Dem Daimler-Chef macht die neue Konkurrenz durch Apple, Google und Uber keine Angst. Er glaubt, dass die Mobilität noch facettenreicher wird.

Stuutgart - Die Automobilindustrie und die Medienbranche haben etwas gemeinsam: Beide stehen vor großen Herausforderungen durch die Digitalisierung. Darauf hat der Daimler-Vorstandsvorsitzende Dieter Zetsche beim Zeitungskongress 2017 des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) in Stuttgart hingewiesen.

 

Wie Daimler diesen Wandel bewältigen will, erläuterte der 64-Jährige am zweiten Tag des Treffens vor 400 Teilnehmern und ließ dabei keinerlei Furcht erkennen vor neuen Wettbewerbern wie Google, Apple und Uber, die mit den etablierten Herstellern um die führende Rolle in der Branche kämpfen wollen. „Ich empfinde das nicht als Bedrohung, was vielleicht daran liegt, dass ich Ingenieur bin“, sagte Zetsche. „Ich finde es vielmehr faszinierend zu sehen, was jetzt auf einmal möglich ist.“ Daimler blickt nach seinen Worten positiv in die Zukunft, denn: „Die Digitalisierung bietet große Chancen.“

Dass der Verkehr der Zukunft elektrisch sein wird, steht für Zetsche fest. „Das langfristige Ziel ist die emissionsfreie Mobilität“, sagte er. Daraus folgt aus seiner Sicht aber nicht die eine, richtige Entscheidung. „Die Mobilität der Zukunft wird noch facettenreicher werden“, lautet sein Credo. Was sich dahinter womöglich verbirgt, zeigt Daimler gerade auf der Automesse IAA in Frankfurt – in Form von zwei Extremen: dem Stadtauto Smart Vision EQ Fortwo und dem AMG Project One, den Zetsche als „erstes Formel-1-Auto mit Straßenzulassung“ bezeichnete.

Sehen Sie im Video: Warum benötigt die Produktion von E-Autos weniger Arbeitskraft? Was könnte das für die Region Stuttgart langfristig bedeuten?

Ein „beklopptes“ Auto

Bei der Smart-Studie setzt der Konzern all die Ideen um, die sich im Konzern hinter dem Kürzel CASE verbergen: ein autonom fahrendes Elektrofahrzeug, das ebenso in Verbindung zur Umwelt wie zu anderen Fahrzeugen steht und nicht gekauft werden muss, sondern gemietet werden kann – und nachts bei Bedarf auch noch Pakete ausfahren kann. Dass ein Auto ohne Lenkrad und Pedale gewöhnungsbedürftig sein wird, ist Zetsche im Übrigen klar.

Dem gegenüber steht der AMG Project One („Selbstfahren in seiner reinsten Form“, so Zetsche), den der Daimler-Chef selbst in seiner flapsigen Art als „bekloppt“ bezeichnete. Der V6-Hybridantrieb leistet mehr als 1000 PS, die Höchstgeschwindigkeit liegt jenseits von 350 Stundenkilometern. „Der AMG Project One ist der Star auf der IAA“, sagte Zetsche und konnte das auch gleich belegen. Ein Foto zeigte den Smart und den AMG nah beieinander. Während sich in den Tagen vor der offiziellen Messeeröffnung die Motorjournalisten um den Sportwagen scharten, weckte der Smart nur geringes Interesse bei den Medienvertretern – für Zetsche ein Zeichen dafür, dass Auto und Emotionalität viel miteinander zu tun haben.

Auf den Dieselskandal geht Zetsche nicht ein

Zetsche erwähnte zu Beginn seines Vortrags, dass „Vertrauen in die Innovationsfähigkeit der Autoindustrie verloren gegangen“ sei, ging auf das Thema Dieselskandal im Weiteren aber nicht ein. Er wies lediglich darauf hin, dass der Konzern weiter in den Verbrennungsmotor investiere und mittlerweile Dieselmotoren anbiete, die bisher alle Kritiker überzeugt hätten: „Wir haben den sauberen Diesel.“ Der Dieselmotor, so wiederholte er das bisherige Statement des Konzerns, werde gebraucht, um die angestrebten CO2-Werte zu erreichen.

Dennoch liegt der Schwerpunkt von Daimler jetzt auf der Elektromobilität. So will der Konzern in den nächsten Jahren hierfür zehn Milliarden Euro investieren. Bis 2020 oder 2022 soll die gesamte Modellpalette mit 50 Varianten elektrifiziert sein, also zumindest mit einem kombinierten Elektroantrieb angeboten werden. Den Kleinwagen Smart soll es dann nur noch als Elektrofahrzeug geben. „Wir haben eine Menge bewegt“, sagte Zetsche und ergänzte: „Wir haben noch mehr vor.“