auf den ersten Blick in der Innenstadt an diesem Mittwochvormittag kaum jemand ohne Mund- und Nasenschutz unterwegs. Die neue Corona-Verpflichtung scheint ihre Wirkung nicht zu verfehlen, bestätigt auch ein Polizist am Schlossplatz. Die Maskenpflicht in der Stuttgarter City ist demnach ohne größere Probleme angelaufen. Ein paar Beamte zeigen am Vormittag Präsenz auf der Königstraße. Eigentlich sind sie da, um Radfahrer in der Fußgängerzone zu kontrollieren. „Aber wir schauen auch, dass die Maskenpflicht eingehalten wird“, sagt der Polizist. Auf Bestrafung der Maskenmuffel scheinen die Ordnungshüter heute augenscheinlich nicht aus zu sein, die Stimmung ist freundlich.

Keine Polizeikontrollen in der Innenstadt

„Die meisten Menschen halten sich an die Maskenpflicht. Das funktioniert bis jetzt ganz gut“, sagt ein Beamter. „Wer es nicht tut, fällt auf. In den meisten Fällen genügt eine freundliche Ansprache.“ So zeigt sich den Beamten gegenüber auch ein unmaskierter Fußgänger schnell einsichtig: „Ich hab das gar nicht mitbekommen, dass die Maskenpflicht jetzt auch im Freien gilt“, sagt er und zieht den Mund- und Nasenschutz auf. Ein anderer lamentiert etwas mehr: „Und was mach ich, wenn ich rauchen will?“

„Es gibt heute keine gezielten Masken-Kontrollen, die Verstöße sanktionieren sollen“, bestätigt ein Pressesprecher der Polizei am Telefon. „Wir machen uns erst ein Bild, ob die neue Vorschrift bei den Bürgern angekommen ist. Nicht jeder liest Zeitung.“ Die Ordnungshüter wollen zunächst ermitteln, ob Kontrollen überhaupt notwendig sind. Maskenverweigerern droht ein Bußgeld von 100 Euro, zuzüglich Gebühren und Auslagen sind laut Stadt sogar 128,50 Euro zu zahlen.

Stadt zeigt sich zufrieden mit Corona-Maßnahme

Die Stadt Stuttgart zeigt sich zufrieden nach dem ersten Tag: „Erste Beobachtungen zeigen eine breite Akzeptanz der Maßnahme“, berichtet eine Sprecherin der Stadt. Die Verwaltung mache die Bürger etwa über die sozialen Medien und die Fahrgastanzeigen in den SSB-Haltestellen auf die neuen Regeln aufmerksam. Zudem sollen die Polizei und der städtische Vollzugsdienst künftig bei ihren Streifen Handzettel verteilen, ebenso seien Plakate in Arbeit.

Die Sprecherin der Stadt verteidigt die Maßnahme: „Wichtig ist, dass sich das Coronavirus nicht weiter ausbreitet. Eine hohe Ansteckungsgefahr besteht dort, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen.“ In belebten Fußgängerzonen, wo Mindestabstände nicht mehr eingehalten werden können, seien die Masken zum eigenen und zum Schutz anderer notwendig. „Das Infektionsgeschehen wird immer diffuser und es gibt Infektionen in allen Lebensbereichen“, so die Stadtsprecherin.

Nicht bei allen kommt die neue Vorschrift an

Dass in der Innenstadt deutlich mehr Passanten mit Mund-Nasen-Schutz unterwegs sind als noch vor wenigen Tagen, bestätigt auch Karl-Heinz Hegele, der an einem Einkaufsstand vor dem Schlossplatz Bürsten und Lederwaren verkauft. „Man merkt, dass die Menschen wieder disziplinierter sind“, sagt der 61-Jährige. „Ich halte die Maskenpflicht für richtig.“ Viele Stuttgarter, so der Eindruck aus kurzen Gesprächen, erachten die verschärften Corona-Maßnahmen in der Innenstadt als durchaus sinnvoll.

Doch nicht alle Passanten sehen die Notwendigkeit, die Masken jetzt auch im Freien zu tragen: „Ich freue mich nicht darüber und stelle die Maßnahmen schon infrage“, sagt etwa eine 24-jährige Strategieberaterin, die auf dem Marktplatz steht und ihren Namen nicht nennen möchte. Eine Maske trägt die junge Frau trotzdem: „Es ist zwar eine weitere Einschränkung, aber gefühlt hat sich ja nicht so viel verändert.“