Immerhin reichte der Ruf der Disco bis in die Filmbranche. Ein „Tatort“ mit Uwe Ochsenknecht wurde 1984 in der Filmklause gedreht. In den Siebzigern erblickte im Tanzlokal sogar ein Kind das von einer Discokugel gespiegelte Licht der Welt. Die junge Frau hatte mitten auf der Tanzfläche ihr Fruchtwasser verloren. Bei welchem Lied, ist nicht überliefert.

 

Das letzte große Event war eine Goldene Hochzeit, die ein Paar in der Disco feierte. Die Gäste sind mit der Filmklause alt geworden. „Seit 35 Jahren komme ich hierher“, sagt Jürgen Leutritz aus Bonlanden. Einst hat der heute 53-Jährige als Discjockey Platten aufgelegt. In den letzten zwei Jahrzehnten war sein Stammplatz aber nicht mehr bei den Schallplatten, sondern als Gast am zweiten Tisch hinten in der Ecke: „Hier klebt noch der Kaugummi unter dem Tisch, den ich vor mehr als 30 Jahren da hingebebbt hab’.“

An jenem Holztisch lernte er vor 13 Jahren Christine kennen. Von da an war das Paar freitags immer gemeinsam in der Filmklause. Anfangs brachte Christine ihre damals halbwüchsigen Töchter mit. Jetzt sind die mit ihren eigenen Familien beschäftigt. Die mittlerweile dreifache Großmutter jedoch hielt der Filmklause immer die Treue. „Das ist mein zweites Zuhause. Wir waren eine große Familie.“

Schluss ohne Abschiedssause

Die Zeit ist zwar in der Filmklause stehen geblieben, nicht aber bei den Behörden. Und die Brandschutzbestimmungen aus den sechziger Jahren entsprechen schon lange nicht mehr den heutigen. Das Landratsamt verlangte eine umfassende Sanierung, mehr als 100 000 Euro hätte das gekostet. „Wir nehmen hier schon lange nichts mehr ein. Die Filmklause ist unser Hobby“, sagt Liesel. Eine große Investition hätte sich nicht mehr gelohnt. Händeringend suchten sie nach einem Nachfolger, jung und wagemutig genug, viel Geld in die Kultdisco zu stecken. Fast hätte es geklappt. Doch dann platzte das Geschäft. Lothar und Liesel machten zu. Einfach so. Ohne Ankündigung und Abschiedssause. „Wir haben uns so geniert“, sagt Liesel.

Immer mittendrin im Geschehen waren Lothar und Liesel – wie die beiden Betreiber bis zuletzt von ihren Besuchern gerufen wurden. 69 ist Lothar gerade geworden, doch er wirkt jünger. Genau wie Liesel. Bis zuletzt stand die 91-Jährige jeden Freitag bis morgens um drei hinter dem Tresen der Filmklause. Und hin und wieder wagte sie sich sogar noch auf die Tanzfläche und rockte ein wenig mit ihren Gästen ab.

Gerne erzählt die Discoqueen im Urgroßmutteralter von der goldenen Zeit, damals in den sechziger und siebziger Jahren. Der Beatklub im beschaulichen Dorf Schönaich schlug ein wie eine Bombe. Es war der einzige Tanzschuppen weit und breit. Wer heute zwischen 50 und 70 Jahren und in der Region Stuttgart aufgewachsen ist, kennt die Filmklause zumindest dem Namen nach. Mit Perlenketten und Pumps kamen anfangs die Damen, in Anzügen die Herrn. Das änderte sich Ende der sechziger Jahre. „Mit der Hippiebewegung wurde alles leger,“ sagt Lothar. Aus dem ganzen Land trampten die jungen Leute nach Schönaich. Bis an den Bodensee reichte das Einzugsgebiet. Auch bei den im Land stationierten US-Soldaten war die Disco beliebt. Immer wieder musste die Polizei – die deutsche wie die amerikanische – einschreiten, wenn es zu Schlägereien kam. „Doch wirklich Schlimmes ist dabei nie passiert“, sagt Liesel.Die zierliche Dame ging notfalls auch selbst dazwischen, um zwei Streithähne zu trennen. Vielen Eltern und vor allem den Behörden war die Disco, der etwas Verruchtes anhaftete, jedoch ein Dorn im Auge. „Das Jugendamt hat mehrere Male gegen uns prozessiert, weil sich die Mitarbeiter über die vielen Minderjährigen ärgerten“, erzählt Lothar. Die Vetters hatten eine guten Anwalt, der sie stets rauspaukte. Und bei Polizeirazzien wurden die Jugendlichen einfach im Keller versteckt.

Goldene Hochzeit im Beatschuppen

Immerhin reichte der Ruf der Disco bis in die Filmbranche. Ein „Tatort“ mit Uwe Ochsenknecht wurde 1984 in der Filmklause gedreht. In den Siebzigern erblickte im Tanzlokal sogar ein Kind das von einer Discokugel gespiegelte Licht der Welt. Die junge Frau hatte mitten auf der Tanzfläche ihr Fruchtwasser verloren. Bei welchem Lied, ist nicht überliefert.

Das letzte große Event war eine Goldene Hochzeit, die ein Paar in der Disco feierte. Die Gäste sind mit der Filmklause alt geworden. „Seit 35 Jahren komme ich hierher“, sagt Jürgen Leutritz aus Bonlanden. Einst hat der heute 53-Jährige als Discjockey Platten aufgelegt. In den letzten zwei Jahrzehnten war sein Stammplatz aber nicht mehr bei den Schallplatten, sondern als Gast am zweiten Tisch hinten in der Ecke: „Hier klebt noch der Kaugummi unter dem Tisch, den ich vor mehr als 30 Jahren da hingebebbt hab’.“

An jenem Holztisch lernte er vor 13 Jahren Christine kennen. Von da an war das Paar freitags immer gemeinsam in der Filmklause. Anfangs brachte Christine ihre damals halbwüchsigen Töchter mit. Jetzt sind die mit ihren eigenen Familien beschäftigt. Die mittlerweile dreifache Großmutter jedoch hielt der Filmklause immer die Treue. „Das ist mein zweites Zuhause. Wir waren eine große Familie.“

Schluss ohne Abschiedssause

Die Zeit ist zwar in der Filmklause stehen geblieben, nicht aber bei den Behörden. Und die Brandschutzbestimmungen aus den sechziger Jahren entsprechen schon lange nicht mehr den heutigen. Das Landratsamt verlangte eine umfassende Sanierung, mehr als 100 000 Euro hätte das gekostet. „Wir nehmen hier schon lange nichts mehr ein. Die Filmklause ist unser Hobby“, sagt Liesel. Eine große Investition hätte sich nicht mehr gelohnt. Händeringend suchten sie nach einem Nachfolger, jung und wagemutig genug, viel Geld in die Kultdisco zu stecken. Fast hätte es geklappt. Doch dann platzte das Geschäft. Lothar und Liesel machten zu. Einfach so. Ohne Ankündigung und Abschiedssause. „Wir haben uns so geniert“, sagt Liesel.

Wenn es nach ihr ginge, hätte sie noch ewig so weitermachen können. „Auf meiner Tanzfläche tot umfallen“, das war immer ihr Traum gewesen. Er wird nicht in Erfüllung gehen. Stattdessen gibt es den großen Kehraus. Die Disco wird verkauft. Es gibt Pläne für eine Wohnbebauung.

Christine Leutritz kann es nicht fassen. „Wo sollen wir jetzt freitags hin? Und was machen wir an Silvester?“ Alles würde sie tun, um die Klause zu erhalten, bettelt sie. Liesel zuckt mit den Schultern. , „Es ist vorbei.“ Stammgast Christine nimmt sich eine der Baumstammlampen mit. Die, die über ihrem Stammtisch hing, dem zweiten hinten in der Ecke. Die Leuchte ist defekt. So wie an all den Freitagen der vergangenen 13 Jahre. Im heimischen Wohnzimmer der Familie Leutritz wird mit der defekten Lampe die Filmklause weiter leben.

Und Tom? Der sucht nach einem Laden, wo er künftig auflegen kann. Doch Discos, in denen schwerhörige 50-Jährige gefragt sind, gibt es nicht so viele. Einzig Liesel und Lothar blicken nach vorn. Sie haben jetzt einen Biergarten in Waldenbuch eröffnet, es muss doch schließlich weitergehen. Nur eins stört die Discoqueen an der ganzen Sache: „Mir fehlt die laute Musik.“