Die Ausweitung des Corona-Risikogebiets auf Südtirol hat an vielen Schulen in Stuttgart die Telefone glühen lassen. Eltern mussten ihre Kinder vorzeitig abholen und rasch eine Betreuung organisieren. Mehrere Schulen haben gleich ganze Klassen heimgeschickt.

Stuttgart - Am Freitag hat die Landesregierung Reiserückkehrer aus Südtirol aufgerufen, wegen des neuartigen Coronavirus vorläufig zu Hause zu bleiben. Dies gelte für jeden, der sich innerhalb der vergangenen 14 Tage in Südtirol aufgehalten habe, teilte das Sozialministerium am Freitag in Stuttgart mit. Diese Ansage hat vielerorts zu stressigen Szenen geführt.

 

Wer alles zuhause bleiben soll

Am Donnerstagabend hatte das Robert-Koch-Institut (RKI) auch Südtirol als Risikogebiet eingestuft. Am Freitagvormittag rief das Kultusministerium alle Personen an Schulen und Kindergärten, die in den vergangenen 14 Tagen aus Südtirol zurückgekehrt sind, dazu auf, unnötige Kontakte zu vermeiden und vorsorglich 14 Tage nach der Rückkehr zuhause zu bleiben – unabhängig von Symptomen. Kurz darauf weitete das Sozialministerium diesen Aufruf auf alle Reisende aus Südtirol aus. Wer zudem Symptome wie Fieber, Muskelschmerzen, Husten, Schnupfen oder Durchfall bekommt, soll sofort den Hausarzt oder den kassenärztlichen Notdienst (Telefon 11 61 17) anrufen. Wer Kontakt mit einem bestätigten Infektionsfall hatte, muss das Gesundheitsamt anrufen.

Was ein Schülervater berichtet

Am Freitag gegen 10.45 Uhr erhielt der Vater eines Drittklässlers den Anruf einer gestressten Sekretärin einer Stuttgarter Grundschule, er möge dringend sein Kind abholen, das – wie die ganze Familie – im Faschingsurlaub in Südtirol gewesen war. „Das Kind geht seit einer Woche wieder in die Schule“, sagt der Vater. Niemand aus der Familie habe Symptome. Doch in der Schule seien nun alle Kinder gefragt worden, wer in Südtirol gewesen sei. Da dies einige waren, hatte die Sekretärin viel abzutelefonieren. Der Arbeitgeber des Vaters hatte zunächst allerdings erklärt, Mitarbeiter, die vor der Neueinstufung von Südtirol als Risikogebiet dort gewesen seien, könnten ganz normal weiterarbeiten. Kind zu Hause, Eltern sollen arbeiten? Das sei doch absurd. Erst am Nachmittag habe auch der Arbeitgeber die Lage neu bewertet und Homeoffice vorgeschlagen.

Wie ein Schulleiter damit umgeht

Bereits am Donnerstagabend hatte Holger zur Hausen, der geschäftsführende Leiter der Stuttgarter Gymnasien und Leiter des Zeppelin-Gymnasiums, die Neueinstufung Südtirols als Risikogebiet auf der RKI-Homepage entdeckt und noch am Abend Lehrerkollegen, Schulleiterkollegen und Eltern informiert. Er selber habe aber keinen Schüler deswegen am Freitag aus dem Unterricht geholt. „Man muss sensibel damit umgehen“, meint der Pädagoge. Niemand solle stigmatisiert, kein Kind in eine Außenseiterrolle gedrängt werden, doch dies könne beim Thema Coronavirus schnell passieren, auch wenn jemand gar nicht erkrankt sei. Spätestens von Montag an sollen auch am Zeppelin-Gymnasium die Südtirol-Rückkehrer allerdings daheim bleiben – darunter auch eine Lehrerin. Klassenarbeiten sollen, so Holger zur Hausen, auf pädagogisch sinnvolle Art nachgeholt werden – „ohne dass die Kinder Nachteile haben“.

Was mit den Schulanmeldungen passiert

Am 11. und 12. März sind die Anmeldetage für die weiterführenden Schulen. „Die Anmeldungen werden ganz normal laufen“, sagt zur Hausen. Birgit Popp-Kreckel, die stellvertretende Leiterin des Staatlichen Schulamts Stuttgart, berichtet: „Wir hatten einen Anruf eines Vaters, der auch in Südtirol war: Wie kann ich mein Kind anmelden?“ Dies regle man ganz unbürokratisch: „Wer daheim bleiben soll, kann sein Kind telefonisch oder per E-Mail anmelden.“ Die persönliche Anmeldung könne dann später mit der Schule vereinbart werden.

Wie der Schulbetrieb weiterläuft

„Viele Schulen haben die Eltern angerufen, damit sie ihre Kinder abholen“, berichtet Popp-Kreckel über die Südtirol-Urlauber. „Mehrere Schulen haben sogar ganze Klassen nach Hause geschickt.“ Aber, so die Schulamtsvize: „Wir haben noch keine Rückmeldungen von Schulen, dass der Schulbetrieb nicht aufrecht erhalten werden kann.“ Es gebe ja in Stuttgart – Stand Freitagmittag – an den Schulen noch keine Infektionsfälle.

Schulveranstaltungen werden abgesagt

Das Kultusministerium hat erneut darauf hingewiesen, dass Schüleraustausche, Studien- und Klassenfahrten in die vom RKI definierten Krisengebiete untersagt sind. Dazu gehört jetzt auch die Autonome Provinz Bozen – Südtirol. „Wir haben unsere Studienfahrt im Juli in die Toscana auf Eis gelegt“, berichtet zur Hausen. „Wir versuchen, das auf September zu verschieben – die Schüler reagieren ganz besonnen darauf.“

Neue Website zum Coronavirus

Die Stadt Stuttgart bündelt die Informationen zum Coronavirus jetzt auf einer eigenen Website: www.stuttgart.de/coronavirus. Diese werde ständig aktualisiert, bietet wichtige Links und informiert auch über die Verschiebung von Veranstaltungen. So soll die erste Stuttgarter Kinderversammlung, die für den 11. März im Rathaus geplant war, verschoben werden. 250 Kinder hatten sich darauf mit den Themen Umwelt und Natur vorbereitet. Ein neuer Termin steht noch nicht fest.