Immer kämpfen, niemals aufgeben – die Rückkehr des lange verletzten Daniel Didavi dient dem abstiegsgefährdeten VfB Stuttgart vor dem Freiburg-Spiel als Aufbaugeschichte.

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Man hatte ja lange nichts von ihm gesehen oder gehört. Auch zu lesen gab es nicht viel. Und wenn, dann waren es Bulletins, die sich mit seinem lädierten linken Knie beschäftigten. Übersetzt bedeuteten die medizinischen Fachbegriffe immer nur: ein Rückschlag, der die Verletzungspause verlängerte.

 

Doch Huub Stevens hat sich gleich an Daniel Didavis fußballerische Fähigkeiten erinnert. An den 11. April 2012, als Stevens noch Trainer beim FC Schalke war und Didavi für den 1. FC Nürnberg auflief. Zwei Tore erzielte der Mittelfeldspieler damals, und er bereitete bei seiner Gala auch eines vor zum 4:1-Erfolg über die Schalker. „Da gab es jetzt noch einen Anschiss, als er in Stuttgart angetreten ist“, lacht Didavi.

Man kann sich das gut vorstellen, wie sich Stevens mit seiner mächtigen Statur und seiner noch größer erscheinenden Autorität vor dem sensiblen Techniker aufbaute und ihn in seiner herzlich-rauen Art begrüßte. Die Anekdote zeigt aber auch, dass der neue VfB-Coach schon recht schnell mit einer Rückkehr Didavis in die Stuttgarter Mannschaft liebäugelte.

Dem Knie geht es gut

Jetzt sitzt der 24-jährige Profi da und kann über sein Bundesliga-Comeback berichten. Wenige Tage ist es her, dass Didavi in der Begegnung mit Borussia Dortmund (2:3) erstmals wieder zur Anfangself der Stuttgarter gehörte. Und würde man sein Knie befragen können, wie es ihm gehe, dann hieße die Antwort: „Sehr gut. Keine Reaktion.“ Keine Reaktion bedeutet: keine Schmerzen – und das ist das beste Signal, das Didavis Körper senden kann.

Fast zwei Jahre lang musste sich das Talent gedulden, seit es sich unmittelbar vor seiner Rückkehr von Nürnberg nach Stuttgart im Mai 2012 in einem letzten Freundschaftsspiel für die Franken einen Knorpelschaden im linken Knie zuzog. Zwei Operationen und 413 Tage später endete Didavis Leidenszeit mit einer ordentlichen Leistung gegen Dortmund.

Am Samstag im Heimspiel gegen den SC Freiburg ist wieder damit zu rechnen, dass Didavi das Trikot mit der Nummer zehn auf das Feld trägt. Dass Stevens ihm bei dem Versuch, die Balance zwischen stabiler Defensive und brauchbarer Offensive zu finden, weiter vertraut. Auch wenn die Kraft noch nicht für 90 Minuten reicht. Doch lieber eine Stunde Ruhe und Struktur im Passspiel als gar nicht. „Als Erstes muss ich gegen den Ball arbeiten, und dann soll ich die Bälle verteilen“, umschreibt Didavi die Aufgaben, die ihm Stevens stellt.

Die Bibel ist immer dabei

Das Geschichte des lange Verletzten dient dem VfB aber auch als Anschauungsmaterial. Niemals aufgeben, immer kämpfen – das ist die Botschaft, die sich auf den Abstiegskandidaten übertragen lässt. Gerade vor dem Kellerduell mit den Freiburgern. Finalen Charakter besitzt es für Didavi aber noch nicht. „Danach werden wir weder gerettet noch abgestiegen sein“, sagt er.

Wenngleich sich die Perspektiven des VfB bei einer Niederlage weiter verdüstern würden. Doch Didavis Karriere war – wie er betont – auch schon von vielen totgesagt. Nun gehört er aber wieder zu den Hoffnungsträgern. Und wenn er während seiner Rehawochen eines gelernt hat, dann ist es: „Den Glauben nicht zu verlieren.“

Viel benötigt das aus Nürtingen stammende Eigengewächs dazu nicht. Eine Bibel reicht ihm. Sie ist sein ständiger Begleiter. „Mein Glaube zu Gott hat mir sehr geholfen“, sagt Didavi. Als er Mobilisationsübungen machte, als er Gewichte stemmte, als er einsam seine Läufe absolvierte. Als er wieder in das Mannschaftstraining einstieg. Als ihm Stevens wenige Stunden vor dem Dortmund-Spiel offenbarte, dass er auf ihn setze – und wohl auch ein Stück darauf, dass Didavi mit der belastenden Situation unbelasteter umgehen könne, weil er sie doch etwas distanzierter erlebt hat.

Bei allen Abstiegssorgen kommt eines für Daniel Didavi jedoch nicht infrage: Beten für den Klassenverbleib. „Gott spielt nicht für uns Fußball“, sagt er, „das müssen wir uns schon selbst erarbeiten.“