Am Mittwoch präsentiert Daimler einen neuen Smart Fortwo und nach acht Jahren auch wieder einen Viersitzer. Experten räumen dem Auto Erfolgschancen ein. Die Öffentlichkeit kann der Premiere via Livestream im Internet beiwohnen.
Stuttgart - Daimler gibt seiner Kleinwagenmarke Smart die zweite Chance. Am Mittwoch stellt der Konzern im Tempodrom in Berlin sowie im Internet via Livestream der Öffentlichkeit nicht nur die dritte Auflage des 1997 eingeführten Stadtflohs Smart Fortwo vor, sondern präsentiert auch wieder einen Viersitzer – acht Jahre nach dem unrühmlichen Ende des Vorgängers Smart Forfour, der mangels Erfolg eingestellt wurde.
Autoexperten wie Stefan Bratzel und Ferdinand Dudenhöffer glauben, dass Daimler aus früheren Fehlern gelernt hat und der neue Forfour jetzt bessere Chancen hat. Andernfalls wäre allerdings die Marke Smart insgesamt in Gefahr, glaubt Bratzel, der in Bergisch Gladbach an der Fachhochschule der Wirtschaft das Center of Automotive Management (CAM) leitet: „Der Schuss muss jetzt sitzen.“ Mit nur einem Modell, dem Smart Fortwo, wäre die Marke nach seiner Ansicht nicht überlebensfähig. Dudenhöffer, Chef des CAR Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen, sieht es genauso: „Wenn es diesmal nicht klappt, dann war’s das.“ Im Fall des Erfolgs, so glauben die beiden Autoexperten, steht freilich dem weiteren Ausbau der Modellpalette nichts im Wege. „Das Beispiel Mini“, so sagt Dudenhöffer mit Verweis auf den BMW-Konzern, „zeigt, dass eine Marke Varianten braucht.“
Die erste Version des Forfour war nicht „Smart-like“
Für den Neustart ist Mercedes eine Kooperation mit Renault eingegangen. Smart Fortwo und Forfour teilen sich die Plattform mit dem Renault-Kleinwagen Twingo, den die Franzosen aus diesem Grund von Front- auf Heckantrieb umgestellt haben. Dudenhöffer schätzt, dass die gemeinsame Plattform der drei Modelle für eine Jahresproduktion von 300 000 bis 400 000 Fahrzeugen gut ist und damit die Aussicht auf eine rentable Fertigung bietet.
Zum Kostenkonzept gehört die Verwendung von möglichst vielen Teilen, die in allen drei Modellen eingebaut werden. Das mag Daimler wegen des angestrebten eigenständigen Auftritts nicht in den Vordergrund stellen und spricht lieber davon, dass 95 Prozent der sichtbaren Teile unterschiedlich seien. Bratzel erinnert daran, dass der erste Smart Forfour aus seiner Sicht aufgrund der engen Orientierung am Mitsubishi Colt nicht „Smart-like“ war und sich mit konventionellem Design und stattlichem Preis im hart umkämpften Kompaktmarkt nicht behaupten konnte.
Der Konzern setzt auf gemeinsame Designmerkmale
Der Experte glaubt, dass die Deutschen in der Entwicklung diesmal einen wesentlich größeren Spielraum gehabt haben und so ein stark von eigenen Ideen geprägtes Auto entstanden ist. Auch Daimler hebt hervor, dass der Forfour charakteristische Designmerkmale seines kleinen Bruders übernimmt; der erste Forfour hatte äußerlich mit dem Zweisitzer kaum etwas gemein. Dass der Konzern die Kosten diesmal womöglich besser im Griff hat (Bratzel: „Das war nie eine Spezialität von Smart“), hängt auch mit dem Standort zusammen: Der neue Forfour kommt ebenso wie der Twingo aus Novo Mesto in Slowenien (der Fortwo wird weiter in Hambach/Lothringen gebaut); der erste Forfour rollte in Born/Holland vom Band. Renault hat den neuen Twingo im März auf dem Autosalon in Genf präsentiert und bringt ihn im September auf den Markt. Daimler stellt die Einführung der beiden Smart-Modelle vage für das vierte Quartal in Aussicht. Immerhin, die Serienproduktion hat begonnen: in Hambach im Juni, in Novo Mesto im Juli.
CAM-Chef Bratzel sieht noch einen weiteren Unterschied zu der Situation vor zehn Jahren: „Damals war der Smart umstritten, stand in der Priorität nicht besonders weit oben.“ Konzernchef Jürgen Schrempp plante Größeres als kleine Autos: die „Welt-AG“ mit Daimler und Chrysler als Kern. Als es für Smart nicht rund lief, stellte der damalige Mercedes-Chef Eckhard Cordes die Signale auf Rot: Der Roadster wurde eingestellt und der geplante Geländewagen gestrichen; im März 2006 folgte das Aus für den Forfour. Es blieb der Smart Fortwo, den der Schweizer Swatch-Erfinder Nicolas Hayek einst als Umsetzung eines neuen Mobilitätskonzepts angepriesen hatte („Swatch-Auto“). Das Festhalten an dem Auto hat sich womöglich gelohnt. Jetzt, so sagt Bratzel, wisse jeder im Konzern, wie wichtig die Marke Smart ist, unter anderem für die Einhaltung der CO2-Grenzwerte.