Seit die chinesische Regierung die Corona-Schutzmaßnahmen im Land aufgehoben hat, breitet sich das Virus wieder rasant aus. Was dies für Reisende bedeutet, die aus dem Reich der Mitte in die EU kommen, darüber sind sich Politiker und Mediziner uneins.

Covid-19 verbreitet sich in China rasant, seitdem Peking Anfang Dezember 2022 viele Schutzmaßnahmen aufgehoben hat – so viel steht fest. Doch was daraus für Reisende folgt, die aus China in die EU kommen, ist umstritten. Zum jetzigen Zeitpunkt lehnt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Testpflicht für die Reisenden ab. Er setzt vielmehr darauf, mit anderen europäischen Staaten neue und womöglich gefährliche Coronavarianten zu erkennen und dann sofort zu reagieren. Die deutschen Amtsärzte fordern jedoch die Testpflicht.

 

Sie müsse für alle Personen gelten, die aus China in die EU einreisen, sagte Amtsärzte-Präsident Johannes Nießen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Bei einem positiven Schnelltest müsse ein PCR-Test folgen. Wer infiziert sei müsse in Isolation gehen. Das europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) sieht die Pflicht dagegen als unbegründet an. Die Mutanten von Sars-Cov-2, die in China zirkulierten, seien in der EU bekannt und somit nicht „herausfordernd“ für den Immunschutz der EU-Bürger, teilte die ECDC am Dienstag mit. Aufgrund der höheren Immunisierung in der EU-Bevölkerung sei nicht damit zu rechnen, dass der Anstieg an Covid-19-Fällen in China die epidemiologische Lage in der EU beeinflusse.

Untersuchungen an Flughäfen

Der Freiburger Virologe Hartmut Hengel weist darauf hin, dass es in Deutschland eine Basis-Überwachung der zirkulierenden Sars-CoV-2-Viren gebe, also die Sequenzierung der Virusgenome: „Sollten aus China neue Virusvarianten zu uns kommen, würden diese also zeitversetzt erkannt und analysiert werden.“ Man könne eine frühzeitigere Erfassung der aktuellen Virusimporte erreichen, wenn man Reisende aus China an den großen Flughäfen in Deutschland untersuchte: „Das wäre zweifellos sehr sinnvoll.“

Derzeit reiche es aus, wenn dies freiwillig geschehe, so Hengel: „Sollten tatsächlich erheblich veränderte Virusvarianten auftreten, könnten sich die notwendigen Maßnahmen natürlich (…) ändern.“ Entscheidend ist aus Hengels Sicht, dass sich China aus seiner „wissenschaftlichen Selbstisolation“ befreit – dass die Volksrepublik also die internationalen Datenbanken über Mutationen rasch und ungefiltert beliefert. Das sei nötig, damit sich die „restliche Welt ein frühzeitiges und objektives Bild zur Variantensituation in der Volksrepublik China machen kann.“ Dafür brauche es „die politische Erlaubnis der chinesischen Regierung für eine offene und direkte Kommunikation der Virologen und Virologinnen in der Volksrepublik China mit den Kollegen und Kolleginnen im Ausland. Diese besteht seit der Pandemie leider nicht mehr“, so der Direktor des Instituts für Virologie an der Uniklinik Freiburg.

WHO wünscht sich mehr Transparenz

Mehr Transparenz seitens der Führung in Peking wünscht sich auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie hatte China gebeten, genaue und zeitnahe Daten über die Lage zu geben – darunter auch Angaben über die Ergebnisse von Sequenzierungen sowie über den Impfstatus der Bevölkerung und die Zahl der in Kliniken sowie auf Intensivstationen behandelten Covid-19-Patienten. Die chinesische Regierung allerdings betonte, dass sie sehr wohl Angaben mache und wies den Vorwurf mangelnder Kooperation scharf zurück. Die WHO hofft gleichwohl, dass chinesische Wissenschaftler bei einem Expertentreffen detaillierte Angaben zur Viren-Sequenzierung zu machen.

Während die FDP Lauterbachs Position bei der Testpflicht für Reisende aus China unterstützt, üben Linkspartei und Union Kritik am Kurs. Es sei inkonsequent, so der CSU-Abgeordnete Stephan Pilsinger, einerseits die Maskenpflicht im Fernverkehr beizubehalten und andererseits die sinnvolle Testung der Fluggäste aus China zu unterlassen.