Der Innenverteidiger Daniel Schwaab spricht im StZ-Interview über die positive Entwicklung beim VfB Stuttgart und seine eigenen Ziele.

Stuttgart - Zuerst flachst Daniel Schwaab (27) noch mit den Mitarbeitern der VfB-Presseabteilung. Das zeigt, wie entspannt die Lage im Club gerade ist.

 

Dann kann das Interview mit dem Abwehrspieler beginnen, der zu den Gewinnern des Trainerwechsels von Alexander Zorniger zu Jürgen Kramny gehört.

Herr Schwaab, wie anstrengend war es für Sie, sich jetzt nach der Winterpause in Ihrer neuen Mannschaft einzuleben?
Welche neue Mannschaft denn?
Na ja, bis vor Kurzem hieß es selbst beim VfB, dass den Spielern die richtige Erfolgsmentalität fehlt – und nun ist vom Gegenteil die Rede. Dann kann das doch kaum mehr ein und dieselbe Mannschaft sein. Oder wie sehen Sie diese Veränderung?
Offenbar haben wir uns die Kritik zu Herzen genommen und die entsprechenden Konsequenzen daraus gezogen.
Gute Zeiten, schlechte Zeiten – und dazwischen gibt es keine Grautöne und keine Differenzierungen. So einfach ist das also?
Wenn kein Erfolg da ist, wird alles hinterfragt. Dann werden Gründe gesucht – und wenn man sehr intensiv sucht, wird man in solchen Phasen auch fündig. Aber wenn die Mentalitätsdebatte einen Anstoß gegeben hat, soll es ja nur recht sein.

VfB Stuttgart - Bundesliga

Nächstes Spiel

lade Widget...

Tabelle

lade Widget...
Komplette Tabelle
Was bedeutet Mentalität für Sie eigentlich ?
Dass man jeden Tag an seine Grenzen geht und sich nicht mit zu wenig zufrieden gibt, sondern immer besser werden will. Diese Einstellung haben wir derzeit. Momentan läuft es auf jeden Fall hervorragend.
Das ist nicht zu übersehen, nachdem der VfB seit acht Bundesligaspielen ungeschlagen ist. Haben Sie dafür eine Erklärung?
Eine einzige Erklärung gibt es nicht, weil mehrere Punkte zusammenkommen.
Legen Sie los!
Auch wenn es vielleicht etwas abgedroschen klingt, aber die Mannschaft ist intakt. Das ist die Voraussetzung. Dazu haben wir eine passende Mischung gefunden zwischen Lockerheit und dem Wissen, wann es ernst wird und wann es darauf ankommt. Weiter schaffen wir es inzwischen, unsere Qualität auf den Platz zu bringen. Wir haben verschiedene Spielertypen und sind deshalb nicht so leicht auszurechnen. Jeder ruft Woche für Woche seine Leistung ab – und dann machen wir auch noch zum perfekten Zeitpunkt unsere Tore.
Das ist in der Tat eine lange Liste, die Sie aufführen, aber etwas haben Sie vermutlich trotzdem vergessen – das Glück.
Stimmt, das haben wir auch, aber das ist uns nicht in den Schoß gefallen. Wir haben es uns erarbeitet. Und außerdem fällt mir gerade noch ein Aspekt ein. Der Schlüssel ist, dass sich mittlerweile jeder Spieler defensiv voll reinhängt. Das macht es für uns in der Abwehr einfacher, weil wir so besser in die Zweikämpfe kommen und viele Chancen schon im Keim ersticken können.
Das hört sich nach harter Arbeit an.
Natürlich, aber der Erfolg erleichtert alles. Wir fühlen uns alle sehr wohl, und da macht es Spaß, vor oder nach dem Training noch Sonderschichten zu leisten.
Im Herbst dürfte das anders gewesen sein?
Damals war es wirklich manchmal so, dass man sich dazu zwingen musste und dass man dann gesagt hat: ,Heute habe ich keinen großen Antrieb, noch in den Kraftraum zu gehen’.
Wenn Sie Journalist wären und ein Schlagwort für die Entwicklung beim VfB in den vergangenen Wochen finden müssten – was würde Ihnen da einfallen?
Homogenität.
Würden Sie auch die Schlagworte Aufbruchstimmung und Wendezeit unterschreiben?
Man kann schon von einer Wende sprechen, aber entscheidend wird sein, wie wir damit umgehen. Es gibt überhaupt keinen Grund, dass wir uns ausruhen. Vielmehr müssen wir schauen, dass wir uns weiter von den hinteren Plätzen absetzen.
Sie schielen nicht nach oben?
Wir haben nicht vergessen, wo wir herkommen – und wir wissen auch, wie wir unsere Siege geholt haben. Wir haben ja nicht 4:0 oder 5:0 gewonnen. Deshalb ist da kein Raum für Träumereien.
Solche Aussagen werden dem Trainer Jürgen Kramny gefallen. Was macht er anders als sein Vorgänger Alexander Zorniger?
Vor allem holen wir jetzt mehr Punkte.
Und sonst?
Als Erstes vermittelte er uns, dass wir uns auf die Grundtugenden besinnen müssen – also Zweikämpfe und Kompaktheit. Dazu findet der Trainer die richtigen Worte, um uns zu motivieren.
Sie haben schon viele Trainer erlebt. Was zeichnet Kramny aus?
Dass er sehr kommunikativ ist und es nicht duldet, dass bei uns der Schlendrian einzieht. Da kann er dann auch schon einmal laut werden, wenn er vor der Mannschaft steht. Ansonsten ist er aber ein sehr umgänglicher Mann.
War Zorniger das auch?
Die Herangehensweise bei ihm war anders. Und wir hatten keinen Erfolg. Da wird zwangsläufig alles komplizierter.
Meinen Sie mit der Herangehensweise das unter Zorniger praktizierte bedingungslose Pressing?
Das auch. Heute machen wir das Pressing bedachter. Es läuft geordneter ab, und wir nehmen nicht mehr so viel Risiko.
Das verträgt sich allem Anschein nach auch mit Ihrer eigenen Spielweise. Nachdem Sie bei Zorniger einen ziemlich schweren Stand hatten, haben Sie sich ins Team zurückgekämpft und in der Rückrunde keine Minute auf dem Platz verpasst. Im Sommer läuft Ihr Vertrag aus. Wollen Sie verlängern?
Das kann ich mir vorstellen, aber es hängt von den Gesprächen mit dem Verein ab. Letztlich folge ich meinem Bauchgefühl.
Haben Sie sich ein Zeitlimit gesetzt, bis zu dem Klarheit herrschen soll?
Nein, ich genieße gerade einfach den Augenblick und freue mich, dass ich ein Bestandteil dieser Mannschaft bin.
Wie wichtig ist für Sie in diesem Zusammenhang Georg Niedermeier als Ihr Partner in der Innenverteidigung?
Extrem wichtig. Entscheidend ist, dass wir auf dem Feld viel miteinander reden und uns da ergänzen. Die Abstimmung zwischen uns klappt.
Wo soll der VfB am Ende der Saison stehen?
Darüber mache ich mir gar keine Gedanken. Es bringt doch nichts, jetzt irgendwelche Ziele auszurufen. Stattdessen geht es darum, dass wir den Moment nutzen.
Wie nehmen Sie diesen Moment wahr?
Man spürt direkt, wie schön diese Phase nicht nur für uns Spieler ist, sondern auch für das gesamte Umfeld. Das tut gut nach den harten Jahren, die hinter uns allen liegen. Die Leute sind wieder stolz auf den VfB und kommen gerne ins Stadion – und wir Spieler sind stolz, dass das so ist.