Angst vor der Modedroge Crystal und Sorgen wegen des millionenfachen Missbrauchs von Alkohol und Tabak - wie können die Suchtstoffe eingedämmt werden? Erstmals gibt es einen direkten Vergleich zwischen alternativem und offiziellem Suchtbericht.
 

Angst vor der Modedroge Crystal und Sorgen wegen des millionenfachen Missbrauchs von Alkohol und Tabak - wie können die Suchtstoffe eingedämmt werden? Erstmals gibt es einen direkten Vergleich zwischen alternativem und offiziellem Suchtbericht.

 
Berlin - Unterschiedlicher können Berichte zu Drogen und Sucht in Deutschland nicht ausfallen. „Auf den Erfolgen der Drogen- und Suchtpolitik der vergangenen Jahre können wir aufbauen“, schreibt die Drogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) im Vorwort des Regierungsberichts, den sie am Montag in Berlin vorstellte. Hingegen stellen kritische Suchtexperten in ihrem vor wenigen Tagen präsentierten alternativen Drogenbericht fest: „Uns erscheint es, als würde die Lücke zwischen dem Wissen über das, was drogenpolitisch wirkt und dem, was tatsächlich umgesetzt worden ist, immer größer.“ Was sind die Hauptprobleme - und was könnte helfen?
 
Mit am stärksten richtet sich das Augenmerk bei der Präsentation des Regierungsberichts auf die Modedroge Crystal. In der vergangenen Woche wurde der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann damit in Verbindung gebracht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Drogenverdachts. Es sind Bilder von eingefallenen Gesichtern langjähriger Suchtkranker, die Crystal als Monsterdroge bekannt und gefürchtet gemacht haben. Vor allem in der Nähe zu Tschechien geht die Angst vor der hochaggressiven Droge aus tschechischen Drogenküchen um - aus dem Mittel zum Aufputschen wird bei vielen ein Mittel des Verfalls.

Mortler sieht Crystal noch nicht auf einem Siegeszug durch das ganze Land. Zu Hartmann sagt sie nicht viel, die Ermittlungen liefen, er sei Teil der Gesellschaft. Die tückische Droge breite sich im Grenzgebiet aus und komme auch in manchen Großstädten vor, aber: „ Crystal Meth ist nicht überall angekommen.“ Allerdings sagt sie auch: Eine gefestigte Datenlage gebe es nicht. Nötig seien „neue Konzepte in der Prävention“.

Rund 5,6 Millionen Menschen seien nikotinabhängig

Mortler lässt damit offen, was sie von Forderungen des alternativen Drogenberichts hält. Dort stellen die Experten verklausuliert fest, dass Crystal wohl nicht so schnell wieder verschwinden werde - und es wenig helfe, den Stoff bis aufs Äußerste zu verteufeln. „Entwicklung von Drogenmündigkeit“ könne vielmehr helfen, Crystal-Konsumenten nicht einer zerstörerischer Entwicklung auszusetzen.
Insgesamt sind laut einer aktuellen Erhebung des Instituts für Therapieforschung in München 319 000 Erwachsene abhängig von illegalen Drogen - und die Zahl der Alkoholabhängigen ist demnach in den vergangenen Jahren deutlich auf 1,8 Millionen gestiegen. Rund 5,6 Millionen Menschen seien nikotinabhängig. Auch Mortler sagt mit Blick auf die fast zehn Liter reinen Alkohol pro Kopf und Jahr in Deutschland, es sei ein europäischer Spitzenwert im negativen Sinne.

Was ist zu tun? Der alternative Drogenbericht stellt fest: „Preiserhöhungen durch Besteuerung von Alkoholika sowie die Reduzierung der Verfügbarkeit von Alkohol haben nachweislich die größten Effekte auf die Reduzierung des Alkoholkonsums.“

Von höheren Steuern und Einschränkungen beim Verkauf ist bei der Bundesdrogenbeauftragte nicht die Rede. Mortler will allerdings die Industrie anhalten, ihre Selbstverpflichtungen in punkto Alkoholwerbung einzuhalten - ansonsten ist Aufklärung und Vorbeugung von Kindesbeinen an sowie gezielter als bisher bei den besonders betroffenen jungen Erwachsenen ihr Credo.

25,7 Prozent der Über-15-Jährigen in Deutschland rauchen laut dem offiziellen Drogenbericht - auch hier setzt Mortler auf ähnliche Rezepte wie beim Alkohol. Mit ihrer schon einige Tage alten Ankündigung, ein Tabakwerbeverbot auch auf Plakaten erreichen zu wollen, trifft Mortler bei Zigaretten darüber hinaus durchaus Forderungen, die auch die Autoren des alternativen Berichts erheben.
Nun ist ein Jahr Zeit. Dann können Interessierte sehen, ob sich die Haltungen der kritischen Experten und die der Regierung angleichen. Nach der Premiere 2014 soll der Alternativbericht nun ebenso wie der offizielle Report jährlich erscheinen.