Jede Fußballmeisterschaft hat ihren eigenen Sound. Pünktlich zur Euro 2016 gibt es wieder eine Vielzahl an wenig guten, aber vielen schlechten Liedern. Bei uns gibt es einen  musikalischen Vorgeschmack.

Frankreich - Fast nichts ist bei einer Fußballmeisterschaft emotional erhebender als eine eingängige, alle vereinende Hymne (außer dem Pokal natürlich). Immer wieder gern gehört: der EM-Klassiker von 1996 „Football’s coming home“ von den Lightning Seeds oder auch der Alltime-Favorite „’54, ‚74, ‚90, 2006“ von den Sportfreunden Stiller – das war allerdings ein WM-Song. Weniger gerne oder gar nicht hört man zum Beispiel den offiziellen Euro-Song von 2012: „Endless Summer“ von Oceana – ein Lied so nichtssagend wie so viele Lieder der Kategorie Dancefloor-Pop (oder war es Euro-Dance?). Ebenso überflüssig: „Feel the Rush“ von Shaggy zur EM 2008. Aus gegebenem Anlass eine Übersicht der EM-Songs 2016 – offizieller, inoffizieller, überflüssiger und relevanter Art.

 

Der Offizielle

„This one’s for you“ ist der offizielle Song-Beitrag zur Euro 2016 aus Frankreich. Er stammt aus der Feder von David Guetta, dem megaerfolgreichen französischen DJ. 2005 hatte er mit „The World is mine“ einen Hit, der in den Clubs in Europa rauf und runter lief. In einem Artikel über den Tausendsassa in der Zeitung „Die Welt“ stand einmal treffend: „Die einen halten Guetta für eine weltweite Landplage biblischen Ausmaßes. Weit mehr halten ihn allerdings für einen Stellvertreter Gottes auf den Tanzflächen der Erde.“ Man muss dieses Genre schon mögen, um dem EM-Song „This one’s for you“ etwas abgewinnen zu können. Auch hier hält der französische Dieter Bohlen an seinem Erfolgsrezept fest und staffiert sein Stück mit Stadionchören und „Hey“-Rufen aus. Am Mikrofon singt die schwedische Sängerin Zara Larsson und wertet das Dancefloor-Gezuckel mit einer halbwegs eingängigen Melodie und ihrer klaren Pop-Stimme auf.

Der Hit

„Wir sind groß“ des sympathischen Sängers Mark Forster („Au revoir“) aus dem pfälzischen Winnenden ist der offizielle EM-Song des ZDF. Darin singt er gefühlig und symbolisch passend zur Meisterschaft: „Wir fliegen weg, denn wir leben hoch, gewinnen alles und gehen k.o., wir brechen auf, lass die Leinen los, die Welt ist klein und wir sind groß.“ Das Stück hat Ohrwurm-Qualitäten und die richtig dosierte Portion Pathos, wenngleich es ein wenig behäbig daher kommt. Ein bisschen mehr Beat nach vorne hätte dem potenziellen Hit unter den EM-Songs gut gestanden. „Der Traum meines 14-jährigen Ichs ist wahrgeworden“, hat Mark Forster in einem Interview gesagt, der für das ZDF nicht nur die EM-Hymne liefert, sonder auch als Außenreporter und gelegentlicher Studiogast im Einsatz sein wird.

Der Schuss in den Ofen

„Jeder für jeden“ heißt das Stück, das die ARD zu ihrem EM-Song erkoren hat. Es ist eine Ko-Produktion zwischen dem 60-jährigen Erfolgs-Knödler Herbert Grönemeyer und dem aufstrebenden 21-jährigen DJ Felix Jaehn („Ain’t Nobody“). „Und der nächste Berg, der nach Erklimmen schreit. Keine Ungewissheit, die alles besser weiß. Im Ball der Gefühle als Teil der Sinfonie. Alle Gedanken geben auf, ein Wurf, dein Team.“ Das klingt nach einem echten Grönemeyer, bedeutungsschwangere Versatzstücke, irgendwie auf den Fußball hin getrimmt. Auch die Melodie tendiert zunächst in Richtung bewährter Grönemeyer-Ballade bis plötzlich die Jaehn’schen Club-Beats einsetzen. Als „musikalisches Gruselkabinett“ hat der „Musikexpress“ das Stück bezeichnet. Ganz so schrecklich muss man es vielleicht nicht finden, aber gelungen ist etwas anderes.

Der Favorit

Der offizielle Song des Österreichischen Fußball-Bundes zur Euro heißt „Das sind wir“ und ist vielleicht der schönste Beitrag unter allen aktuellen EM-Songs. Der Frontmann der Band Erste Allgemeine Verunsicherung Klaus Eberhartinger hat das Stück gemeinsam mit der Band Schmidhammer eingespielt. „Nie war es stärker, nie war es härter, nie war es besser - ja, das sind wir“, heißt es im Refrain. Und weiter: „Nie war es schöner, dem Traum niemals näher, nie war es größer, als heut und hier.“ Und der Refrain ist es auch, der zur heimlichen Hymne der EM werden könnte. Melodiös und gitarrenlastig zugleich geht einem das Lied direkt in Mark und Bein. Nach zweimal hören kann man den Refrain mit grölen.

Der Ballermann-Song

„Wir woll‘n ein T wie Tor von Tho, Tho, Thomas Müller. Wenn’s schon kein andrer macht, der Thomas der trifft immer.“ So heißt es im EM-Partylied „Ab nach Frankreich“ des Partyschlager-Stars Stefan Stürmer und der ehemaligen Dschungelcamp-Kandidatin Melanie Müller. Mehr gibt es dazu auch nicht zu sagen, es handelt sich hierbei um den typisch fröhlich-biederen Party-Beat, zu dem man schenkelklopfend und schunkelnd nach dem Public Viewing auf Bierbänken abfeiern kann. Oder ganz schnell das Weite suchen.

Der Mitgröler

Um ihrer Heimatmannschaft bei ihrer ersten Europameisterschaft Mut zu machen, hat die walisische Band Manic Street Preachers mit „Together Stronger (C’mon Wales)“ eine eigene Motivations-Hymne geschrieben. Ähnlich wie der Österreich-Song hat das rockig-emotionale Stück Gänsehaut-Qualitäten und man fühlt sich gleich an den Klassiker „Football coming’s home“ der Lightning Seeds von 1996 erinnert. Die Briten können es eben: richtig gute Musik machen und Eins-A Fußball-Mitgröler komponieren.