Die DFL hat offenbar ganz konkrete Pläne für den Worst Case gefasst: Im Falle des Saisonabbruchs soll es einen Deutschen Meister geben. Die Kellerkinder haben keine Gnade zu erwarten.

München - Die Schale soll auf jeden Fall vergeben werden, und bei zwei Vereinen dürften bald noch Tränen fließen: Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat sich offenbar einen Worst-Case-Plan zurechtgelegt. Wie die Bild-Zeitung am Dienstagabend berichtete, wird der Ligaverband den Klubs der 1. und 2. Bundesliga am Donnerstag bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung mitteilen, dass es auch im Falle des Saisonabbruchs einen Meister und zwei Absteiger geben soll.

 

Laut Bild werden den Vertretern der 36 Klubs in getrennten Verfahren zwei Papiere vorgelegt. Ziel soll es sein, in beiden Ligen breite Zustimmung und juristische Verbindlichkeit zu erreichen, ehe die wegen der Corona-Pandemie unterbrochene Saison nach mehr als zwei Monaten Pause am Samstag fortgesetzt wird. Die DFL war auf SID-Anfrage zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Papier eins sieht vor, dass die Spielzeit 2019/20 bis zum 30. Juni, notfalls aber auch noch im Juli, abgeschlossen werden soll und kann. So solle vermieden werden, dass einzelne Vereine wegen am 30. Juni auslaufender Verträge Protest gegen die Ergebnisse späterer Spiele einlegen.

Bayern nach aktuellem Stand Meister

Im zweiten Papier gehe es darum, dass bei einem Abbruch der Bundesliga- und Zweitliga-Saison aus rechtlichen Gründen, etwa wegen den Spielbetrieb einschränkender Quarantäne-Maßnahmen oder des Verbots von Kontaktsportarten, die zu diesem Zeitpunkt aktuelle Tabelle der 1. bzw. 2. Bundesliga gewertet wird. Auf diese Weise solle vermieden werden, dass ein abgeschlagener Verein einen Saisonabbruch provoziert. Nach derzeitigem Stand würde also Bayern München im Oberhaus seinen achten Titel in Folge feiern, Werder Bremen und der SC Paderborn wären die Absteiger.

Allerdings könnten sich Schwierigkeiten ergeben, etwa wenn Vereine unterschiedlich viele Spiele absolviert haben, derzeit weisen Eintracht Frankfurt und der Tabellenvorletzte aus Bremen ein Spiel weniger auf als die 16 Ligarivalen. In der Handball-Bundesliga wurde beim Saisonabbruch nach der durchschnittlichen Punktzahl pro Spiel die Abbruch-Tabelle erstellt, so wurde der THW Kiel zum Meister.

Im Fußball gab es international durchaus unterschiedliche Urteile: In Frankreichs Ligue 1 etwa wurde Paris St. Germain nach Saisonabbruch zum Champion erklärt, in der niederländischen Eredivisie hingegen wurde der Titel dem Tabellenführer Ajax Amsterdam verwehrt. Absteiger gab es in beiden Ligen. Und diese begehrten gegen die Entscheidungen ihrer Ligaverbände auf, zogen teilweise vor Gericht - wohl auch, weil vorab offenbar kein Szenario für den Worst Case verbindlich abgesegnet war.

Kritik aus Politik und Gesellschaft

In der Bundesliga, die wegen ihres Hygienekonzepts und der engen Verzahnung mit der Politik von den Vertretern anderer Topligen in diesen Tagen beneidet wird, ist die Stimmung kurz vor dem Restart spürbar angespannt. Die Kritiker aus Politik, Gesellschaft und Sport sind zahlreich.

Die vom Dresdner Gesundheitsamt verhängte 14-tätige häusliche Quarantäne gegen den Zweitligisten Dynamo Dresden sorgte für zusätzliche Nervosität bei den Klubs und noch vor Wiederanpfiff der Spiele bereits für erste Verzögerungen im Ablaufplan.

„In der 2. Liga darf meiner Einschätzung nach gar nichts mehr passieren. Und in der ersten Liga darf auch nicht so viel passieren“, erklärte am Dienstag Geschäftsführer Jörg Schmadtke vom Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg. Sein Mönchengladbacher Kollege Max Eberl mahnte am Montag: „Man muss schon sagen, dass das System auf tönernen Füßen steht. Diesen Weg müssen wir alle sorgsam gehen, es gibt keinen Freifahrtschein.“