Mit Pioniergeist und Abenteuerlust, aber noch ohne Ferrari fing alles an. Die Italiener hatten die Reise auf die Insel wegen logistischer Probleme erst gar nicht angetreten, weil eine Woche später in Monaco gefahren wurde. Ohne die Scuderia fand also am 13. Mai 1950 auf dem Militärflughafen in Silverstone das allererste Formel-1-Rennen statt. Und da den Engländern die Sonntagsruhe offenbar heiliger war als alles andere, wurde am Samstag gefahren.
Die Motorräder haben vorgelegt
Auf die Idee, eine Grand-Prix-Serie mit Punktevergabe und einem Weltmeister ins Leben zu rufen, kam der Weltverband, weil die Motorrad-Branche bereits 1949 damit angefangen hatte. In Silverstone war dann – wie sollte es anders sein – auch der britische König Georg VI. dabei. Doch anders als wie so oft in 75 Jahren Formel 1 siegte an besagtem 13. Mai 1950 vor den Augen Seiner Majestät kein Landsmann.
Grandioser Sieger war der Italiener Giuseppe Farina. Der Unternehmersohn aus Turin hockte in einem zigarrenförmigen, pfeilschnellen Alfa Romeo. Die Mailänder Marke zeigte mit einem Dreifacherfolg der Konkurrenz zur Premiere ohnehin, wer der Chef im Ring ist. Auf den Plätzen zwei und drei rangierten Farinas Alfa-Kollegen Luigi Fagioli aus Italien und Reg Parnell. Aus Sicht des Königs immerhin das: ein Brite.
Überschaubare sieben Rennen gingen 1950 in die WM-Wertung ein, 75 Jahre später sind es stattliche 24 Grand Prix, die Max Verstappen, Lewis Hamilton und all die anderen ausfahren müssen. Am Ende der schwachbrüstigen Saison wurde Farina dann auch erster Formel-1-Weltmeister – mit drei Punkten Vorsprung vor seinem Markenkollegen Juan Manuel Fangio, der drei Ausfälle in nur sechs absolvierten Rennen verkraften musste, während Glückspilz Farina nur einmal die Zielflagge nicht sah. Zum Rennen nach Indianapolis in den USA war Alfa Romeo genauso wie andere europäische Teams gar nicht erst gereist – zu weit, zu teuer, ein Irrsinn. Also nahmen sie ein Streichresultat in Kauf. In Amerika rasten dann die US-Teams Kurtis-Offenhauser und Deidt-Offenhauser aufs Podest. Mit Piloten, die in den Folgejahren keine Rolle mehr spielten.
Dafür ein anderer umso mehr: Farinas Alfa-Partner Juan Manuel Fangio, eine Legende des Rennsports. Der Argentinier wurde in den 1950er Jahren fünfmal Weltmeister in einem Sammelsurium an Teams: Alfa Romeo, Maserati, Mercedes, Ferrari. Über Fangio, den Michael Schumacher erst 2003 nach unglaublichen 46 Jahren als Rekordweltmeister ablöste, kursieren herrliche Geschichten. So soll er in der Berglandschaft seiner Heimat mit seinem Privatwagen für die Strecke zu seiner Freundin einen bemerkenswerten Rekord aufgestellt haben. Normalerweise wurden da immer zweieinhalb Stunden benötigt – Fangio schaffte es in eineinhalb.
Die großen Seriensieger
Seriensieger wie Fangio mit mehreren WM-Erfolgen nacheinander gab es erst spät wieder in der Formel-1-Geschichte. Der erste war Michael Schumacher (insgesamt 7 Titel), es folgten Sebastian Vettel (4), Lewis Hamilton (7) und Max Verstappen (4). Doch zwischen Fangio und den Helden der jüngeren Formel-1-Historie war die Rennserie auch so geprägt von spannenden Figuren, großen Rennen und auch Tragödien (32 Tote bis heute).
Vielleicht hatte die Formel 1 in den Phasen dazwischen sogar ihre beste Zeit. Ende der 1960er und in den 1970er Jahren beherrschten unterhaltsame „Popstars“ die Szene. Der erste, der sich clever zu vermarkten wusste, war der Österreicher Jochen Rindt – der 1970 als einziger Formel-1-Pilot posthum zum Weltmeister wurde. Er starb in Monza in einem Lotus und sagte zuvor etwas, das im Nachhinein makaberer nicht hätte klingen können: „In einem Lotus gibt es zwei Möglichkeiten – entweder du wirst Weltmeister oder du stirbst.“ Tragischerweise schaffte Rindt beides.
Die stärkste Fahrergeneration
Auch Größen wie Jackie Stewart, Niki Lauda oder James Hunt drückten in den 1970er Jahren kraft ihrer Aura der Formel 1 ihren Stempel auf. Nach Einführung der Turbomotoren war in den 1980er und frühen 1990er Jahren die wohl talentierteste und mit den meisten Topstars ausgestattete Fahrergeneration am Start. Ob Lauda, Nelson Piquet, Alain Prost, Ayrton Senna oder Nigel Mansell – immer wurde ein anderer Weltmeister. Und keines dieser Alphatiere mochte das andere. Als 1984 vor dem letzten Rennen die WM zwischen dem Österreicher Lauda und dem Franzosen Prost noch nicht entschieden war, flüsterte Piquet dem Kollegen Lauda etwas ins Ohr. „Nelson sagte zu mir: ,Ich mag den Franzosen auch nicht, Niki. Wenn du willst, räume ich ihn für dich ab‘“, verriet Lauda einmal.
Auch ohne Piquet-Rempler wurde er dann Weltmeister – 34 Jahre nach Giuseppe Farina, dem Helden der ersten Stunde.