Er ist ein Einzelkämpfer, seine Art macht viele Parteikollegen nervös. Doch auf Peter Gauweilers Worte sollten sie lieber achten.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Wenn Peter Gauweiler im Gespräch auf einen seiner Lieblingsausdrücke – „Bavarität“ – kommt, fängt er zur Überraschung mancher gern von Léopold Senghor an. Der war von 1960 bis 1980 Staatschef des Senegal und prägte eine bestimmte Form des afrikanischen Selbstbewusstseins. Unter „négritude“ fasste Senghor zusammen, dass Afrika eine eigene, andere, aber gleichberechtigte Würde und Kultur habe. Wenn er wollte, könnte Gauweiler das umfangreiche Kapitel bis hin zu Sartres Erörterungen über das „Schwarze Subjekt“ ausdehnen, natürlich kann man ihm widersprechen.

 

Der Senegal musste sich vom blutigen Kolonialismus emanzipieren, während der Freistaat Bayern ein zunächst föderal und dann in Eigenverantwortung luxussaniertes Bundesland ist, das mitunter ein wenig ein Identitätsproblemen hat, mehr aber nicht. Gauweiler fehlt einfach grundsätzlich etwas außer„Bavarität“. In Wirklichkeit meint der CSU-Politiker, geistige Auseinandersetzung, Mut zum Streit.

Es geht ihm einfach ums Prinzip

Sein letzter Coup war die Karlsruher Klage gegen den dauerhaften Rettungsschirm ESM, wobei Gauweiler nicht Coup sagen würde. Es geht ihm einfach ums Prinzip der parlamentarischen Selbstbestimmung, und die sieht er verletzt. Die Klage kostete ihn einen „fünfstelligen Eurobetrag“, was sich der Bundestagabgeordnete Gauweiler, im Hauptberuf beteiligt an einer gutgehenden Kanzlei, allerdings leisten kann. Im vergangenen Jahr beim Nürnberger Parteitag der CSU durfte Ex-Umweltminister Gauweiler, ein Mann von nunmehr 63 Jahren, sein kleines Revival in der Partei erleben. Horst Seehofer hatte bauernschlau erkannt, dass es sich lohnen könnte, europaskeptische Menschen in oder im Bannkreis der CSU mit der Figur Gauweiler zu binden. Gauweiler indes, nicht zum Dienen geboren, packte die Chance beim Schopf und hielt nicht nur eine teils brillante, gar nicht mal grundsätzlich europafeindliche Rede, sondern kandidierte auch gleich für den stellvertretenden Parteivorsitz.

Wie wenig mutig die CSU geworden ist, konnte man danach daran ablesen, dass nicht nur en bloc die Europaabgeordneten zum gleich tremolierenden Preisgesang aufgeboten wurden, sondern auch sofort die Oberbayern unter der Regie von Ilse Aigner dem geschwächten und zur Disposition stehenden Peter Ramsauer beisprangen. Gauweiler scheiterte – vergleichsweise triumphal. Dennoch schauten die Granden der CSU nach seinem Abgang unsicher auf der Parteitagsbühne umher, als habe Gauweiler am Ende womöglich doch ein Päckchen selbstzündendes Dynamit vergessen.

Er hat weniger Berührungsängste

Danach wusste man nicht, was anfangen mit dem Mann, und weiß es bis heute nicht. Vielleicht ist Peter Gauweiler als bekennender Einzelkämpfer auch nicht integrierbar. Es gibt einfach zu viele Dinge an ihm, die normale Figuren des Apparats in der CSU nervös machen. Zum Beispiel, dass er seit Jahren im „Münchner Merkur“ einen wöchentlich dokumentierten Briefwechsel mit Münchens Oberbürgermeister Christian Ude pflegt, in dem immer wieder deutlich wird, wie schwer es zwei selbst denkende Menschen in Parteiuniform haben. Nun wird die Rubrik eingestellt, weil die Zeitung selbst es zu kokett findet, wenn Ude, Spitzenkandidat der SPD für die Landtagswahl, mit Gauweiler korrespondiert.

Immerhin hat Gauweiler bei dem Leitantrag des Parteivorstands „Zukunft Europa“ ein wenig die Feder geführt, und es würde ihn freuen, „wenn er so beschlossen wird“. Noch mehr freuen würde sich Gauweiler, „wenn wir uns auch dran halten“. Was hieße, dass sich die CSU in Zukunft stärker für Volksabstimmungen im Allgemeinen wie – im Gegenzug zur Globalisierung – speziell für die Stärkung der Kommunen einsetzt. Die CSU, der generell ein wenig mehr „Gauweilerität“ guttäte, sollte aufhorchen, wenn er sich zu Wort meldet. Er hat weniger Berührungsängste gegenüber Andersdenkenden als viele andere in seiner Partei.