Die Stimmung bei der Straßenzeitung Trottwar ist am Boden. Der Verein musste alle Veranstaltungen und Stadtführungen absagen, nun wird auch ein Einbruch bei den Verkaufszahlen befürchtet. In geringerer Auflage geht der Verkauf weiter – nun kontaktlos.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Die Verzweiflung bei der Straßenzeitung Trottwar ist groß. „Die Stimmung ist im Keller“, sagt Thomas Schuler, er ist Verkäufersprecher bei Trottwar und dort fest angestellt. Eigentlich verdient er sein Geld mit alternativen Stadtführungen. Der ehemalige Obdachlose zeigt vor allem Schulklassen Stuttgart aus der Perspektive von Wohnungslosen und armen Menschen. Doch wegen des Coronavirus sind alle Führungen abgesagt – für Schulklassen von offizieller Seite sogar bis Jahresende. „Was soll ich nur machen? Da hängt meine Existenz dran“, sagt Schuler frustriert, der zudem einmal die Woche einen festen Platz als Straßenzeitungsverkäufer hat.

 

„Wir brauchen Hilfe“ – mit diesen Worten hat sich auch die Geschäftsführung der Straßenzeitung dieser Tage an die Öffentlichkeit gewandt. Trottwar sei im Ausnahmezustand. Nicht nur, dass die Veranstaltungen ausfallen, auch im Verkauf der Straßenzeitungen rechnet der gemeinnützige Verein mit einem Einbruch. Schließlich seien kaum noch Menschen in den Innenstädten unterwegs, so Geschäftsführer Helmut H. Schmid. Am Montag habe man deshalb entschieden, die Straßenzeitungen an die Verkäuferinnen und Verkäufer umsonst heraus zu geben. Üblicherweise kaufen diese die für 1,30 Euro das Stück, um sie dann für 2,60 Euro wieder weiter zu verkaufen. „Jetzt bezahlen sie nichts, um sicher zu stellen, dass sie sich etwas hinzuverdienen können“, sagt Schmid. Er befürchtet, dass Trottwar die finanziellen Belastungen nicht lange durchhält. Als gemeinnütziger Verein dürfe man kein finanzielles Polster aufbauen – entsprechend fehlten die Rücklagen.

Die Ärmsten trifft Corona besonders hart

Solange keine komplette Ausgangssperre gilt, soll der Verkauf der Straßenzeitung weiter gehen. Um die Verkäufer – sechs festangestellte und 170 freie Verkäufer – zu schützen, hat Trottwar zudem den „kontaktlosen Verkauf“ eingeführt. Die Verkäufer postieren sich zwei Meter von dem Zeitungsstapel entfernt, die Kundschaft zahlt (passend) in ein Behältnis beim Stapel. Die Verkäufer wollten unbedingt weiter machen, sagt Schmid, denn sie hätten auch diskutiert, den Verkauf einzustellen. Da hätten einige sogar geweint. „Wenn wir den Vertrieb zu machen, müssten viele betteln gehen“, warnt auch Thomas Schuler.

Dabei sei ja selbst das Betteln gerade erschwert: da kaum Menschen unterwegs sind und diese auch noch Abstand halten. „Die Ärmsten trifft Corona am härtesten“, sagt Geschäftsführer Schmid. In die Notunterkünfte für Wohnungslose können sie nicht, weil diese keine Personen neu aufnehmen. In den Wärmestuben dürfen sie sich nicht mehr aufhalten. Er fragt sich, was Obdachlose eigentlich machen sollen, sollte eine Ausgangssperre kommen. „Sie haben schließlich kein zu Hause, sie können nicht zu Hause bleiben.“ Und bezogen auf die freien Verkäufer sagt er: Sie hätten keine Chance auf Kurzarbeitergeld und seien dringend auf Unterstützung angewiesen.

Das festangestellte Flughafen-Team ist bereits in Kurzarbeit

Schmid appelliert an die Stadt, die Straßenzeitung am Leben zu erhalten. Trottwar habe schließlich viele sozialversicherungspflichtige Stellen geschaffen: allein 14 Menschen, die zuvor Sozialhilfeleistungen bekamen, beschäftige man derzeit. Darunter seien auch fünf Mitarbeiter vom „Spende-Dein-Pfand-Team“, die am Flughafen Pfandflaschen abholen. Sie seien bereits in Kurzarbeit. Trottwar ruft zu Spenden für seine Verkäuferinnen und Verkäufer sowie für den Verein auf.

Mehr Informationen zu Spenden- und Fördermöglichkeiten von Trottwar gibt es im Netz unter www.trott-war.de.