Der Ludwigsburger Theatersommer eröffnet mit der Komödie „Cyrano“ sehenswert den Spielbetrieb.

Ludwigsburg - Gérard Depardieu verhalf ihm im Kino zu neuer Popularität. Seitdem ist die zweitberühmteste Langnase der Literatur, Cyrano de Bergerac, auch auf deutschen Bühnen zuhause. Dass der hässliche Haudegen mit dem poetischen Herzen gut unterhalten kann, bewies jetzt auch die Auftaktpremiere des Ludwigsburger Theatersommers im Cluss-Garten. Dort hat der Intendant Peter Kratz das romantische Versdrama „Cyrano“ von Edmond Rostand in einer eigenen, freien Textfassung auf die Freiluft-Bühne gebracht.

 

Das Stück fleißig umgemodelt

Eine Fünfpersonen-Beziehungskiste hat Kratz daraus gemacht, mit der selbstbewusst-pfiffigen Roxanne im Mittelpunkt. Hinter der sind sie alle her: der sehr hübsche und recht dumme Christian (Sina Peris), der fiese Grapscher und Machtmensch Graf Guiche (Marius Hubel) und der wortgewandte, leicht cholerische Haudrauf Cyrano. Letzterer läuft aber nicht wie im Original Roxanne hinterher, sondern – der Familienähnlichkeit sei Dank – vielmehr den Erinnerungen an ihre verstorbene Mutter Madeleine: wohl ein Kunstgriff um der Glaubwürdigkeit Willen, besteht der Altersunterschied zwischen Andreas Klaue (Cyrano) und Mirjam Birkl (Roxanne) doch in mehr als ein paar Jährchen. Aber gerade diese Handlungsänderung nimmt der Titelfigur etwas von ihrem rührenden, selbstquälerischen Drang, ihr Glück ausschließlich im Unglücklichsein zu suchen. Das macht den Abend ein bisschen klamottös. Denn das lyrische Liebesbriefschreiben Cyranos für Christian, der damit das poesieverliebte Herz Roxannes im Sturm gewinnen kann, ist am Ende dann doch nur ein Ghostwriter-Job. Die zweitberühmteste Balkonszene der Theatergeschichte, in der Cyrano seinem Kumpel beim Liebesgeflüster wortgewandt souffliert, ist aber trotzdem sehr lustig. Weil das Ensemble eben quicklebendig, slapstickfreudig und Florett fechtend bei der Sache ist. So auch die fünfte im Bunde, Annette Potempa, die die leicht intrigante Madame Le Bret als barocke Domina spielt und auch mit schönen Gesangseinlagen erfreuen kann.

Stimmige Inszenierung

Überhaupt wird Musik gekonnt eingesetzt, weil sie meist mit Querverweisen spielt (ob der „Fluch der Karibik“ zitiert wird oder ein Werbespot). Gespielt wird zwar in historisierenden Kostümen, doch ständig wird die Bühnenillusion ironisch gebrochen: „Kannst du überhaupt auf Anhieb heulen?“, fragt Cyrano Christian oder unterbricht die Vorstellung eigenhändig: „Ich bin der Hauptdarsteller, ich brauch jetzt ‚ne Pause.“ Gute Unterhaltung bringt nicht zuletzt die wortwitzige Bearbeitung, die gespickt ist mit hübschen Aphorismen. Und Cyrano wäre nicht Cyrano, wenn er auch im grotesken Outfit eines Außerirdischen Sprachvirtuose bliebe.