Die Digitalisierung gilt als Maß für Innovation und Garant für die Standortsicherung. Doch mit der Vernetzung wächst auch das Potenzial für Cyberangriffe. Der Verfassungsschutz registriert eine deutliche Zunahme.

Potsdam - Die potenziellen Angriffsflächen für Cyberattacken in Deutschland wachsen nach Einschätzung des Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, im Zuge der Digitalisierung rapide an. Qualität und Quantität nachrichtendienstlich motivierter Angriffe seien erheblich gestiegen, sagte Maaßen am Donnerstag auf der Potsdamer Konferenz für Nationale Cybersicherheit. Für die Spionageabwehr bedeute die Digitalisierung eine exorbitante Ausweitung der Mittel und des Aufgabenbereichs.

 

Ziel der Angriffe seien nicht nur Regierungsstellen und Unternehmen, sondern auch Forschungseinrichtungen oder Schulen, sagte Maaßen auf der Konferens des Hasso-Plattner-Instituts (HPI). Und es gebe Indizien, dass solche Angriffe unter anderem aus China, dem Iran, aber auch aus Nordkorea gezielt gesteuert würden. Während russische Hacker wie die Gruppe APT28, die hinter dem Angriff auf das Netz der Bundesregierung verortet wird, auf bestimmte Ziele fokussiert seien, gingen Gruppen aus China oft nach dem „Staubsaugerprinzip“ vor. Auch aus dem Iran habe man seit 2012 Aktivitäten registriert.

Digitalisierung ein zentraler Zunkunftsfaktor

Die Digitalisierung sei trotz der Risiken ein zentraler Zukunftsfaktor für Deutschland, betonte Hendrik Hoppenstedt, Staatsminister im Bundeskanzleramt. „Die Digitalisierung bedarf aber auch moderner Sicherheitsinfrastruktur.“ Die Bundesregierung wolle deshalb die Zusammenarbeit von Bund und Ländern deutlich verbessern. Das dem Innenministerium unterstellte Cyberabwehrzentrum solle dabei die Zusammenarbeit und auch mobile Einsatzteams bei der Abwehr von Angriffen koordinieren. Zudem soll die Rolle des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik BSI als zentrale Stelle für Zertifizierungen und Standardisierungen gestärkt werden.

Arne Schönbohm, Präsident des BSI, wies darauf hin, dass die Menschen in Deutschland noch längst nicht in einer völlig digitalisierten Welt lebten. „Ich bin zumindest noch nicht mit einem autonomen Fahrzeug heute zur Konferenz gekommen.“ Digitalisierung sei aber die Grundvoraussetzung für Innovationen. Es gelte deshalb aktuell, einheitliche Standards für Sicherheit und den Umgang mit digitalen Daten zu etablieren. Dabei müsse auch der „Risiko-Appetit“ abgewogen werden. Bei einer Grußnachricht per E-Mail müssten andere Sicherheitsanforderungen greifen als etwa bei der Gesundheitskarte.

Bedrohung für freie Demokratien

Das Internet der Dinge trägt nach Einschätzung von Maaßen massiv am Wachstum der potenziellen Angriffsflächen für Cyberkriminelle bei. „Das Internet of Things entwickelt sich zunehmend zu einen Internet of Threats“, sagte Maaßen. Am Ende könne das auch zu eine Bedrohung für freie Demokratien werden. Die Demokratie müsse aber auch im Internet wehrhaft bleiben.

Cybersicherheit sei aber kein Thema mehr allein für Spezialisten, sagte Christoph Meinel, Chef des Hasso-Plattner-Instituts. Sie erfordere größere Aufmerksamkeit in der ganzen Bevölkerung. „Alle Nutzer sind gefragt.“ Nach den großen Datenskandalen etwa von Cambridge Analytica herrsche in der Bevölkerung mitunter eine Art Schizophrenie. Einerseits gebe es große Aufregung, auf der anderen Seite gingen die Menschen äußerst lax mit ihren Daten um.