Die havarierte „Costa Concordia“ ist wieder aufgerichtet. Übernächtigt, aber glücklich sieht der Südafrikaner Nick Sloane aus. Er meisterte den schwersten Part bei der Bergung der Costa Concordia.

Giglio - Vor ihr vierstöckiges, schwimmendes Wohnheim direkt neben der Costa Concordia haben die Techniker eine südafrikanische Fahne gehängt: Nick Sloane, der „Salvage Master“, sprich: Meister der Bergung, soll sie immer vor Augen haben, wenn er von seinem Ponton aus die Bergung der Costa Concordia dirigiert. Am frühen Dienstagmorgen, als der 52-Jährige übernächtigt, aber glücklich in der Bar Fausto am Hafen von Giglio aufläuft, schwenkt er selbst die Fahne seines Heimatlandes. Als Allererstes aber hatte Sloane nach etwas anderem gefragt: „Kann mir jemand sagen, wo meine Frau steckt?“ Danach ging’s ans Feiern, bis um halb acht auch das nicht mehr ging. Dann musste der umjubelte Held von Giglio einfach nur noch ins Bett.

 

Es gibt nicht viele Nothelfer seiner Art

Geboren ist Sloane eigentlich in Sambia; er wohnt aber mit seiner Ehefrau Sandra und den beiden Kindern in Kapstadt – da gibt’s nicht zuletzt guten Wein, wie ihn der gesellige, immer lockere, zum Scherzen aufgelegte Sloane auch in der Toskana schätzt. Nur: Wann ist er jemals in Kapstadt? Seit 30 Jahren – „das war einfach spannender, als den Verkehr von Frachtschiffen zu managen“ – birgt Sloane havarierte Schiffe oder rettet brennende Ölplattformen irgendwo zwischen dem Golf von Mexiko, Hongkong und Brasilien. Als Titan Micoperi, das italienisch-amerikanische Konsortium zur Bergung der Costa Concordia, im Mai vergangenen Jahres eine weltweit renommierte Spitzenkraft suchte, fanden die Verantwortlichen Nick Sloane, der gerade bei einem verunglückten Containerschiff in Neuseeland zugange war. Und so viele Nothelfer seiner Art gibt es gar nicht: Die ernst zu nehmenden Firmen dieser Branche beschränken sich Fachkreisen zufolge auf ein halbes Dutzend – weltweit.

„Weinen Sie?“, fragt die Moderatorin

Als die Journalisten ihn, den gerade eben Aufgewachten, bei der Pressekonferenz am Dienstagnachmittag nach der erfolgreichen Bergung fragen, was denn der bewegendste Moment bei der Hebung der Costa Concordia gewesen sei, antwortet Sloane: „Wir haben über Funk allen Beteiligten gemeldet, dass das Schiff nach so unzählig vielen Stunden Arbeit sicher ruht, und wenn man dann die Freudenrufe von allen Booten hört und sieht, wie die Leute auf- und abhüpfen, dann . . .“ Dann bleibt ihm die Stimme weg. Die Moderatorin fragt ihn auf gut italienische Weise: „Weinen Sie?“ Sloane sagt nichts, und die Moderatorin fasst zusammen: „Er ist einfach furchtbar müde.“ Den Fragen der Neugierigen muss er sich dennoch noch stellen. Der heikelste Moment, welcher war das? „Ganz am Anfang“, sagt Sloane. „Da haben wir mit 6000 Tonnen am Wrack gezogen. Es hat sich nicht bewegt, und wir sind nervös geworden. Aber dann, bei 6200 Tonnen, da ging’s. Und dann kam das Schiff ganz perfekt hoch, wie geplant, als Ganzes. Da hat sich einiges an Spannung gelöst.“

„She“, sagt Sloane, wenn er das Schiff meint. „Wir haben sie in all den Monaten immer besser kennengelernt. Wir haben sie genau studiert. Nur so hat die Arbeit geklappt. Die ursprünglichen Pläne waren zu klein bemessen, wir mussten aufstocken.“ Zweimal zwei Wochen hat Nick Sloane in den vergangenen zwanzig Monaten Urlaub gemacht. Nun freut er sich auf zwei, drei weitere. Und seine Ehefrau mit ihm. Ohne sie wollte der „Held von Giglio“ nicht einmal seine Pressekonferenz beginnen.