Weitere 400 Millionen Euro sollen eingespart werden. In der kommenden Woche beginnen die Verhandlungen. Den Werken in Brasilien und in der Türkei droht Ungemach.

Stuttgart - Ein Name muss her: Sparprogramme sind bei Daimler nicht nur Sparprogramme, sie heißen „Core“, „Fit for Leadership“, „Trucks Number One“ oder – ganz neu – „Stream“, als Abkürzung für „Structural Excellence at MB Trucks“. In der Lastwagensparte, die von Vorstandsmitglied Wolfgang Bernhard geleitet wird, sollen bis Ende 2018 im Rahmen dieses Programms weitere 400 Millionen Euro eingespart werden, nachdem das laufende Programm ursprünglich einen Umfang von einer Milliarde Euro hatte. Zuvor hatte der Konzern mit „Trucks Number One“ in der Zeit von 2012 bis Ende 2014 die Kosten bereits um 1,6 Milliarden Euro gedrückt.

 

Mit der Aufstockung des Programms hat Bernhard Ende November vergangenen Jahres die Belegschaft zwar erschreckt, aber seitdem sind noch keine Entscheidungen getroffen worden. Die Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern werden erst in den kommenden Woche beginnen. Bernhard sagte bei der Bilanz-Pressekonferenz lediglich, dass Daimler bis Ende des ersten Quartals klarer sehen werde. Dann, so ist im Unternehmen zu hören, könnte eine Rahmenvereinbarung stehen, die dann in den folgenden Wochen um konkrete Maßnahmen für einzelne Standorte und Bereiche ergänzt werden soll.

„Wir drehen jeden Stein um“ – mal wieder

Zu den geplanten Maßnahmen äußerte sich Bernhard nur allgemein: „Wir drehen jeden Stein um“, sagte der Nutzfahrzeugchef. Diesen Satz kennen die Betriebsräte offenbar bereits. „Wie oft sollen wir in den Werken denn noch jeden Stein umdrehen?“, haben sie auf einem Flugblatt gefragt. Die Arbeitnehmervertreter halten das Einsparpotenzial in den deutschen Werken für weitgehend erschöpft – der Chef allerdings nicht. Beschäftigt werden in der Sparte etwa 86 000 Mitarbeiter.

Einen Stellenabbau schließt der Konzern nicht aus; zumindest in Deutschland sind aufgrund der Vereinbarung „Zukunftssicherung 2020“ bis Ende des Jahrzehnts aber keine Entlassungen möglich.

Im vergangenen Jahr ist die Lastwagensparte nach den Worten von Vorstandschef Dieter Zetsche auf schwierigem Terrain unterwegs gewesen: Der Absatz ging um 17 Prozent zurück. Zu schaffen machte den Stuttgartern vor allem die Rezession in Brasilien. Zudem brach das Geschäft in Nordamerika ein (Nafta-Zone) – ebenso wie in der Türkei.

Das Immobiliengeschäft schafft ein Polster

Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) sackte auf 1,9 Milliarden Euro ab, was Finanzchef Bodo Uebber so kommentierte: „In Anbetracht des insgesamt sehr schwierigen Umfelds hat Daimler Trucks damit ein gutes Ergebnis erzielt.“ Die Umsatzrendite erreichte immerhin noch 5,9 (Vorjahr: 6,9) Prozent, entfernte sich aber von der Zielmarke, die bei acht Prozent liegt. In diesem Jahr will Bernhard die Produktion und den Absatz stabil halten, beim Gewinn rechnet er mit einem leichten Ergebnisrückgang. Aufwendungen, die im Rahmen des Sparprogramms möglicherweise anfallen, können mit einem Gewinn von 250 Millionen Euro verrechnet werden, der im ersten Quartal 2017 verbucht wird und aus dem Verkauf von Immobilien der Tochter Fuso in Japan stammt.

Die Betriebsräte der Standorte Gaggenau, Kassel, Mannheim, Wörth und Stuttgart (Zentrale) haben schon im vorigen Jahr klar gemacht, dass sie von sogenannten Spar- oder Effizienzprogrammen wenig halten; sie setzen auf kontinuierliche Verbesserungen. Die Arbeitnehmervertreter sind bereit, über die Verbesserung von Betriebsabläufen zu sprechen, lehnen einen Personalabbau jedoch ab. Bernhard hat bereits im vergangenen Jahr Maßnahmen präsentiert, die zur Verbesserung der Ertragssituation führen sollen. Dazu gehört die Bereinigung der Modellpalette um Altmodelle, die teilweise noch parallel zu den neuen Varianten hergestellt werden, und die Verkürzung der Fertigungszeit.

Freiwerdende Stellen werden nicht mehr besetzt

Zentrales Montagewerk der Mercedes-Lastwagensparte ist Wörth in der Nähe von Karlsruhe. Das Werk wird von dem Sparprogramm ebenso betroffen sein wie die Standorte, an denen Mercedes Aggregate herstellt (Mannheim, Gaggenau und Kassel). Hinzu kommen Entwicklung und Einkauf. Wie zu hören ist, hat sich Daimler bereits von externen Dienstleistern wie Ingenieurbüros getrennt; frei werdende Stellen, so heißt es im Unternehmen, werden insbesondere in der Zentrale nicht mehr besetzt, wodurch der Personalstand bereits leicht gesunken sei.

Die schlecht ausgelasteten Werke in der Türkei und in Brasilien werden wahrscheinlich einen größeren Teil der Einsparungen tragen müssen. Auch die Töchter Fuso und Freightliner sollen Teil der Überlegungen sein, obwohl sie formal nicht zu Mercedes-Benz Trucks gehören.