Deutschland wird aber nicht mehr nur in der Heimat oder am Hindukusch verteidigt, sondern auch am Laptop. Um die Truppe gut aufzustellen, bündelt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die vorhandenen Einheiten und intensiviert die Ausbildung.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Neben Heer, Marine und Luftwaffe – den klassischen Teilstreitkräften der Bundeswehr – und den etablierten Organisationseinheiten von Streitkräftebasis und Sanitätsdienst stellt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) jetzt eine eigene Truppe für den Kampf an Laptop, Bildschirm und Tastatur auf. Rund 13 500 Soldaten und Zivilisten sollen von Frühjahr 2017 an dem neu gegründeten Organisationsbereich Kommando Cyber- und Informationsraum (CIR) unterstellt werden. Ihre volle Leistungsfähigkeit soll die neue Truppe nach dem Willen der Ministerin in fünf Jahren erreicht haben.

 

Als Chef des neuen Kommandos will von der Leyen einen Dreisterne-General mit Erfahrung und Affinität in Sachen Computertechnik als eigenständigen Inspekteur installieren. Schneller will von der Leyen die Umstrukturierung im Verteidigungsministerium selbst bewerkstelligen: Schon Ende dieses Jahres soll die 130 Mitarbeiter starke Cyber-Abteilung mit einem Zivilisten an der Spitze arbeitsfähig sein.

Attraktives Ziel für Angreifer aus dem Cyberspace

Mit der Bündelung der vorhandenen, bisher aber hauptsächlich in der Streitkräftebasis verstreuten Kräfte will die Ministerin auf die wachsenden Bedrohungen aus dem Internet auch für die Streitkräfte reagieren. „Die Bundeswehr ist ein Hochwertziel für diejenigen, die ihr schaden wollen“, sagte von der Leyen. Die Truppe müsse in der Lage sein, sich selber zu schützen und das Land zu verteidigen. Mit rund 250 000 Soldaten und zivilen Mitarbeitern, die allein täglich 1,1 Millionen Emails produzieren, sowie vielen Waffensystemen mit digitaler Steuerung bietet die Bundeswehr ein breites Angriffsziel. 71 Millionen sicherheitsrelevante Ereignisse, darunter 7200 Infektionen mit Schad-Software, hat die Bundeswehr nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium im vergangenen Jahr in ihren Netzen registriert. Die größten Sorgen bereitet den Experten um von der Leyen aber nicht die Millionenwerte, sondern eine zweistellige Zahl von hochrangigen und sehr komplexen Angriffen, deren sich die Truppe erwehren musste.

Der Hauptauftrag der künftigen Cyber-Soldaten ist nach von der Leyens Worten nicht die Attacke, sondern die Verteidigung und Abwehr von Angriffen aus dem Netz. Allerdings gibt es für die Ministerin offenbar keine rote Linie. Im Verteidigungsministerium heißt es, Cyberangriffe durch Bundeswehrsoldaten seien nur im Rahmen von Auslandseinsätzen mit einer ausdrücklichen Mandatierung für digitale Angriffe denkbar.

Eigener Studiengang für Cyber-Sicherheit

„Wir suchen nicht mehr nur Sportskanonen sondern auch händeringend Nerds“, hieß es im Verteidigungsministerium. Um Personal für die Cyber-Armee zu rekrutieren, will von der Leyen bis 2018 einen Studiengang für 70 Studenten an der Bundeswehr-Universität in München einrichten. Darüber hinaus soll dort ein Forschungs-Cluster für Cyber-Sicherheit entstehen.

Für die SPD dringt der Verteidigungsexperte Rainer Arnold darauf, dass die parlamentarische Kontrolle in diesem Bereich sichergestellt werden müsse. Die SPD-Politiker Agnieszka Brugger und Konstantin von Notz monieren von der Leyens „fatalen Kurswechsel“. Natürlich müsse sich auch die Bundeswehr auf neue Bedrohungslagen einstellen. „Statt sich auf den wichtigen Schutz der eigenen IT-Infrastruktur zu konzentrieren, will die Verteidigungsministerin die Bundeswehr künftig auch für IT-Angriffe einsetzen.“