Im besten Fall nützt es jungen Unternehmern und Kleinanlegern gleichermaßen: Crowdfunding, also die Finanzierung von Investitionen durch eine Masse von Geldgebern. Doch zehn Prozent der auf diese Weise in Deutschland bezahlten Projekte sind gescheitert.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Geld verdienen und dabei auch noch einer guten Idee zum Durchbruch verhelfen – das ist der Grundgedanke von Schwarmfinanzierungen. Doch zehn Prozent der Unternehmen und Projekte, die seit 2011 in Deutschland via Crowdfunding finanziert wurden, endeten in einer Insolvenz. Den beteiligten Anlegern seien damit Verluste von etwa zwölf Millionen Euro entstanden, heißt es in einer aktuellen Studie des Münchener Ifo-Instituts. Erst letzte Woche hatte der Bundestag die Anlegerschutzvorschriften für das Crowdfunding gelockert.

 

Die Ifo-Studie bezieht sich auf 743 Finanzierungsrunden, die von 2011 bis Anfang 2018 auf deutschen Crowd-funding-Plattformen erfolgreich abgeschlossen wurden. In 73 Fällen sei später Insolvenz beantragt worden, schreiben die Forscher. Unter den vom Schwarm finanzierten Unternehmen dürfte die Insolvenzquote sogar bei mehr als zehn Prozent liegen. Denn zu den insgesamt 743 betrachteten Fällen zählen auch 193 Immobilienfinanzierungen. Bei diesen war zum Zeitpunkt der Untersuchung erst eine einzige Insolvenz zu verzeichnen.

Investitionen in Start-ups sind immer riskant

Die meisten Firmen, die Crowdfunding nutzen, sind noch jung: Drei Viertel von ihnen wurden laut Ifo-Studie nach 2009 gegründet, die Hälfte war zu Beginn der Finanzierung nicht einmal drei Jahre alt. Verglichen mit anderen Neugründungen sei die Insolvenzquote dennoch hoch, meint Sandra Gottschalk vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim: Von den drei Millionen Unternehmen, die zwischen 2003 und 2016 in Deutschland gegründet wurden, hätten innerhalb der ersten fünf Jahre sieben Prozent Insolvenz angemeldet.

Allerdings werden Crowdfunding-Portale in besonderem Maße von Start-ups genutzt, die Innovationen versprechen. Bei Unternehmen mit neuen – also auch nicht bewährten – Geschäftsmodellen ist eine Insolvenzquote über zehn Prozent nicht ungewöhnlich. Nur dass in der Vergangenheit praktisch nur Profis in solche Firmen investierten – Kleinanlegern war dies vor Eröffnung der Crowdfunding-Plattformen praktisch nicht möglich.

Bundestag erhöht Betragsgrenzen

Um Privatpersonen vor den mit solchen Risiken verbundenen Investments zu schützen, hat der Gesetzgeber die Anlagebeträge schon 2015 gedeckelt: Wer mehr als 1000 Euro in ein einzelnes Projekt investieren will, muss bei der Crowd-funding-Plattform eine Selbstauskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse abgeben. Darüber hinaus galt bisher eine absolute Obergrenze von 10 000 Euro, die letzte Woche vom Bundestag auf 25 000 Euro angehoben wurde.

Erhöht wurde zudem der Schwellenwert, ab dem Unternehmen für eine Schwarmfinanzierung einen Wertpapierprospekt erstellen müssen. Künftig sind Finanzierungsrunden bis zu einem Volumen von sechs Millionen Euro von dieser Pflicht befreit, zuvor lag die Grenze bei 2,5 Millionen Euro.

Kritik von Anlegerschützern

Anlageschützer beurteilen die Lockerungen kritisch. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) wies in einer Stellungnahme darauf hin, dass die Idee des Crowdinvestings gerade darin bestehe, Projekte mit einer Vielzahl von Kleinbeträgen zu finanzieren. „Sofern einzelne Personen mehr Geld investieren möchten oder aber ein Projekt größere Beträge von einzelnen Personen einsammeln möchte, wäre vielleicht eine andere Form als das Crowdfunding zu bevorzugen.“ Auch die Änderungen bei der Prospektpflicht lehnte die DSW ab.

Der Bremer Finanzprofessor Lars Hornuf, einer der Autoren der Ifo-Studie, ist anderer Meinung: „Wertpapierprospekte sind für Kleinanleger zu umfangreich und praktisch unlesbar“, sagte Hornuf unserer Zeitung. Das Argument, Prospekte seien als Grundlage für etwaige Klagen gegen den Herausgeber trotzdem unverzichtbar, gelte nur auf dem regulierten Kapitalmarkt, „weil ein Unternehmen, das im Prospekt falsche Angaben gemacht hat, dann von professionellen Investoren vor Gericht gebracht wird. Ob es sich aber für Kleinanleger lohnen würde, bei Verlust eines Crowdfunding-Investments von 1000 Euro einen Anwalt zu beauftragen, ist zweifelhaft.“

Die Ifo-Studie zeigt übrigens, dass der Schwarm inzwischen mehr Geld in Immobilienprojekte steckt als in Start-ups. Bei den auf Immobilien spezialisierten Crowdfunding-Plattformen sind die Ausfallraten bislang gering. Vergangene Woche meldete allerdings eine Immobiliengesellschaft im Taunus Insolvenz an, die zwei Projekte über die Plattform Zinsland finanziert hatte. Betroffen sind fast 1000 Anleger, die insgesamt knapp 1,9 Millionen Euro in die Bauprojekte gesteckt hatten. Über „die Möglichkeit auf Rückzahlung kann derzeit keine belastbare Aussage getroffen werden“, teilte Zinsland mit.