Die Regierung hat nach dem überraschenden Einstieg des chinesischen Großinvestors Geely bei Daimler angekündigt, die Regeln zu überprüfen. Kritiker wollen Schlupflöcher schließen. Doch das Wirtschaftsministerium sieht keinen Handlungsbedarf.

Berlin - Die Bundesregierung will die Beteiligung des chinesischen Investors Geely an Daimler nicht zum Anlass für gesetzliche Korrekturen nehmen. Der Einstieg des chinesischen Großaktionärs beim Stuttgarter Autokonzern hatte im Februar Wellen geschlagen, weil Geely unbemerkt 9,69 Prozent an Daimler erwerben konnte. Selbst der Daimler-Vorstand wusste davon nichts. Nach den Transparenzregeln im Wertpapierhandelsgesetz ist das „Anschleichen“ eines Investors verboten.

 

Das Bundeswirtschaftsministerium teilte auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Wirtschaftspolitikerin Kerstin Andreae mit, der Vorgang werde noch geprüft. Zugleich machte die Regierung deutlich, dass sie kaum eine Möglichkeit sieht, mit einer gesetzlichen Klarstellung solche Fälle künftig zu verhindern. Bei der entsprechenden Regelung handle es sich um die maximale Harmonisierung der EU-Transparenzrichtlinie, teilt das Wirtschaftsressort mit. Die EU-Vorgaben ermöglichten auf nationaler Ebene „nur einen geringen Gestaltungsspielraum“, heißt es in der Stellungnahme. Die Antwort des Ministeriums liegt unserer Zeitung vor.

Wenig Aussicht auf strengere Regeln

Damit sind die Aussichten geschwunden, dass die Regierung mit schärferen Regeln gegen ein Anschleichen von Investoren vorgeht. Geely war vorgeworfen worden, die gesetzlichen Meldepflichten beim Kauf von Aktienpaketen umgangen zu haben. Dies soll auch dadurch passiert sein, dass US-Investmentbanken im Auftrag des chinesischen Anteilseigners Optionen auf Daimler-Aktien erwarben.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Andreae will sich mit der Antwort der Regierung nicht zufriedengeben. „Seit Monaten prüft die Bundesregierung, wie mögliche Schlupflöcher im Meldewesen geschlossen werden können“, sagte Andreae. Bisher gebe es kein Ergebnis. „Diese Untätigkeit schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland“, so die Grünen-Parlamentarierin. Es dürfe keinen Gestaltungsspielraum geben, der es Investoren erlaube, unterhalb des Radars Einfluss auf ein Unternehmen zu gewinnen. Die Bundesregierung müsse Klarheit schaffen, forderte Andreae. Wenn dazu ein europäisches Vorgehen notwendig sei, müsse die Bundesregierung die Initiative ergreifen.

Aus Sicht der Grünen sei rasches Handeln erforderlich. „Es ist völlig klar, dass uns nach dem Vorbild von Geely der nächste Fall ereilen wird“, meinte Andreae. Chinesische Unternehmen seien in Deutschland gegenwärtig auf Einkaufstour. Die Grünen wollen erreichen, dass Käufer nicht mehr unbemerkt Aktien und Derivate aufkaufen können, ohne dass die geltenden Meldevorschriften greifen. Nach den geltenden Regeln muss ein Investor der Finanzaufsicht Bafin melden, wenn er mindestens drei, fünf, zehn, 20, 25, 30, 50 oder 75 Prozent der Stimmrechte erwirbt.

Nach Auskunft der Bafin werde das Vorgehen von Geely noch geprüft. Die Finanzpolitiker der großen Koalition warten noch auf Antworten der Bafin. Offenbar geht die Bafin dem Verdacht nach, dass Geely oder eine beauftragte Investmentbank den Anteilserwerb zu spät meldete. In der nächsten Zeit soll es in Berlin ein Treffen mit dem Bafin-Präsidenten Felix Hufeld geben.

Grüne kritisieren Hinhaltetaktik der Regierung

Die Grünen haben kein Verständnis für die Hinhaltetaktik der Regierung. Andreae fordert von der Regierung, den steigenden Direktinvestitionen chinesischer Unternehmen in Deutschland mehr Beachtung zu schenken. Auf EU-Ebene wird zurzeit darüber beraten, wie die Kontrolle von Direktinvestitionen aus Drittländern verbessert werden kann. Künftig sollen mehr Unternehmenskäufe den EU-Behörden angezeigt werden. Andreae dringt darauf, dass auf europäischer Ebene auch die Meldevorschriften für den Wertpapierhandel enger gefasst werden.

Die Bundesregierung unterstützt strengere Regeln im Außenwirtschaftsrecht auf EU-Ebene. Nach den Bestimmungen des deutschen Außenwirtschaftsrechts kann die Bundesregierung nur in wenigen Fällen eingreifen. Das Außenwirtschaftsrecht sieht für bestimmte Direktinvestitionen eine Prüfung vor. Das gilt etwa, wenn Käufer von außerhalb der EU deutsche Unternehmen erwerben, die im militärischen Bereich oder dem der Infrastruktur tätig sind. Die Prüfung erfolgt, wenn mindestens 25 Prozent der Anteile gekauft werden.