Saß 17 Jahre ganz oben auf dem Wagen des Siebenerrats: Daniel Kadasch. Foto: Simon Granville
17 Jahre hat Daniel Kadasch als Zunftmeister die Fasnet in Weil der Stadt geprägt. Er spricht über seine Rolle, politische Spitzen und warum er nun aufgehört hat.
Sophia Herzog
11.11.2025 - 10:35 Uhr
Wer die Weiler Fasnet kennt, der kennt auch Daniel Kadasch: 17 Jahre lang war er es, der beim großen Umzug am Fasnetssonntag von ganz hoch oben auf dem Wagen des Siebenerrats gewunken hat, dicht gefolgt von einem schwungvollen „AHA!“. Drei Bürgermeister hat er in 17 Jahren Amtszeit ihres Postens enthoben, hat 17 Narrete Sitzungen im Rathaussaal geleitet und unzählige Mal die politischen Geschehnisse im Städtle aufs Korn genommen.
Damit ist für den 49-Jährigen jetzt Schluss: Vor Beginn der neuen Saison hat Kadasch offiziell den Stab an die nächste Generation weitergegeben. Aber nicht, weil der Job keine Freude mehr gebracht hat. „Mir macht das riesig Spaß, nach wie vor“, betont er. „Aber irgendwann läuft es sich ein.“ Wenn man alte Reden aus der Schublade ziehen würde, um sich inspirieren zu lassen, dann sei es eben Zeit für Neues.
Fasnet in Weil der Stadt: Der Zunftmeister hält der Stadt den Spiegel vor
In Erinnerungen bleiben werden eben diese – seine berühmt-berüchtigten Reden – wohl so ziemlich jedem Narren und Fasnet-Enthusiasten aus Weil der Stadt. Mit allerlei Augenzwinkern und dem Schalk im Nacken hat Kadasch dabei stets angeprangert, was in Weil der Stadt so falsch läuft – und wo die Narren aushelfen können. „Fasnet, das heißt den Spiegel vorhalten“, erklärt der Zunftmeister – der Gesellschaft und der Politik. Das braucht auch Fingerspitzengefühl, etwa bei den entmachteten Bürgermeistern. „Die haben alle immer Spaß gehabt“, sagt Kadasch. „Aber jeder war anders. Es haben alle ihre Spezialseite.“
Welches Thema sich der Zunftmeister auf die Agenda schreibt, war nicht immer von langer Hand geplant. „Manchmal war es schon im Mai klar, welches Thema man nehmen kann“, erinnert er sich. „Manchmal ist es auch erst kurzfristig aufgekommen.“ Vor rund 15 Jahre etwa, daran erinnert er sich, hatte die Familie Porsche in Weil der Stadt einen Pferdehof errichten wollen. In seinen Reden hatte Kadasch die heftige Protestbewegung gegen dieses Vorhaben aufs Korn genommen. Das Thema war so in aller Munde, dass es für die Narren quasi schon Pflicht war.
Fasnet in Weil der Stadt: Beim Narrensprung muss alles sitzen
Besonders sitzen müssen die Pointen, das weiß Kadasch zu gut, beim Narrensprung. „Da sind die Einheimischen, und die kennen sich aus. Die Anklagepunkte mussten immer knackig kommen.“ Und das ist auch Übungssache: „Meine erste Rede war schon furchtbar, da hat sich auch nicht alles gereimt“, erinnert sich Kadasch. „Am Anfang wird man ins kalte Wasser geschmissen.“
In die Amtszeit des 49-Jährigen fällt auch die relativ neue Tradition der Narrenmesse in der Kirche, die Kadasch zusammen mit dem ehemaligen Vereinsvorsitzenden Michael Borger und dem Pfarrer Anton Gruber eingeführt hat. Wenn die Narren in die Kirche kommen, sind die Bänke voll, alle verkleidet, Narrenlieder werden gespielt. „Das hat sich richtig toll etabliert“, freut sich Kadasch.
Fasnet in Weil der Stadt: Auch für den Zunftmeister war die Pandemie einschneidend
Aktionen wie die Narrenmesse spiegeln auch den Kern der Weiler Fasnet wieder, den Kadasch in seinen 17 Jahren als Zunftmeister miterhalten hat: „Die Fasnet ist traditionell und altehrwürdig“, sagt er. „Nie Party-Fasnet. Tradition ist uns wichtig.“ Hier und da könne man die Dinge schon den aktuellen Gegebenheiten anpassen – aber eben nur leicht.
Beim Narrensprung hat Daniel Kadasch so machen Bürgermeister abgesetzt. Hier zum Beispiel den amtierenden Christian Walter. Foto: Simon Granville
Einschneidend in seiner Amtszeit war derweil die Corona-Pandemie. „Das bleibt auch hängen“, sagt Daniel Kadasch. „Danach hat sich die Fasnet auch ein bisschen anders angefühlt.“ Die strengen Regeln der Pandemiejahre hat man bei der Narrenzunft zwar hinter sich gelassen, leicht ist es trotzdem nicht immer – im letzten Jahr etwa, als nach der Amokfahrt in Magdeburg plötzlich Sicherheitskonzepte überarbeitet werden musste. „Da schläft man vor dem Umzug schon nicht so gut“, erinnert sich Kadasch.
„Fasnet hat man im Blut“, sagt Daniel Kadasch
Freude verbreiten die Narren in der fünften Jahreszeit trotzdem weiterhin zuverlässig. Auch für Kadasch selbst ist die Fasnet nicht zu wegzudenken, selbst ohne Posten als Zunftmeister. „Fasnet hat man im Blut“, sagt er. In seinem Fall stimmt das allemal: Einst thronte der Vater als Zunftmeister oben auf dem Siebenerrat, die Mutter war Majorin beim AHA-Ballett. Früh ist Kadasch bei den Hexen dabei, spielt später in der Narrenkappelle mit. 2005 geht es für ihn in den Siebenerrat, 2008 wird er Zunftmeister.
Auch deshalb wird Kadasch erst einmal nicht von der narreten Bildfläche verschwinden. Im Siebenerrat wird er aktiv bleiben. Und sonst? „Ich werde meinen Platz in der Narrenzunft finden“, sagt Kadasch. „Aber das soll sich jetzt entwickeln.“ Ein bisschen mehr Freiheit ist auf jeden Fall drin. Denn der Job als Zunftmeister ist auch: „Ein Mordsg’schäft.“ Fällt das weg, bleibt eben mehr Zeit, um die Fasnet in vollen Zügen zu genießen.
Übernehmen werden nun zwei junge Nachfolger: Tobias Forstenhäusler ist der neue Zunftmeister, sein Stellvertreter Daniel Hörner. „Es ist wichtig, dass man eine gute Nachfolge hat, und das ist gegeben“, freut sich Daniel Kadasch. Zum Schluss noch ein Ratschlag? „Die sollen sich immer treu bleiben“, sagt er. „Des kriegen die scho no.“