Daimler holt die Batterieentwicklung in das Werk Untertürkheim. Das ist ein wichtiger Schritt für die Beschäftigten. Denn es ist gut, wenn die Konzerne überdenken, Zukunftsfelder in Billigtöchter auszulagern, kommentiert Anne Guhlich.

Chefredaktion: Anne Guhlich (agu)

Stuttgart - Es ist fast ein Jahr her, dass Daimler-Chef Dieter Zetsche vor Analysten Sätze sagte, deren Wirkung in der Öffentlichkeit und bei den Mitarbeitern er sicher unterschätzt hat: Er werde die Beschäftigung bei den Verbrennungsmotoren nach und nach verringern und im Pkw-Bereich keine neuen Mitarbeiter mehr einstellen, sagte er im Februar 2017. Außerdem hat der Unternehmenslenker noch nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er beim Wandel hin zur Elektromobilität möglichst viele Teile zukaufen will, anstatt sie selbst im Konzern zu produzieren. Denn Lieferanten sind oft billiger als eigenes Personal – vor allem, wenn es darum geht, sich wieder voneinander zu verabschieden. Noch ist nicht ausgemacht, wie die zehn E-Modelle, die der Konzern bis 2022 auf den Markt bringen will, bei den Kunden ankommen. Klar, dass Zetsche in solchen Zeiten flexibel bleiben will.

 

Daimler geht auf Arbeitnehmervertreter zu

Die Vorgeschichte macht deutlich, dass es ein beachtlicher Erfolg für die Arbeitnehmervertreter wäre, wenn Zetsche nun Entwickler der Tochter Accumotive ganz in den Konzern holt. Schließlich würde der Schritt den Aufbau von Beschäftigung im Pkw-Bereich und ein stärkeres Engagement bei der Elektromobilität bedeuten. Damit bewegt sich Daimler einen großen Schritt auf die Arbeitnehmervertreter zu – gegen den Trend: Denn die Konzerne lagern Zukunftstechnologien derzeit eher in tariflose Gesellschaften aus. Selbst der für seine hohen sozialen Standards bekannte Bosch-Konzern betreibt seinen Batteriecampus in Feuerbach als tariffreie Zone.

Warum wird für den Bau eines E-Autos viel weniger Arbeitskraft benötigt wird als bei einem Verbrennungsmotor? Welche Folgen könnte das für Jobs in der Region Stuttgart haben? Sehen Sie die Antworten im Erklärvideo:

Arbeitsmarkt wandelt sich zum Bewerbermarkt

Durch solche Billigtöchter aber besteht die Gefahr, dass sich die Konzerne in die Schmuddelecke der Lohndrücker katapultieren, in der sie eigentlich nichts verloren haben. Zudem waren Zwei-Klassen-Belegschaften noch nie ein probates Mittel, um Mitarbeiter zu Höchstleistungen zu motivieren. Experten mahnen nicht umsonst, dass sich der Arbeitsmarkt zu einem Bewerbermarkt wandelt, auf dem sich die besten Köpfe die besten Angebote herauspicken. Deshalb sollten die Pläne von Betriebsrat und Management zu Accumotive nur ein Anfang sein.