Der Konzern präsentiert seine Neuwagen künftig an der Heilbronner Straße. Das Classic Center zieht in den Neckarpark. Der Technikausschuss wird wohl 1000 provisorische Parkplätze genehmigen. Die Verlängerung der U 19 kommt nicht vor 2022.

Stuttgart - Das Daimler Classic Center, Anlaufstelle für Oldtimerbesitzer aus aller Welt, zieht von Fellbach in die Mercedes-Niederlassung im Neckarpark. Das Gebäude wird frei, weil der Konzern die Neuwagenpräsentation an die Heilbronner Straße (B 27) verlagert, und zwar sobald auf dem 2012 erworbenen großen ehemaligen Hahn-und-Kolb-Gelände, gleich neben dem Gebrauchtwagenzentrum Mercedes-Forum die neue Niederlassung fertig ist. Die Erreichbarkeit werde verbessert, hieß es am Dienstag im Technikausschuss des Gemeinderats. Mehrere Daimler-Vertreter referierten über die Veränderungen am Stammsitz, ein Mobilitätskonzept für die Belegschaft und die Notwendigkeit von fast 1000 weiteren Parkplätzen (die StZ berichtete). Über eine Genehmigung wird der Ausschuss in zwei Wochen befinden.

 

Die Niederlassung ist wegen ihrer Randlage von den Kunden nicht gut angenommen worden. Im Rathaus und im Konzern wird von einer „Fehleinschätzung“ des Managements gesprochen. Die Pläne einer Erweiterung der Mercedes-Welt (Museum und Niederlassung) vor dem Cannstatter Werktor würden mit Ausnahme des Classic Centers in den nächsten Jahren nicht weiterverfolgt, hieß es im Ausschuss. In einem Ideenwettbewerb waren 2014 auch ein Forschungszentrum sowie Ausstellungsflächen für die Kunstsammlung sowie Freibereiche bis zum Neckarufer dargestellt worden.

Die großen Pläne liegen auf Eis

Der Konzern hat vor zehn Jahren das Grundstück, auf dem sich vier Sportplätze befanden, für 15,9 Millionen Euro gekauft. Vorerst vom Tisch ist damit auch das seinerzeit heftig umstrittene Vorhaben, eine Straße quer durch die Bezirkssportanlage zu legen. Zumindest für die geforderten 975 Stellplätze, die drei Jahre lang wegen eines starken Mitarbeiterzuwachses von 2000 Personen und der Bauarbeiten im Werk benötigt würden, wäre die Straße nicht nötig, sagte Hugo Daiber, Geschäftsführer der Daimler Real Estate.

Als Grund für die Stellplatznot, die es nötig macht, das sich im Außenbereich befindliche ehemalige Sportgelände zu schottern, nannte Daimler-Vertreter Ingo Konrad unter anderem aktuelle und künftige Baumaßnahmen. Derzeit wird ein teils aus den 60er Jahren stammendes Bürogebäude gegenüber dem Museum bis auf den Rohbau entkernt und saniert. Darin würden „zentrale Verwaltungsfunktionen“ konzentriert, sagte eine Firmensprecherin. Möglicherweise werde in diese Konzernzentrale auch der Vorstand einziehen.

Das Stadion-Parkhaus wird nicht aufgestockt

Seit 2011 ist das Vorhaben eines mehr als 100 Meter hohen Büroneubaus auf dem Werkgelände für Dieter Zetsche und Co. vom Tisch. Der Vorstand könnte von 2018 an den Blick aufs Museum genießen. Daimler könnte zwar einen Teil der Stellplätze auch durch eine Aufstockung des Parkhauses P 1 gegenüber der Stadion-Haupttribüne erreichen. Das sei aber sehr aufwendig, sagte Daiber. Und wohl auch zu teuer. Die Stadiongesellschaft teilte mit, sie benötige dort keine weiteren Kapazitäten. „Der Wandel hat hier seinen Ursprung“, sagte Konrad mit Verweis auf das Werk Untertürkheim. Dort würden die Grundlagen für das zukunftsträchtige emissionsfreie Fahren geschaffen. In den nächsten Jahren investiere man dafür drei Milliarden Euro. Gleichzeitig will der Konzern die vielen Bürostandorte in Stuttgart und der Region stärker bündeln, auch um unnötigen Verkehr zu vermeiden. „Wir gehen die Zersiedelung ernsthaft an“, so Daiber. Nicht nur in Untertürkheim, auch in Vaihingen werde deshalb gebaut. Im Synergiepark soll 2019 auf einem vier Hektar großen Grundstück ein Bürogebäude für rund 4200 Mitarbeiter fertiggestellt sein.

2000 zusätzliche Beschäftigte

Im Neckarpark werden in den nächsten Jahren 2000 zusätzliche Mitarbeiter erwartet. Bisher kommen vier von fünf Daimler-Beschäftigten mit dem Auto, entsprechend stark ist der Parksuchverkehr. Und dies, obwohl das Unternehmen Fahrgemeinschaften unterstützt, mobiles Arbeiten, Carsharing und Fahrräder anbietet. Die Bitte um weitere 975 Parkplätze, auch wenn sie nur für drei Jahre benötigt würden, stieß im Gemeinderat teils auf Ablehnung. Der Konzern hat aber nicht zuletzt durch die Bereitschaft Pluspunkte gesammelt, seinen Beschäftigen von Januar an ein vergünstigtes Jobticket für den öffentlichen Nahverkehr anzubieten. Das haben die Fraktionen auch gewürdigt: CDU-Chef Alexander Kotz lobte die „Dramaturgie“ – die Verkündung sei geschickt zur Sitzung erfolgt. Martin Körner (SPD) sagte, Daimler marschiere mit dem Jobticket in die richtige Richtung.

Stadtbahnlinie muss vors Werkstor

Alle Fraktionen waren sich mit den Daimler-Vertretern einig, dass die Verlängerung der Stadtbahnlinie U 19 über die bisherige Endhaltestelle „Neckarpark/Stadion“ hinaus bis 400 Meter vors Werktor verlängert werden müsse. Die Politik empfiehlt dem Unternehmen, sich an der Investition von rund zehn Millionen Euro zu beteiligen und die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) AG auch mit Planungsleistungen zu unterstützen.

SSB-Vorstandssprecher Wolfgang Arnold stellte im Ausschuss klar, dass die Verlängerung um 630 Meter über die Kreuzung Mercedes-/Talstraße hinweg für viele S-Bahn-Umsteiger am Wilhelmsplatz interessant sei, 2000 Fahrgäste mehr pro Tag bringe und so „erhebliches Potenzial“ berge. Es fehle aber an Personal, man sei mit der Eröffnung der U-12-Strecke Remseck– Dürrlewang mit Mensch und Material an der Kapazitätsgrenze. Bereits der Beschluss, die U 19 zwischen Neugereut und Stadion vom 17. Oktober an im Regelbetrieb fahren zu lassen, sei kritisch. Dies habe man nur bis April 2017 zugesagt.

Ein schneller Bau scheitere daran, dass eine U 19 zwischen Remseck und dem Museum bisher nur in der dritten Kategorie der langfristigen Projekte geführt werde. Eine Höherstufung in den mittelfristigen Bereich 2 sei denkbar, nötig wäre aber ein Beschluss, dass dann die Verlängerung der Haltestellen entlang der stark frequentierten U 1 auf 80 Meter und/oder die Übereckverbindung in Möhringen verschoben werden müsste. Für gesamtwirtschaftliche Untersuchungen seien von heute an zwei Jahre zu veranschlagen – schließlich solle das Projekt vom Land gefördert werden. Außerdem müssten eine aufwendige Vor- und Genehmigungsplanung vorgenommen und politische Entscheidungsverfahren abgewartet werden. Ein Planfeststellungsverfahren dauere mindestes ein Jahr, sodass frühestens 2020 mit dem Bau begonnen werden könne, der zwei Jahre dauere.