Stego ist international tätig und bietet die Technologie, um die Elektronik von Skiliften oder Parkautomaten vor Hitze, Kälte und Feuchtigkeit zu schützen. Die Aussichten gelten als günstig – wann da nicht die Internetanbindung wäre.

Schwäbisch Hall - Die Stadt Schwäbisch Hall lobt das Gewerbegebiet Stadtheide in den höchsten Tönen. „Das über 100 Hektar große gewachsene Gewerbe- und Industriegebiet im Westen von Schwäbisch Hall zeichnet sich durch seine hohe Dynamik, starke Innovation, geballte Wirtschaftskraft und Global Player aus“, ist auf der Internet-Seite der knapp 40 000 Einwohner zählenden Stadt im Nordosten Baden-Württembergs nachzulesen. Der führende Fluggastsitzhersteller – gemeint ist Recaro – hat dort seinen Sitz, genauso wie Verpackungs- und Sondermaschinenbaufirmen. Es sind teils Hidden Champions, unbekannte Weltmarktführer.

 

Dynamisch, innovativ und international sind Eigenschaften, die Isidor Gloning und Elmar Mangold für Stego, einer der führenden Anbieter im Bereich der Klimatisierung von Schaltschränken, in Anspruch nehmen. Stego schützt die Elektronik von Skiliften, Parkautomaten, Mobilfunkmasten oder Windkraftanlagen vor Hitze, Nässe und Feuchtigkeit – ansonsten könnte sich etwa Kondensat bilden, das einen Kurzschluss auslöst. Gloning ist Mitbegründer und geschäftsführender Gesellschafter der Firma Stego, Mangold ist Geschäftsführer. 1989 hat sich das Unternehmen im Schwäbisch Haller Industriegebiet Stadtheide angesiedelt – und bereits mehrmals erweitert. Rund 100 der insgesamt 160 Mitarbeiter sind an diesem Standort tätig. Stego ist international aufgestellt. 75 Prozent des Umsatzes, der eine zweistellige Millionenhöhe erreicht, werden im Ausland erzielt. Etwa 50 Patente hat das Unternehmen angemeldet. Weltweit 800 Kunden werden von Schwäbisch Hall aus betreut. Elektronik steckt in immer mehr Produkten. Deshalb könnten die Aussichten für das Unternehmen ausgesprochen günstig sein – wenn da nicht die Internetanbindung wäre.

Stego muss sich begnügen

Während die gesamte Industrie von den Chancen einer weltweiten Vernetzung und Cloud Computing schwärmt, muss sich Stego begnügen. Gerade mal acht Megabit pro Sekunde (Mbit/s) stehen dem Unternehmen aus Hohenlohe zur Verfügung – mit dieser Übertragungsrate ist das Unternehmen im weltweiten Datennetz unterwegs. Daten mit einer Geschwindigkeit von acht Mbit/s kann das Unternehmen versenden; mit gleicher Geschwindigkeit kann das Unternehmen Daten empfangen. Mehr nicht. Mit einer solchen Raten sind weder Videotelefonie noch Telearbeit möglich, ganz zu schweigen von Cloud Computing. 16 Mbit/s – also doppelt so viel wie Stego zur Verfügung steht – sind für Videotelefonie nötig, ist auf der Internetseite des zuständigen Ministeriums für Inneres, Digitalisierung und Migration in Baden-Württemberg nachzulesen. Für Telearbeit sind 50 Mbit/s nötig. Und wer Cloud Computing anstrebt, dem sollten 100 Mbit/s zur Verfügung stehen.

Und bei Stego? Mitarbeiter murren, weil sie lange Wartezeiten haben, bis sich eine Internetseite endlich aufgebaut hat. Außendienstmitarbeiter, die Kunden besuchen, haben sicherheitshalber den Produktkatalog des Unternehmens auf ihren Laptop geladen. Es ist nicht immer das allerneueste Exemplar – „so häufig können sie nicht aktualisieren“ (Mangold) –, doch Sicherheit hat Vorrang. Und es sei eben nicht sichergestellt, dass der Vertriebsmitarbeiter, der gerade beim Kunden sitzt, per Internet Zugriff auf den aktuellen Produktkatalog im Stego-Netzwerk habe. Damit nicht genug: Bei Online-Produktschulungen müssen die Teilnehmer mit einem qualitativ schlechten Bild leben.

Der gute alte Datenträger

Und „wenn wir dreidimensionale Computermodelle erstellen, schicken wir die auf einem Datenträger dem Kunden oder Lieferanten zu, damit er mögliche Änderungen vornehmen kann“, erläutert Christof Peikert, Systemadministrator bei Stego, das Vorgehen. Unternehmen mit einem superschnellen Internetzugang machen dies auf kurzem Wege per Mouseklick. Bei Stego würden solch riesige Datenmengen das Netz zeitweise lahmlegen; andere Aktivitäten wären nicht mehr möglich. Und das Datenvolumen steigt weiter exponenziell, so Peikert. Die Telekom dränge auf eine Umstellung auf Internettelefonie. „Dann haben wir ein noch größeres problem“, so Peikert.

Die Politik hat das schnelle Internet zu ihrem Thema gemacht. Bis 2025, so die Zielsetzung der Landesregierung, soll Baden-Württemberg flächendeckend mit Breitband versorgt sein. Ein Zeitraum, den sich Mangold gar nicht vorstellen will. „Eigentlich muss man sofort anfangen“, sorgt sich der Stego-Geschäftsführer. Er befürchtet, das private Haushalte priorisiert werden. Er wohnt in einem Dorf rund 60 Kilometer von Schwäbisch Hall entfernt; dort stehen ihm bereits 50 Mbit/s zur Verfügung. Seine Kinder wachsen mit Geschwindigkeiten auf, von denen seine Mitarbeiter nur träumen können, klagt er.

Die Alternativen sind auch keine Alternative

Doch welche Alternativen hat das Unternehmen? Wer bei der Telekom die Daten des Stego-Standorts eingibt, erhält die Aussage, dass 16 Mbit/s zur Verfügung stehen. Aber warum wird dieser Wert nicht erreicht? Ursache der geringeren Bandbreite ist wohl die sogenannte Dämpfung, heißt es dazu bei der Telekom. Das Signal verliere im Kupferkapfel an Stärke. Als Faustformel gelte: Je näher der Kunde am Straßenverteiler wohnt, desto höher ist seine Geschwindigkeit. Telekom, die aktuell keine Ausbaupläne in Schwäbisch habe, gebe in den Tarifen die höchstmögliche Übertragungsrate an.

In dem Gebiet ist auch der Kabelnetzbetreiber Unity aktiv; wollte Stego an das Netz angeschlossen werden, müsste es die Kosten in sechsstelliger Höhe für die letzte Meile selbst tragen. „Es kann doch nicht das Ziel sein, dass jeder seine eigene Leitung gräbt“, so Mangold. Und Mobilfunkanbieter – ein Funkmast steht ganz in der Nähe des Firmengebäudes – sind auch keine wirkliche Alternative, weil Mobilfunker eine bestimmte Übertragungsrate nicht garantieren können.

Wer innovativ sein will, muss technologisch vorne sein

Bisher haben keine Kunden Stego den Rücken zugekehrt. Doch wie wird es künftig? Wenn immer mehr Unternehmen darauf drängen, über Internetplattformen mit den Kunden und Lieferanten verbunden zu sein? Die Ansagen der Geschäftspartner dazu seien eindeutig. Als innovatives Unternehmen will Stego schließlich auch technologisch vorne mit dabei sein. Derzeit kann das Unternehmen die geringen Übertragungsraten mit zusätzlichem Aufwand kompensieren – noch. Aber „wir verlieren Schritt für Schritt an Wettbewerbsfähigkeit“, befürchtet Mangold. Messbar sei das aber nicht, fügt Gloning hinzu.