Ein Telefonanbieter hat der österreichischen Regierung die Daten aller seiner Handynutzer übermittelt – für den Kampf gegen den Coronavirus. Aber ist ein solches Vorgehen rechtlich zulässig?

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Die Österreicher waren den Deutschen beim Kampf gegen den Coronavirus in den letzten Tagen in vielen Schritten voraus: Grenzkontrollen, Isolierung von Risikogebieten, Ausgangsbeschränkungen. Offensichtlich gilt dies auch bei der Nutzung von Telekommunikationsdaten.

 

Das größte Telekomunternehmen des Landes, A1, stellte der Regierung die Bewegungsprofile aller Handynutzer in Österreich von einem bestimmten Tag zur Verfügung. Verglichen wurden nach Informationen der „Kronen-Zeitung“ die Daten vom vergangenen Samstag mit jenen eine Woche zuvor.

Reduzierung der Bewegungen bis zu fünfzig Prozent

Durch eine Datenanalyse wollte der Krisenstab des Landes ermitteln, ob die sozialen Kontakte, die Grundlage für die Verbreitung des Coronavirus sind, aufgrund der drastischen Maßnahmen abnehmen oder nicht. Das Ergebnis: die Österreicher verringerten ihren Bewegungsradius im Schnitt um vierzig bis fünfzig Prozent.

Es ist umstritten, ob diese Maßnahme rechtskonform ist. Der Datenschutzrechtler Christof Tschohl vom „Research Institute – Digital Human Rights Center“ in Wien sagte dem „Standard“, es gebe aus seiner Sicht für diesen Zugriff keine Rechtsgrundlage. Weder aus dem Telekomgesetz noch aus dem Epidemiegesetz lasse sich eine solche Vorgehensweise ableiten. „Aus menschlicher Sicht kann man das schon verstehen. Aber: Der Rechtsstaat verlangt sonst aus guten Gründen Präzision“, erklärte Tschohl. „Dass das über Bord geworfen wird, da es schnell gehen muss, finde ich schwer problematisch.“

China ist Vorreiter

Michael Höfler, Sprecher von A1, sagte, dass die Bewegungsprofile anonymisiert weitergegeben werden, also nicht mit Kundendaten verknüpft und auch nicht einzelne Personen getrackt werden – sondern nur Gruppen ab 20 Menschen.

China ist besonders weit bei der Nutzung von Telekomdaten. Firmen wie Alibaba und Tencent haben Handy-Apps auf den Markt gebracht, die die Bewegungen eines Reisenden bis zu einem Monat zurückverfolgen können. Die Benutzer werden als grün, gelb oder rot eingestuft, je nachdem, wie nah sie einer Hochrisikozone kamen.