CSD in Stuttgart Wie Danny Dombrowski zur Drag Queen wird

Circa drei Stunden braucht Danny Dombrowski für die Verwandlung in Danny ma Fannay. Foto: Sandra Belschner

Seit sieben Jahren verwandelt sich der Stuttgarter Danny Dombrowski regelmäßig in die Drag Queen Danny ma Fanny. Wir waren bei der dreistündigen Verwandlung dabei.

Filderzeitung: Sandra Belschner (sbr)

Als Danny Dombrowski am Samstagmorgen kurz nach acht Uhr die Tür zu seiner Wohnung in Stuttgart-Ost öffnet, sind seine kurzen, dunklen Haare bereits abgeklebt. Seine braunen Augen sind hinter blauen Kontaktlinsen verborgen. Auf dem Esstisch stehen Dutzende Tiegel und Döschen mit Make-up-Produkten und Pinseln bereit. Routiniert und im Rhythmus der Musik, die im Hintergrund läuft, schminkt sich der 30-Jährige und verwandelt sich mit jedem Schritt mehr in die Drag Queen Danny ma Fanny. Seit rund sieben Jahren tritt er als diese in Stuttgart und ganz Deutschland auf. Beim Stuttgarter CSD dabei zu sein ist für den gebürtigen Leipziger eine Selbstverständlichkeit.

 

Eigentlich wäre er auch gerne zur Parade nach Berlin gefahren, die zur gleichen Zeit stattfindet. Aber Danny schätzt die kleine Blase im Kessel, die er sich mittlerweile aufgebaut hat. „In Berlin bist du eine von vielen. Hier erkennen mich die Leute und wenn man sich schon so viel Mühe mit seinem Aussehen gibt, ist das eine schöne Wertschätzung“, erzählt Danny und zieht sich einen schwarzen Lidstrich. Negative Erfahrungen, zum Beispiel mit Homophobie, hat er in Stuttgart zum Glück noch nicht gemacht. Trotzdem achtet er auf einige Dinge, wenn er als Drag Queen durch die Stadt zieht - nie alleine Bahn fahren zum Beispiel.

„RuPaul’s Drag Race fand ich zuerst furchtbar“

Sieben Jahre ist es mittlerweile her, seit Danny Dombrowski die Drag-Welt für sich entdeckt hat. Den Anstoß dafür, sich selbst mal beim Schminken und Zurechtmachen auszuprobieren, gab ihm die Sendung „RuPaul’s Drag Race. „Als ich die erste Folge gesehen habe, fand ich es zuerst furchtbar“, sagt er und lacht, „das war mir alles ein bisschen zu viel und zu schrill“. Doch der gelernte Hairstylist findet Gefallen an den pompösen Outfits, den schillernden Make-ups und Frisuren - am „Spiel mit dem Geschlecht“. Spätestens als er die anderen Drag Queens in High Heels laufen sah, wusste er: Das will ich auch, erinnert er sich. In den vergangenen Jahren ist er zu einer kleinen Berühmtheit in der Szene geworden, 16.000 Menschen folgen ihm auf Instagram, im vergangenen Jahr saß er in der Jury der Unterhaltungsshow „Viva la Diva“. Verändert habe ihn der Erfolg nicht. Dennoch sieht er sich als Vorbild für Menschen, die „gerade erst dabei sind, mit Drag anzufangen“. Er selbst schlüpft etwa einmal pro Woche in die Rolle.

Eigentlich beschreibt sich Danny als eher zurückhaltend. Andere Drag Queens sind ihm manchmal zu schrill und zu laut. Doch Make-up und Perücke helfen ihm, extrovertiert zu sein. Mittlerweile ist es kurz nach zehn Uhr und die Bewegungen von Danny werden etwas hektischer. „Vor so einem Tag bin ich immer sehr nervös“, gesteht er, „vor allem weil ich sehr perfektionistisch bin“. Er sucht seine Ohrringe in der Wohnung und klebt sich fast beiläufig rot schimmernde Fingernägel auf. Der wichtigste Teil beim Make-up sind für ihn die Wimpern und die Lippen. Auch wenn er wenig Zeit hätte, würde er ohne diese geschminkt zu haben, nicht das Haus verlassen. Denn die machen für ihn bei der Verwandlung den größten Unterschied aus.

Zum Schluss klebt er seine Perücke mit Haarkleber an und verziert diese mit einem Blumenschmuck. Dann kann es losgehen. Umziehen wird sich Danny in der Stadt. Große Erwartungen an den heutigen CSD hat er nicht, er freue sich einfach darauf, dass Stuttgart bunt wird und hofft, dass viele Menschen kommen, erzählt er im Auto, in dem er wegen des Blumenschmucks gekrümmt sitzen muss. Beim Gang durch die Stuttgarter Innenstadt sind die Blicke, die der 30-Jährige auf sich zieht, nicht zu übersehen. Fallen ihm diese noch auf oder gewöhnt man sich mit der Zeit daran? „Ich nehme das schon noch war“, sagt er, „es gibt entweder die, die mich bewundern oder die, die mich abfällig anschauen“. Mit politischen Statements hält sich Danny ma Fanny zurück. „Drag sein, ist politisch genug“, findet er.

Im Dirndl zur Pride

Der letzte Schritt der Verwandlung – das Outfit – steht an. Das ist für ihn diesmal eine Premiere: Der Stuttgarter schlüpft in ein weißes Dirndl mit Regenbogenschürze. Doch die klassische Länge war Danny viel zu konservativ, deswegen wurde der Rock für ihn auf 37 Zentimeter gekürzt. „Meine Beine mag ich am liebsten an meinem Körper, sagt er und posiert vor dem Spiegel, „die muss man sehen“. Kurz vor zwölf geht es los in Richtung Feuersee zur Aufstellung der Parade. Unterwegs hält Danny immer wieder an, weil er um Fotos gebeten wird. Dann tauscht er die High Heels für den Weg kurz gegen flache Schuhe, damit es schneller geht.

Nach der Parade sprudelt die Euphorie aus ihm heraus: „Auch wenn das Wetter nicht so mitgespielt hat, war es super! Die Stimmung ist grandios“. Für die Drag Queen steht an diesem Tag noch viel an: In dem Tattoo-Studio, in dem er arbeitet, hat er einen Walk-in organisiert, bei dem man sich spontan ein Motiv stechen lassen kann. Gegen später tritt er bei einer Show als Danny ma Fanny auf. Zum Abschminken am Abend braucht er übrigens nur fünf Minuten, verrät er.

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