Breuninger investiert am Karlsplatz mehr als 200 Millionen Euro in das neue Dorotheen-Quartier. Das Hotel Silber bleibt entgegen der ursprünglichen Planung bestehen.

Stuttgart - Es hat lange gedauert, aber am Dienstagnachmittag hat Breuninger-Chef Willem G. van Agtmael das Geheimnis um seine Neubaupläne standesgemäß und werbewirksam in einem begehbaren Schaufenster an der Münzstraße gelüftet. Gemeinsam mit Oberbürgermeister Wolfgang Schuster und dem Baubürgermeister Matthias Hahn präsentierte er nach fünf Jahren Planung und harten politischen Ringens sein großes Projekt: Die geplanten Neubauten am Karlsplatz werden in Masse und Höhe nochmals reduziert und erhalten einen neuen Namen.

 

Die drei markanten Baukörper für hochwertige Einzelhandelsgeschäfte, Bars, Cafés, Wohnungen und Büros sollen das neue „Dorotheen-Quartier“ bilden. Der Bau des Innenministeriums an der Dorotheenstraße wird dafür ebenso weichen wie das ehemalige Haus Betten-Braun an der Sporerstraße. Das ehemalige Hotel Silber an der Dorotheenstraße bleibt entgegen der ursprünglichen Planung bestehen und ist als Ort für eine NS-Gedenkstätte nicht mehr Teil des Breuninger-Projekts.

„Große städtebauliche Chance“

Insgesamt investiert Breuninger 200 Millionen Euro in ein attraktiveres Umfeld für seinen Stammsitz. „Als Stuttgarter Unternehmen seit 1881 möchten wir mit dem Dorotheen-Quartier einen positiven Beitrag zur Stadtentwicklung leisten, es wird wunderbar ins Stadtbild passen“, sagte Willem G. van Agtmael. Trotz der Verzögerungen und Verkleinerung stimme auch die Wirtschaftlichkeit. „Die niedrigen Zinsen sind uns entgegengekommen“, so der Geschäftsmann.Mit dem Dorotheen-Quartier, das die Handschrift des Stuttgarter Architekturbüros Behnisch trägt, bestehe eine große städtebauliche Chance, die funktionalen Mängel im Bereich zwischen dem Marktplatz und dem Karlsplatz zu beseitigen.

Seit dem internationalen Wettbewerb im Jahr 2010 wurde das Projekt auf politischen Druck weiterentwickelt und in Masse und Höhe reduziert. Altes Schloss, Markthalle und Waisenhaus, so wollen es Stadt und Gemeinderat, sollen nicht in den Schatten gestellt werden. Diese Vorgabe wird nunmehr erreicht. Die Planer haben die oberirdische Geschossfläche von einst 49.000 Quadratmeter auf rund 38.000 Quadratmeter reduziert – 10.000 Quadratmeter für Handel, 25.000 für Büros, 3000 für 20 bis 30 Mietwohnungen. Die Gebäudehöhe beträgt in der Regel sieben bis neun Geschosse, den höchsten Punkt bilden elf Geschosse und eine Traufhöhe von 23 Metern.

In dieser Form bisher einmalig

Letztere hat besondere Bedeutung, denn über die drei Baukörper stülpt sich weiterhin eine topografisch bewegte Dachlandschaft als fünfte Fassade, die in Stuttgart in dieser Form bis jetzt einmalig ist. Sie ist der Blickfang der drei Baukörper, die für sich alleine mit ihren Ecken und Kanten ein weiteres Stück Moderne ins Zentrum der Innenstadt tragen. Breuninger rechnet mit rund drei Jahren Bauzeit für das Quartier.Oberbürgermeister Wolfgang Schuster nannte die gefundene Lösung „eine Bereicherung für die Innenstadt“ und sprach von einem „neuen Markenzeichen“. Die reduzierten Pläne trügen dem historischen Umfeld Rechnung, gleichzeitig aber bekomme das Ensemble einen eigenständigen modernen Charakter. „Die Vielfalt von Nutzungen bringt Urbanität, es wird attraktiv, vom Neuen Schloss zum Rathaus zu gehen“.

Baubürgermeister Hahn sprach von deutlichen Verbesserungen durch die Reduzierung der Baumasse, jetzt passe das Projekt an den Karlsplatz. „Wir werden noch vor Pfingsten mit dem Gemeinderat die Weichen stellen“, sicherte Hahn zu. Im Oktober solle der Bebauungsplanentwurf, der Breuninger 15 bis 20 Prozent mehr Baumasse als heute einräumt, ausgelegt, im März 2013 dann als Satzung beschlossen werden. Das Baugesuch könne parallel laufen.

Breuninger würde gerne bald beginnen

Der Entwurf von Stefan Behnisch vereint künftig die Sporerstraße mit dem Platz vor der Markthalle und lässt alte Wegeverbindungen zwischen den Blöcken neu aufleben. Um die Einbindung in das historische Umfeld zu sichern, wurde der alte, unter dem Namen „Da Vinci“ gehandelte Entwurf mit zwei riesigen Baukörpern nun in drei Gebäude zum Dorotheen-Quartier umgeplant. Darunter entsteht eine Tiefgarage mit 380 Stellplätzen. Die neuen Läden und Lokale werden von Breuninger alle fremd vermietet.

Im Technikausschuss des Gemeinderats, in dem der Architekt Behnisch am Morgen den neuen Entwurf nebst Modell hinter verschlossenen Türen präsentierte, stießen die Pläne überwiegend auf Wohlwollen. „Das ist eine deutliche Verbesserung gegenüber den bisherigen Plänen“, so der Grünen-Fraktionschef Peter Pätzold. Der Entwurf füge sich nun gut in den städtebaulichen Gesamtzusammenhang ein: „Die Qualität des Entwurfs ist hoch.“

„Großer Schritt in die richtige Richtung“

Für die CDU erklärte deren stellvertretender Fraktionsvorsitzender Philipp Hill: „Die Zurücknahme der Baumasse hat dem Projekt gutgetan.“ Der Entwurf von Behnisch habe sich positiv weiterentwickelt. Der CDU sei städtebaulich immer wichtig gewesen, dass die Sporerstraße nicht eingeengt werde und eine großzügige Platzgestaltung möglich bleibe. Auch die SPD hat Fortschritte ausgemacht, ist aber im Detail noch nicht ganz zufrieden. „Das Projekt hat einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht“, meint Fraktionschefin Roswitha Blind. Der Baukörper hinter dem Hotel Silber sei aber nach wie vor zu massiv. Jürgen Zeeb (Freie Wähler) sprach von einem „vielversprechenden Entwurf“. Gangolf Stocker (SÖS/Linke) sieht noch Verbesserungsmöglichkeiten beim Abstand zur Markthalle und bei der Dachgestaltung.