Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Das hat auch die Kanzlerin die CSU bei ihrem Kurzbesuch noch einmal zu spüren bekommen, als sie die Mitglieder der Landesgruppe im Kreuther Keller erneut „um etwas mehr Zeit“ bei der Bewältigung der Flüchtlingsproblematik bat. Eindringlich warb sie, laut Teilnehmern, für eine „europäische Lösung“, die freilich die CSU-Abgeordneten in weiter Ferne sehen. Offenbar gab es sehr viele kritische Nachfragen, namentlich vom ehemaligen CSU-Vorsitzenden Stoiber, der mittlerweile aussprechen kann, was viele in der Partei denken, ohne gleich derart unliebsam aufzufallen wie sein Nachfolger beim letzten Parteitag.

 

In der Sache betrachtet, ist Horst Seehofer – dem ebenfalls öffentlich an einer Deeskalierung gelegen war – aber eigentlich keinen Millimeter vom Parteitagsbeschluss des „So geht es nicht weiter!“ abgewichen. Eher im Gegenteil hat er seine Position noch einmal akzentuiert, als er „in aller Ruhe“ eine „in allen Facetten notwendige Wende in der Flüchtlingspolitik bis zum Ende des Jahres 2016“ verlangte. Allein schon wegen der AfD, die durchaus in der Lage sein könnte, der Union bei den anstehenden Landtagswahlen Stimmen wegzunehmen, komme es, so Seehofer, „existenziell auf mutige Entscheidungen“ an.

Seehofer hat hohe Zustimmungswerte

Ergo blieb er auch bei seiner Forderung nach der Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen im Jahr, eine Zahl, die bald schon wieder erreicht sein dürfte. „Abgerechnet“ werde an der Grenze, schickte Seehofer der Kanzlerin hinterher. Dass er zumindest den Großteil der bayerischen Bevölkerung, also nicht nur den der CSU-Wähler, hinter sich hat, dessen ist sich Seehofer gewiss. In den neuesten Umfragen liegt die CSU zwar nur bei 45 Prozent (was allerdings ohne eine FDP im Landtag zur absoluten Mehrheit reichen würde), der Parteivorsitzende hingegen hat Zustimmungswerte im hohen Sechziger-Bereich. Einen Freistaat ohne Seehofer an der Spitze, der in der Hauptstadt mitregiert, können sich derzeit die wenigsten vorstellen: Seehofer ist die CSU.