Mittlerweile gibt es 25 Coronavirus-Infizierte im Kreis Ludwigsburg, drei werden in der Klinik behandelt. Die Stadt streicht, um einer weiteren Ausbreitung entgegenzuwirken, alle Großereignisse, aber auch kleinere Veranstaltungen. Die MHP-Riesen setzen den Spielbetrieb aus.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Ludwigsburg - Was sich schon anbahnte, ist seit Donnerstagnachmittag besiegelt: In den nächsten Wochen wird das kulturelle und gesellschaftliche Leben auf absolute Sparflamme heruntergedimmt. Der „Stab außergewöhnliche Ereignisse“ der Stadt Ludwigsburg hat entschieden, bis Ende April alle Großveranstaltungen abzusagen. Das betrifft alle Termine in der MHP-Arena, etwa Konzerte und die Bundesliga-Basketballspiele der MHP-Riesen. Zwar gilt das Verbot nur für Spiele mit Zuschauern, doch der Basketball-Verband beschloss gleichzeitig am Donnerstag, den Spielbetrieb der Saison 2020/2021 bis auf weiteres auszusetzen.

 

Auch das Märzklopfen mit verkaufsoffenem Sonntag in der Ludwigsburger Innenstadt wird es nicht geben. „Das sind weitreichende und schmerzliche Entscheidungen“, sagte Oberbürgermeister Matthias Knecht. Das Maß des Handelns sei aber der Schutz der Gesundheit der Bürgerschaft. Für die Mitglieder des Ludwigsburger Innenstadtvereins ist die Absage ein herber Schlag. „Die Innenstadtakteure brauchen diesen Tag und sind ziemlich verzweifelt. Und mit Blick auf Italien befürchten natürlich viele, dass es noch dicker kommt“, sagt Citymanager Markus Fischer. Man wolle alles daran setzen, im Sommer einen Ersatztermin zu finden. „Wir hoffen, dass dann auch Verdi mitspielt“, so Fischer.

Zu eng bestuhlt, zu viele Risikofaktoren

Ebenfalls gestrichen sind die Stadtgründungsfeier im Schloss und der Pferdemarkt im Mai. Die frühe Absage sei angesichts der zu erwartenden Besuchermenge „sinnvoll und vertretbar“, argumentiert OB Knecht. Die Stadtgründungsfeier habe zwar deutlich weniger Besucher, finde aber im eng bestuhlten Saal und mit vielen älteren Menschen statt – Risikofaktoren, die derzeit nicht hinnehmbar seien. Ob im Mai weitere Veranstaltungen gekippt werden, entscheidet der Stab wahrscheinlich Ende März.

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Etwas kleiner dimensionierte Ereignisse mit 100 bis 999 Zuschauern fallen ebenfalls flach – so das Eröffnungswochenende zum Jubiläum 25 Jahre Karlskaserne und die Kulturehrung. Welche Kulturveranstaltungen der Stadt betroffen sind, dazu gibt es im Internet unter www.forum.ludwigsburg.de nähere Informationen. Unter welchen Voraussetzungen Veranstalter, Kultur- und Sportvereine überhaupt noch Termine ansetzen können, dazu werde der Fachbereich Sicherheit und Ordnung demnächst informieren. „Wir empfehlen aber generell darüber nachzudenken, ob eine geplante Veranstaltung bis auf weiteres sinnvoll ist“, sagt der Erste Bürgermeister Konrad Seigfried.

Scala setzt auf „maximale Infektionsschutzmaßnahmen“

Das Ludwigsburger Scala, mit rund 500 Sitzplätzen ein mittelgroßer Veranstaltungsort, gibt bis zum Ende der Osterferien nur noch 300 Karten pro Veranstaltung in den Vorverkauf. So könnten Besucher einen Sitzplatz frei lassen und damit den empfohlenen Mindestabstand von einem Meter einhalten, informiert der Geschäftsführer Edgar Lichtner. Einzelne Termine würden eventuell noch verschoben. Ansonsten biete das Scala den Gästen „die uns möglichen maximalen Infektionsschutzmaßnahmen“, so Lichtner.

In Bietigheim-Bissingen haben die Zweitliga-Handballer ihr Spiel gegen DJK Rimpar Wölfe verlegt, auch das Topspiel der Frauen am Freitagabend zwischen der SG BBM Bietigheim und dem Thüringer HC und wird verschoben. Dasselbe gilt für das Länderspiel der Frauen am 29. März. Neben allen Veranstaltungen mit mehr als 1000 Zuschauern sagt die Stadt auch alle Veranstaltungen im Kronenzentrum, in der Kelter und im Kleinkunstkeller ab, deren Besucherzahl deutlich unter 1000 liegen. Die Stadtwerke beendeten die Eislaufsaison am Donnerstag vorzeitig.

Nachtschichten für neue Kommunikationswege

Die Zahl der Infizierten im Kreis ist unterdessen weiter gestiegen: Am Mittwochnachmittag hatte das Sozialministerium noch zwölf gemeldet, nach Stand vom Donnerstagabend waren es schon 25. Drei werden in der Klinik behandelt, sagt Landratsamt-Sprecher Andreas Fritz. Zu Alter und Geschlecht der Patienten geben die RKH-Kliniken keine Auskunft.

Die Ausbreitung des Virus führt indes nicht nur zu einer gewissen Ohnmacht, sondern in manchem Fall sogar dazu, über sich hinauszuwachsen. So haben die IT-Lehrkräfte an der Robert-Franck-Schule in Tag- und Nachtschichten eine Cloud-Lösung aufgebaut, über die Schüler und Lehrer Unterrichtsmaterialien, Dateien und Videosequenzen austauschen können, die unter Rechts- und Datenschutzaspekten wasserfest sind. An diesem System hätten die Informatiker schon länger getüftelt, jetzt erlebe es die vorzeitige Feuertaufe, sagt Schulleiter Wolfgang Ulshöfer.

Die knapp 1200 Schüler zählende Ludwigsburger Schule unterrichtet wegen eines infizierten Wirtschaftsgymnasiasten bis Ende nächster Woche nur noch die Prüfungsklassen. Sein Kollegium, sagt Ulshöfer, sei auch per Mail und Telefon mit den Schülern im Austausch, übernehme Unterricht für Kollegen in Quarantäne und bringe sich in der „nicht leichten Situation“ mit enormem Engagement ein.