Die „Quest“ sank vor mehr als 60 Jahren. Nun haben Forscher das Wrack entdeckt. Das Schicksal des britischen Polarforschers Ernest Shackletons ist auf tragische Weise mit diesem Schiff verbunden.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Wissenschaftler haben vor der Ostküste Kanadas das Wrack des letzten Expeditionsschiffs des berühmten britischen Polarforschers Ernest Shackleton (1874-1922) gefunden. Die „Quest“ sei in rund 390 Metern Tiefe vor der Labrador-Halbinsel entdeckt worden, teilte die Royal Canadian Geographical Society (RCGS) am Mittwoch (13. Juni, Ortszeit) mit.

 
Dieses von der Royal Canadian Geographical Society zur Verfügung gestellte Foto zeigt den Untergang der „Quest“ vor der Küste von Labrador. Foto: Royal Canadian Geographical Society/Tore Topp/AP/dpa
Das Wrack des letzten Schiffes von Sir Ernest Shackleton wurde von einem internationalen Team unter der Leitung der Royal Canadian Geographical Society vor der Küste Kanadas gefunden. Foto: Royal Canadian Geographical Society/Tore Topp/AP/dpa

Auf dem Schiff war Shackleton 1922 im Alter von 47 Jahren an einem Herzanfall gestorben. Es war danach noch mehrere Jahrzehnte im Einsatz und sank schließlich im Jahr 1962.

„Quest“ liegt in rund 390 Metern Tiefe 

Das in Norwegen gebaute Dampfschiff mit Schoner-Takelung sei weitgehend intakt und stehe aufrecht auf dem Meeresgrund, teilte Expeditionsleiter John Geiger mit. Es sei unter anderem mithilfe von Sonargeräten geortet worden. Anhand der Maße und der Form gebe es keine Zweifel, dass es sich um die „Quest“ handele.

„Sie zu finden, ist eines der letzten Kapitel in der außergewöhnlichen Geschichte Sir Ernest Shackletons“, ergänzte Geiger. Die „traurige Ironie“ sei, dass sein eigener Tod der einzige Todesfall auf den Schiffen unter seinem Kommando gewesen sei.

„Ich habe lange auf diesen Tag gehofft und bin allen dankbar, die diese unglaubliche Entdeckung gemacht haben“, betonte Shackletons Enkelin Alexandra, die Co-Schirmherrin der Expedition. Diese war sechs Jahre lang vorbereitet worden. Nach fünf Tagen auf See war die Suche dann den Angaben zufolge erfolgreich.

Dieses von Canadian Geographic zur Verfügung gestellte Foto zeigt das Quest Expeditionsteam in Labrador. Foto: Jill Heinerth/Canadian Geographic/AP/dpa

Shackleton leitete mehrere Polar-Expeditionen

Der in Irland geborene Ernest Shackleton gehörte zu den bedeutendsten Polarforschern seiner Zeit. Mehrere Expeditionen führten ihn zum Südpol mit dem Ziel, die Antarktis eines Tages ganz zu umrunden. Auf dem Weg zu seiner vierten Expedition war er an Bord der vor der Insel Südgeorgien ankernden „Quest“ gestorben.

Zunächst hatte er damals eine kanadische Arktisexpedition machen wollen, musste diese Pläne aber aufgeben, weil die kanadische Regierung ihre Unterstützung zurückzog.

Dampfschiff „Quest“ sank 1962

Undatiertes Handout-Sonarbildder „Quest“. Foto: Canadian Geographic/PA Media/dpa

Die „Quest“ war nach Angaben der Royal Canadian Geographical Society seinerzeit an ein norwegisches Unternehmen verkauft worden und nahm an weiteren Expeditionen sowie Rettungsmissionen teil. Im Mai 1962 sei sie vor Neufundland und Labrador von Eis beschädigt worden und gesunken. Die norwegische Crew habe überlebt.

In einer zweiten Phase der Expedition wollen die Wissenschaftler im Sommer versuchen, sich mit einem Tauchroboter dem Wrack zu nähern und Aufnahmen zu machen. Im Jahr 2022 war bereits das Wrack von Shackletons Expeditionsschiff „Endurance“ im antarktischen Weddellmeer gefunden worden.

Info: Expeditionen in die Antarktis

Ernest Shackleton: 1914-1917
Die Endurance-Expedition von Shackleton fand von 1914 bis 1917 statt. Sie war die letzte große Expedition des sogenannten Goldenen Zeitalters der Antarktis-Forschung. Ernest Shackleton wollte als erster den antarktischen Kontinent durchqueren. Die Expedition scheiterte, doch alle Teilnehmer überlebten.

Roald Amundsen und Robert Scott: 1911/1912
Drei Jahre zuvor hatten bereits der norwegische Polarforscher Roald Amundsen und sein britischer Kollege Robert Falcon Scott das gleiche Ziel. Im Winter 1911 zogen sie in zwei getrennten Expeditionen los, um als erste Menschen den Südpol zu erreichen. Beide machten sich im Abstand von vier Tagen auf unterschiedlichen Routen auf den Weg - Amundsen und sein Team mit Hundeschlitten, Scott und seine Männer mit Ponys und Motorschlitten. Am 14. Dezember 1911 hissten Amundsen und seine vier Begleiter am Südpol die Flagge Norwegens. Scott und seine vier Mitstreiter erreichten rund einen Monat später, am 17. oder 18. Januar 1912, den Pol. Auf dem Rückweg zum Basislager starben die fünf Männer an Unterernährung, Krankheit und Unterkühlung. Einem Schneesturm Ende März konnten sie nichts mehr entgegensetzen. Kaum 20 Kilometer vom nächsten Stützpunkt mit Nahrungsmitteln und Brennstoff entfernt kamen die letzten Männer der Gruppe ums Leben. Am 29. März 1912 schrieb Scott in sein Tagebuch: „Das Ende kann nicht mehr lang dauern.“

Reinhold Messner und Arved Fuchs: 1989/90
Im Winter 1989/90 wagten sich der Extrem-Bergsteiger Reinhold Messner und der Polarforscher Arved Fuchs als erste zu Fuß durch die Antarktis. 92 Tage waren sie unterwegs, 2500 Kilometer ohne Technik, Hunde – und mit 130 Kilogramm Gepäck. 1989 gelangte Fuchs als erster Deutscher mit der internationalen Expedition „Icewalk“ zu Fuß zum Nordpol. Als erster Mensch wanderte er damit in einem Jahr zu beiden Polen.

Colin O’Brady, 2018:
Als erster Mensch durchquerte der US-Abenteurer Colin O’Brady die Antarktis alleine und ohne Hilfsmittel. Nach 1482 Kilometern auf Langlaufskiern erreichte der 33-Jährige am 28. Dezember 2018 nach 54 Tagen sein Ziel am Ross-Schelfeis am Pazifischen Ozean. O’Brady, der einen 180 Kilogramm schweren Schlitten hinter sich herzog, hatte am 12. Dezember nach 40 Tagen den Südpol erreicht.