Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche weckt Spekulationen, wonach eine Gewinnwarnung drohen könnte. Zugleich bekräftigt er jedoch, dass der Stuttgarter Autobauer bis 2020 zum führenden Premiumhersteller aufsteigen will.

Berlin - Daimler-Chef Dieter Zetsche hat die Aktionäre bei der Hauptversammlung in Berlin auf ein schwieriges Jahr eingestimmt und erneut auf die Zukunft vertröstet. Die Aktionäre verlieren jedoch zunehmend die Geduld. Der Autobauer müsse nun endlich den Turbo zünden, um im Wettbewerb mit Audi und BMW aufzuholen, forderte Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment ebenso wie Jens Meyer von Deka Investment. „Wir brauchen kein Ankündigungsmanagement“, verlangte Ulrich Hocker von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DWS) statt Versprechungen endlich Erfolgsmeldungen.

 

Die Nachfrage ist stärker als erwartet zurückgegangen

Nachdem Zetsche bei der Vorlage der Bilanz im Februar die Aussicht auf steigende Gewinne bereits auf das nächste Jahr verschoben hat, weckte er bei dem Aktionärstreffen nun sogar Spekulationen, wonach eine weitere Gewinnwarnung bevorstehen könnte. Die Nachfrage auf dem europäischen Lkw- und Pkw-Markt sei seit Jahresbeginn stärker als erwartet zurückgegangen, räumte Zetsche ein. Bisher gebe es hier keine Anzeichen für eine Trendwende. Deshalb werde das Unternehmen überprüfen, ob die bisherigen marktbezogenen Annahmen für 2013 noch gültig seien. Bisher rechnete Daimler mit einem weltweiten Wachstum der Pkw-Nachfrage von zwei bis vier Prozent, wobei von Europa keine Impulse erwartet wurden. Unter dieser Annahme sollte Mercedes-Benz in diesem Jahr mehr Autos verkaufen als 2012. Auf dem europäischen Lkw-Markt wurde bisher mit einem Rückgang um bis zu fünf Prozent gerechnet. Zetsche will sich aber erst bei der Vorlage der Zahlen für das erste Quartal am 24. April zu den Markt- und Ergebniserwartungen für den Konzern und die Geschäftsfelder im Gesamtjahr äußern.

Zetsche bekräftigte, dass die Modelloffensive sowie das laufende Sparprogramm dafür sorgen werden, dass der Gewinn im zweiten Halbjahr höher liegen werde als in den ersten sechs Monaten. Der Daimler-Chef zeigte trotz der konjunkturellen Unwägbarkeit keine Zweifel am Erfolg der eingeschlagenen Strategie. Daimler habe das größte Wachstumsprogramm der Unternehmensgeschichte gestartet. Spätestens bis 2020 will der Stuttgarter Autobauer auch beim Absatz wieder zum weltweit führenden Premiumhersteller aufsteigen: „Der eingeschlagene Weg ist richtig. Wir werden ihn gehen – unbeirrt vom Auf und Ab der Märkte. Konsequent und beharrlich“, betonte Zetsche.

Audi und BMW bauen ihren Vorsprung aus

Die Aktionäre befürchten indes, dass die jüngsten Turbulenzen im Aufsichtsrat das Unternehmen im Wettlauf mit Audi und BMW erneut zurückwerfen könnten. Auf Druck der Arbeitnehmerseite wurde Zetsches Vertrag nicht wie ursprünglich geplant um fünf, sondern nur um drei Jahre verlängert. Zudem kam es zu einer personellen Rochade. Nach erheblicher Kritik der Arbeitnehmerseite an Mercedes-Produktions- und Einkaufschef Wolfgang Bernhard hat dieser Anfang April seinen Platz mit dem bisherigen Lkw-Chef Andreas Renschler getauscht. Es sei zum Schaden der Aktionäre, wenn die Kapitalseite bei dieser Rochade dem Druck der Arbeitnehmerseite nachgegeben habe, kritisierte DSW-Sprecher Hocker. Der Aufsichtsrat dürfe Manager nicht wie Figuren auf dem Schachbrett hin und her schieben, sondern müsse ihnen in schwierigen Zeiten den Rücken stärken. „Die fragwürdigen Personalien kosten Zeit, und die hat Daimler nicht“, gab DWS-Fondsmanager Marco Scherer zu bedenken. Aufsichtsratschef Manfred Bischoff wiederholte auf solche Kritik die offizielle Sprachregelung des Unternehmens, wonach dieser Wechsel nur erfolgt sei, damit Bernhard und Renschler ihren Erfahrungshorizont erweitern könnten.

Etwas gereizt reagierte Bischoff auf Kritik am geplanten Einzug der früheren Avon-Chefin Andrea Jung in den Aufsichtsrat. Mehr automobile Kompetenz würde dem Aufsichtsrat besser zu Gesicht stehen als „die kosmetische Erhöhung der Frauenquote“, monierte etwa der DWS-Fondsmanager Scherer in Anspielung auf den US-Kosmetikkonzern Avon. Die „New York Times“ reihte Jung kürzlich in den Kreis der schlechtesten amerikanischen Unternehmenschefs ein. Automobile Kompetenz sollte in erster Linie im operativen Bereich des Konzerns vorhanden sein, sagte Bischoff, „im Aufsichtsrat werden keine Autos gebaut“. Der Aufsichtsratschef bekräftigte, dass die ehemalige Avon-Chefin wichtige Erfahrungen etwa auf dem US-Markt oder auf dem russischen Markt bei Daimler einbringen könne. Zudem habe sie „exzellente Managementkenntnisse in komplexen Unternehmen“ und Erfahrung mit Marketingstrategien.