Von Beruf ist er cool. Stimmt nicht, korrigiert Jens Gruschka sofort. Er hat viele Jobs erlernt und ausgeübt – Bautechniker, Bühnenarbeiter, Höhentechniker, Veranstaltungstechniker, und Pädagogik hat er auch noch studiert. Alle diese Fähigkeiten und Fertigkeiten kann er beim „Estival“ voll einbringen. Denn er ist beim Esslinger Sommerfest auf dem Marktplatz der Mann fürs Grobe und Feine, für Bewährtes und Notfälle, für große und kleine Nöte. Normalerweise werden er und seine Dienste für den Weihnachtsmarkt engagiert, doch nun kommt er im Sommer zum Einsatz, erklärt die Veranstaltungsmanagerin Petra Pfeiffer von der Esslinger Stadtmarketing und Touristik GmbH (EST). „Es ist daher das erste Mal, dass ich bei so heißen Temperaturen in Esslingen zugange bin“, erklärt Jens Gruschka.
Sonst lebt er in Dresden, dort hat er sich mit einer eigenen Firma selbstständig gemacht und kümmert sich um „alles Technische“. Das sagt er so leicht und einfach dahin. Dass sich dahinter Schweres und Kompliziertes verbirgt, verrät er erst auf Nachfrage. Er arbeite als Höhentechniker auch auf Hochhäusern, Windrädern oder Containerbrücken, um Gutachten zu erstellen, Wartungs- oder Reparaturarbeiten vorzunehmen. Fensterreinigungen macht er auch. Zur Erholung, wie er sagt. Da ist der Tagesablauf schön durchgetaktet, man hat seine Ruhe, es gibt nichts Unerwartetes, und nette Kollegen oder Kolleginnen reichen sogar einen Kaffee heraus.
Beim Estival hat Gruschka es nicht ganz so komfortabel. Da muss er darauf achten, dass die Sicherheitsrampen funktionieren, alle Hinweisschilder am rechten Platz sind, keine Unbefugten auf das Festgelände fahren und andere Vorschriften eingehalten werden. Wenn Not am Mann ist, wird der Mann für Notfälle gerufen – bei Stromausfällen, defekten Geräten oder nicht funktionierenden Apparaten. Unter Zeitdruck und verfolgt von der Erwartungshaltung der Marktbeschicker und Besucher alles wieder zum Laufen zu bringen, klingt nach einem Stressjob. Doch Jens Gruschka ist eben von Beruf cool. Meistens, sagt der 42-Jährige, wisse er sofort, woran es hakt, und wo es klemmt. Die Fehler sind immer die gleichen: „Eine Steckdose ist eben nur für eine bestimmte Wattzahl geschaffen.“ Der Job erfordere halt viel Psyche. Auf beiden Seiten – auf seiner und auf der der anderen: „Ich muss mich den ganzen Tag um die Probleme der Leute kümmern.“ Doch unter den Leuten sind auch gute Kumpel. Mit einem, sagt er, geht er zum Ausgleich nach Dienstschluss Tischtennis spielen.
Immer am Ball ist auch Petra Pfeifer. Die Veranstaltungsmanagerin dreht regelmäßig ihre Runden auf dem Festgelände und ist per Handy erreichbar. Langeweile, sagt sie, ist nicht ihr Ding. Die 54-jährige Betriebswirtin mag es umtriebig. Dafür nimmt sie auch einen immer wieder und immer öfter gehörten Spruch nach der Nennung ihres Namens in Kauf: „Ach, Sie heißen Pfeiffer? Mit zwei „F“?“. Meistens macht sie den Spaß mit und gibt die erwartete Antwort: „Mit drei „F“ – eines vor und zwei nach dem „Ei“.“ Der alte Gag aus dem Film „Die Feuerzangenbowle“ mit Heinz Rühmann verfolgt sie – aber sie kann damit leben.
Und leben kann sie auch mit unerwarteten Notsituationen. Vor ein paar Tagen, erzählt sie, bekam sie um 6.30 Uhr einen Anruf von einem aufgeregten Estival-Wirt. Aus einem seiner Küchengeräte auf dem Festgelände sei Fett ausgelaufen. Was er denn um Gottes Willen tun solle? Sie habe dem Aufgewühlten mehrere Lösungsvorschläge genannt, erzählt Petra Pfeiffer. Ein paar fand er gut, einer wurde angenommen. Der Tipp mit dem Bindemittel kam an. Ein Bindemittel war auch rasch gefunden. Ein Mitglied des Estvial-Orga-Teams erwies sich als großer Hamsterfreund, zum Glück hatte er Sägemehl in rauen Mengen vorrätig. So konnte das Fett-Problem schnell gelöst werden.
Petra Pfeiffer verweist aber auch auf ihr Team, das ihr den Rücken stärkt. Ein Verkehrsregler vor dem Festgelände wurde von einer Wespe in die Lippe gestochen, erreichte telefonisch aber nur die Praktikantin. Die junge Frau regelte den Verkehr, bis Ersatz eintraf.
Einen guten Ersatz für seinen hektischen Job hat auch Lorenz Hausladen gefunden. Normalerweise arbeitet er „Im roten Hahn“ in Regensburg mit einem Sternekoch zusammen in der Küche, doch auf dem Estival backt er Almpizzen. Sie seien sogar sein Lieblingsgericht, versichert er, allerdings nicht ganz glaubwürdig. Aber er hat sich extra für den Einsatz in Esslingen Urlaub genommen und genießt nun in seiner Freizeit die Arbeit auf dem Sommerfest. Das sei ein wunderbarer Ausgleich, versichert der 29-Jährige. Denn zu Hause kocht er gerade vor allem Brei, da er vor einem Jahr Vater eines Sohnes geworden ist. Sonst wechseln er und seine Partnerin sich mit dem Küchendienst ab. Klappt wunderbar. Auf dem Estival möchte er jedoch für ein kulinarisch ausgereifteres Festvergnügen sorgen.
Die Esslinger Sommersause
Festzauber
Das Estival dauert noch bis Mittwoch, 10. August, es findet rund um den Marktplatz in Esslingen statt. Geöffnet hat das Sommerfest täglich von 11.30 bis 23 Uhr sowie freitags und samstags von 11.30 bis 24 Uhr. Die Stadtinformation am Marktplatz ist in diesem Zeitraum montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr sowie sonntags bis 17 Uhr besetzt.
Programm
Das Esslinger Estival möchte an insgesamt 13 Festtagen Kulinarisches, Kultur, Künstler und Kunst bieten. Die Veranstalter haben ein täglich wechselndes Festprogramm mit vielen Extras auf die Beine gestellt. Montags bis freitags wird von 11.30 bis 14.30 Uhr ein Mittagstisch serviert. Dieses Angebot ist online abrufbar unter www.estival-esslingen.de.
Souvenirs
Wer das Estival mit nach Hause nehmen möchte, kann in der Stadtinformation am Marktplatz vorbeischauen. Dort gibt es Estival-Geschenkartikel – T-Shirts, Caps, Tassen, Taschen, Tüten oder Kochschürzen.